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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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mindestens drei Monate her, dass ihn Vincent von mir übernommen hat.«
    Ich nickte.
    »Ja, schon klar. Der Fall selbst stellt eigentlich kein Problem dar. Mich interessiert nur, warum Vincent ihn haben wollte. Laut Joanne Giorgetti hat er sich ganz gezielt darum bemüht. Stimmt das?«
    Romero kramte kurz in seinem Gedächtnis, bevor er antwortete. Als er sich dabei das Kinn rieb, bemerkte ich die Narben auf seinen Knöcheln, wo er sich die Tattoos hatte entfernen lassen.
    »Ja, er hat Wyms im Gefängnis aufgesucht und ihn dazu überredet. Er hat ihn eine neue Mandatserteilung unterschreiben lassen und sie dem Richter vorgelegt. Danach war es sein Fall. Ich hab ihm meine Akte übergeben, und damit war der Fall für mich erledigt.«
    Ich trat näher an Romero heran.
    »Hat er gesagt, warum er den Fall haben wollte? Ich meine, er kannte Wyms doch nicht, oder?«
    »Ich glaube nicht. Er wollte nur den Fall. Und die einzige Begründung war so ein verschwörerisches Zwinkern, wenn du weißt, was ich meine.«
    »Nein, ich weiß nicht, was du meinst. Was für ein Zwinkern?«
    »Ich hab ihn gefragt, warum er unbedingt einen Schwarzen aus der Southside übernehmen will, der sich auf Weißenterrain vorgewagt und dort wie ein Irrer rumgeballert hat. Und das auch noch pro bono. Ich hab vermutet, dass es vielleicht mit irgendeiner Anti-Rassismusnummer oder so was in der Richtung zu tun hat. Etwas, das ihm ein bisschen Publicity bringt. Aber statt einer Antwort hat er mir nur zugezwinkert, als ob irgendwas ganz anderes dahinterstecken würde.«
    »Hast du ihn gefragt, was?«
    Romero wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als ich noch näher rückte.
    »Klar hab ich ihn gefragt, Mann. Aber er wollte es mir nicht sagen. Hat nur irgendwas gefaselt, dass Wyms mit der Wunderwaffe rumgeballert hätte. Ich habe keine Ahnung, was er damit gemeint hat, und ich hatte auch nicht die Zeit, um ihm groß die Würmer aus der Nase zu ziehen. Also hab ich ihm einfach die Akte überlassen und mir die nächste vorgenommen.«
    Das war sie wieder. Die Wunderwaffe. Ich war etwas auf der Spur und spürte, wie das Blut schneller durch meine Adern zu strömen begann.
    »War’s das, Mick? Ich muss wieder rein.«
    Ich stierte Romero an und merkte, dass er mich verwundert betrachtete.
    »Ja, Angel, danke. Das war alles. Dann geh mal wieder rein und zeig’s ihnen.«
    »Klar, Mann, mach ich.«
    Romero schlenderte zum Eingang von Saal hundertvierundzwanzig, und ich eilte zum Lift. Ich wusste, was ich den Rest des Tages bis tief in die Nacht hinein tun würde. Nach einer Wunderwaffe suchen.
ACHTUNDZWANZIG
    I ch stürmte in die Kanzlei, an Lorna und Cisco vorbei, die am Empfangstresen auf den Computer starrten, und steuerte direkt auf meinen Arbeitsraum zu.
    »Falls ihr beiden was Neues für mich habt oder ich sonst etwas wissen sollte, dann kommt jetzt rein. Ich gehe nämlich gleich in Klausur.«
    »Hallo übrigens«, rief mir Lorna hinterher.
    Sie wusste jedoch nur zu gut, was gleich passieren würde. Klausur bedeutete, dass ich alle Türen und Fenster verrammelte, die Vorhänge zuzog, die Telefone aussteckte und mich voll und ganz in eine Akte oder einen Fall vertiefte. Es war so etwas wie ein imaginäres NICHT-STÖREN-Schild an meiner Tür. Lorna war klar, dass ich, einmal im Klausur-Modus, so lange nicht mehr auftauchen würde, bis ich gefunden hatte, was ich suchte.
    Ich ließ mich in Jerry Vincents Schreibtischsessel plumpsen, öffnete meinen Trolley und machte mich daran, die Akten herauszunehmen. Ab sofort war das Ganze für mich ein klarer Fall von »ich gegen den Rest der Welt«. Irgendwo in diesen Akten steckte der Schlüssel zu Jerry Vincents letztem Geheimnis. Und ich würde sie finden, die Wunderwaffe.
    Kurz nachdem ich meine Vorbereitungen abgeschlossen hatte, kamen Lorna und Cisco herein.
    »Ich habe Wren da draußen gar nicht gesehen«, bemerkte ich, bevor einer der beiden etwas sagen konnte.
    »Wirst du auch nicht mehr«, sagte Lorna. »Sie hat gekündigt.«
    »So Knall auf Fall?«
    »Sie ist zum Mittagessen gegangen und einfach nicht mehr zurückgekommen.«
    »Hat sie wenigstens angerufen?«
    »Ja, irgendwann schon. Sie hat gesagt, sie hätte eine bessere Stelle angeboten bekommen. Sie arbeitet jetzt als Bruce Carlins Sekretärin.«
    Ich nickte. Das war halbwegs nachvollziehbar.
    »Also, bevor du dich hier in Klausur begibst, müssen wir noch Verschiedenes besprechen«, sagte Lorna.
    »Habe ich doch selbst gerade gesagt. Was gibt’s

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