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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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gemacht, das muss man dir lassen.«
    Jujú fand zwar, dass aus dem Ton ihrer Schwester keineswegs Wohlwollen sprach, doch sie verstand nicht, warum Fernando so zusammenzuckte. Erst als er Beatriz antwortete, ging ihr ein Licht auf.
    »Danke, Beatriz, danke. Du dich aber auch. Du wirst mit jedem Jahr, ähm, interessanter. Und dieser Hut kleidet dich vorzüglich.«
    Jujú schämte sich dafür, dass sie nicht sofort begriffen hatte. Beatriz hatte Fernando geduzt. Das war unverzeihlich, denn weder war Fernando ein kleiner Junge noch einer ihrer Tagelöhner. Fernando hatte das einzig Richtige getan: Er hatte nicht unterwürfig den Blick gesenkt, Beatriz nicht wie die Tochter des Patrão behandelt, sondern sie zurückgeduzt.
    Beatriz sagte keinen Ton mehr. Sie plauderten mit Joana und ihrem Mann ein paar Minuten über belangloses Zeug, während die Kinder immer ungeduldiger wurden und zur Weiterfahrt drängten. Es war das erste Mal, dass Jujú diese kleinen Ungeheuer als nützlich empfand. Endlich setzte sich der Karren wieder in Bewegung. Das Angebot, mit zu dem Karnevalsumzug zu fahren, hatten Fernando und Jujú unisono abgelehnt.
    Aus dem abfahrenden Wagen schallte nur noch die helle Stimme von Joanas Tochter zu ihnen: »Das war aber doch gar nicht Tante Julianas Verlobter.«
    Fernando starrte Jujú durchdringend an. Sie hielt dem Blick nicht stand. Sie wandte sich von ihm ab, sah der Staubwolke des Wagens nach und dachte, dass die kleine Geraldine gewiss nicht als Einzige verwirrt war.

11
    S eit zehn Uhr saß Jujú nun bereits unter dem Baum, und allmählich ging ihre nervöse Anspannung in Trägheit über. Sie hatten sich am Vortag, nachdem ihre erste Annäherung so abrupt unterbrochen worden war, für heute Morgen verabredet. Es war Fernandos letzter freier Tag, bevor er zurück zur Kaserne musste. Er war zu spät.
    Trotz der frühen Stunde und obwohl es erst März war, hatte die Sonne schon viel Kraft. Jujú zog ihren Mantel aus, faltete ihn zusammen und legte sich ihn wie ein Kissen ins Kreuz. An den Stamm des Baums gelehnt, schloss sie die Augen und genoss die Wärme auf ihrer Haut. Durch ihre Lider drangen grelle Farben und tanzende Funken. Wenn man sich darauf konzentrierte, sah man das herrlichste Feuerwerk.
    Lange gab sie sich dieser schönen Sinnestäuschung nicht hin. Zu präsent war noch der Streit, den sie am Vorabend mit Beatriz gehabt und der ihren Verdacht keineswegs ausgeräumt hatte.
    »Woher wusstest du eigentlich Fernandos Dienstgrad?«, hatte Jujú ihre Schwester zur Rede gestellt, gleich nachdem diese aus Beja zurückgekommen war. Sie selber stand auf dem Treppenabsatz, Beatriz in der Halle. Ihre erhöhte Position verlieh Jujú gewissermaßen auch moralisch einen erhabeneren Standpunkt.
    Beatriz zögerte mit ihrer Antwort eine Sekunde zu lang. »Er trug Uniform am Samstag, erinnerst du dich nicht? Aber nein, wie solltest du auch, du warst ja völlig weggetreten. An den Uniformen, meine liebe Juliana, kann man erkennen, wo ein Soldat in der Hierarchie steht. Oder ein Pilot.«
    So, konnte man das? Jujú fragte sich, woher Beatriz solche Dinge wissen wollte. Sie hatten hier kaum je Kontakt zu Militärs, außer zu pensionierten Admiralen.
    »Tja, ein ganz toller Hecht, dein Fernando«, hatte Beatriz mit Abscheu in der Stimme hinzugefügt.
    »Er ist nicht
mein
Fernando. Und ich weiß nicht, was du gegen ihn hast. Hat er dir irgendetwas angetan, wovon ich wissen sollte?«
    »Das fragst du noch?! Du scheinheiliges Biest! Du weißt es ganz genau.«
    »Er hat dich bloß geduzt. Du hattest es auch nicht besser verdient.«
    Beatriz schüttelte mitleidig den Kopf und zog die Augenbrauen hoch. »Ich habe dich für schlauer gehalten.«
    Aber Jujú wusste beim besten Willen nicht, worauf Beatriz anspielte. »Sag es mir doch einfach. Vielleicht handelt es sich um ein Missverständnis, das wir schnell aus der Welt räumen können.«
    »Ein Missverständnis? Wohl kaum. Fernando hat meinem João den Verwalterposten weggenommen, und zwar vorsätzlich. Und ohne diese Stellung waren Joãos Karten bei Papá noch schlechter als eh schon. Dein Freund, meine Liebe, hat mein Leben zerstört!«
    Jujú war fassungslos. Wie konnte Beatriz die Dinge nur auf eine derart verzerrte Weise betrachten? Wie hatte sich so viel Hass aufstauen können? Sah Beatriz denn nicht, dass Schielauge João ganz allein dafür verantwortlich war, dass er den Posten nicht bekommen hatte? Er hatte die viel besseren Startbedingungen gehabt, und nur

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