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So weit der Wind uns traegt

So weit der Wind uns traegt

Titel: So weit der Wind uns traegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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aus einer Mischung aus reinem Sex und der Erregung über seine komplizierten Machenschaften bestanden – zumindest, was Robert betraf.
    Er hatte die schützende Mauer zerstört, hinter der sie sich jahrelang verschanzt hatte. Bisher war sie überzeugt gewesen, einen größeren Schmerz als den von vor zwölf Jahren könnte sie nicht ertragen. Jetzt merkte sie, dass die Schmerzgrenze weit über ihre Vorstellungskraft hinausreichte. Trotzdem würde sie sich nicht unterkriegen lassen, sondern die Mauer höher und dicker wieder aufbauen. Es würde lange dauern, aber sie hatte ja Zeit. Ihr blieb noch das ganze restliche Leben, um sich daran zu erinnern, wie Robert Cannon sie getäuscht hatte.
    Evie verbarg ihre geröteten Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille und fuhr vorsichtig zur Arbeit. Sie durfte keinenUnfall verursachen, nur weil sie mit den Gedanken woanders war.
    Auf der Marina sah alles merkwürdig normal aus. Sie blieb einen Moment im Wagen sitzen und betrachtete staunend das friedliche Bild. Zumindest dieses Fleckchen Erde war ihr geblieben.
    Robert lief wie ein eingesperrter Panther in seinem Haus auf und ab. Das Warten machte ihn beinahe verrückt. So etwas war er nicht gewöhnt. Normalerweise traf er einen kühlen Entschluss und handelte sofort. Der Gedanke an den Schmerz, den er Evie zugefügt hatte, und die Vorstellung davon, was sie jetzt von ihm halten musste, trieben ihn fast zum Wahnsinn. Jede Stunde, die verging, ohne dass er mit ihr reden konnte, vergrößerte die Kluft zwischen ihnen.
    Gegen drei Uhr läutete endlich das Telefon. „Mercer handelt heute schon“, berichtete sein Detektiv. „Er ist in Panik geraten und hat soeben seine Kontaktleute angerufen. Diesmal wird er keinen toten Briefkasten verwenden. Er brauche das Geld sofort, hat er erklärt. Die Übergabe soll direkt erfolgen, Sir. Wir können die Kerle also auf frischer Tat festnehmen!“
    „Wo ist Mercer jetzt?“
    „Etwa auf halbem Weg nach Guntersville, nach seiner Fahrweise zu urteilen. Selbstverständlich folgen wir ihm. Ich bin ebenfalls auf dem Weg zur Marina, werde aber noch etwa fünfundzwanzig Minuten bis dorthin brauchen.“
    „In Ordnung. Beeilen Sie sich, so gut es geht. Ich fahre sofort los, um vor Mercer auf dem Wasser zu sein. Er kennt mein Boot nicht und wird keinen Verdacht schöpfen.“
    „Seien Sie vorsichtig, Sir. Sie sind allein auf sich gestellt, solange wir nicht eingetroffen sind.“
    Robert lächelte grimmig und legte auf. Alles, was er brauchte,war in seinem Boot verstaut: Waffen, Kamera, Fernglas und ein Tonbandgerät. Mercers Hals steckte schon in der Schlinge.
    Evie hörte Robert kommen. Sie kannte das Geräusch seines Jeeps wie den eigenen Herzschlag und wappnete sich innerlich gegen das Unvermeidliche. Doch die Sekunden vergingen, und die Tür öffnete sich nicht. Endlich blickte sie aus dem Fenster und entdeckte eine große, schlanke Gestalt. Mit langen Schritten eilte Robert den Steg hinab. Kurz darauf heulte der starke Motor auf, und sein schnittiges Boot verließ den Liegeplatz. Sobald er die Leerlaufzone hinter sich hatte, schob Robert den Gashebel nach vorn. Der Bug hob sich aus dem Wasser, und das Boot schoss davon.
    Es ist unglaublich, wie sehr es schmerzt, Robert nur zu sehen, dachte Evie.
    Zehn Minuten später eilte Landon Mercer herein. Dieser Mann hatte ihr gerade noch gefehlt. Zum Glück verzichtete er heute auf das forsche Auftreten, das ihn seiner Meinung nach unwiderstehlich machte. Er sah blass aus und wirkte ziemlich nervös. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und seiner Oberlippe. Er hatte den Angelkasten dabei, aber keine Rute.
    „Haben Sie ein Boot für mich, Evie?“, fragte er und lächelte mühsam. Sein Gesicht glich beinahe einer Maske.
    Evie nahm einen Schlüssel vom Brett und reichte ihn hinüber. „Nehmen Sie das Boot an der Ecke.“
    „Danke. Ich bezahle bei der Rückkehr. Einverstanden?“ Er war schon auf dem Weg zur Tür.
    Plötzlich war Evie sich absolut sicher. Mercer führte etwas Böses im Schilde. Heute gab er nicht einmal vor, angeln zu wollen. Nur die Marina war ihr noch geblieben. Falls der Schuft mit Rauschgift handelte und sie in seine Machenschaften hineinzog, indem er ihr Boot dazu benutzte, konnte sie alles verlieren.
    Nur über meine Leiche, dachte Evie.
    Entschlossen eilte sie zu ihrem Wagen, holte ihre Pistole unter dem Sitz hervor und sprang in ihr Boot. Vernünftiger wäre es gewesen, die Polizei oder die Wasserwacht zu verständigen.

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