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So weit der Wind uns traegt

So weit der Wind uns traegt

Titel: So weit der Wind uns traegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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nichts, er konnte sich jederzeit ein anderes kaufen. Evie brauchte dagegen einen Platz, der ihr allein gehörte. Sie könnten es als Ferienhaus benutzen, um sich von dem New Yorker Trubel zu erholen. Außerdem könnte Evie dort wohnen, wenn sie Becky und ihre Freunde besuchen wollte.
    Robert fischte das unselige Fax aus dem Mülleimer und las den Text. Drei präzise Sätze. Typisch Felice. Sie war ausgesprochen tüchtig. Leider hatte sich ihre Tüchtigkeit in diesem Fall gegen ihn gewandt und kostete ihn vielleicht Evie.
    Nein, das kam nicht infrage. Er würde Evie niemals aufgeben können.
    Evie steuerte den Wagen wie ein Roboter und rang verzweifelt um Fassung. Wie konnte man gleichzeitig so verletzt und so benommen sein? Sie empfand einen körperlichen Schmerz und hatte trotzdem das Gefühl, neben sich zu stehen. So geistesabwesend, so kalt und ausgehöhlt wie heute war sie noch nie gewesen. Die heißen Sonnenstrahlen streiften ihre Haut, wärmten sie aber nicht.
    Weshalb? Ihr fiel keine Begründung ein, und sie hatte Robert nicht danach gefragt. Darum ging es nicht. Entscheidend war, dass er sie aus einem Grund verführt hatte, der nichts mit Liebe oder wenigstens Zuneigung zu tun hatte. Er hatte ihre intime Nähe gesucht, um Informationen zu sammeln, und dieses Wissen anschließend gegen sie verwendet.
    Wie hatte Robert von dem Darlehen erfahren? Vielleicht hatte eine Kreditauskunft ihm die Nachricht besorgt. Wahrscheinlicher war, dass er ihren Schreibtisch durchsucht hatte. Gelegenheiten dazu hatte er mehr als genug gehabt.
    Sie hatte keine Ahnung, weshalb Robert es auf ihre Marina abgesehen hatte, und wollte es gar nicht wissen. Vermutlich war es reine Habgier – der Wunsch, etwas zu besitzen, das anderen gehörte.
    Sie kannte diesen Mann überhaupt nicht.
    Ihre Augen waren noch trocken, als sie ihr Haus erreichte – das Haus, das nicht mehr ihr gehörte, sondern den Campbells. Benommen öffnete Evie die Tür, trat ein und betrachtete die vertraute Umgebung.
    Plötzlich begann sie zu würgen. Sie eilte ins Bad, beugte sich über die Toilette und erbrach die wenigen Schlucke Kaffee, die sie getrunken hatte. Das schmerzhafte Würgen hielt auch noch an, als ihr Magen längst leer war.
    Endlich ließen die Krämpfe nach, und Evie sank atemlos zu Boden. Halb betäubt vor Schmerz und Erschöpfung blieb sie liegen. Kurz darauf begann sie zu weinen. Sie rollte sich zusammen und zog die Beine an, um sich so klein wie möglich zu machen. Immer wieder erschütterten wilde Schluchzer ihren Körper. Sie weinte, bis ihr erneut schlecht wurde und sie sich wieder übergeben musste.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie unsicher aufstehen konnte. Ihre geschwollenen Augen brannten, aber sie war völlig ruhig – so ruhig und innerlich leer, dass sie bezweifelte, dass sie je wieder etwas empfinden konnte. Hoffentlich nicht.
    Mechanisch zog Evie sich aus und ließ die Kleider auf den Boden fallen. Sie würde später alles wegwerfen, denn sie wollte weder den Rock noch die anderen Sachen, die sie gestern getragen hatte, jemals wieder sehen. Zitternd stieg sie unter die Dusche. Der heiße Wasserstrahl glitt an ihrer Haut hinab und konnte die Kälte nicht aus ihrem Körper vertreiben.
    Sie hätte den ganzen Tag so stehen bleiben können. Doch das heiße Wasser ging zur Neige, und sie musste die Dusche verlassen. Wenn sie bloß ins Bett kriechen, die Augen schließen und alles vergessen könnte! Aber das war keine Lösung.
    Sie würde niemals vergessen. Selbst wenn sie ewig unter der Dusche bliebe – das Wasser würde weder das Gefühl von Roberts Liebkosungen von ihrer Haut noch sein Bild aus ihrem Gedächtnis vertreiben.
    Robert hatte nicht sie gewollt, sondern die Marina.
    Die Marina. Eine tiefe Dankbarkeit erfüllte Evie. Die Marina war ihr geblieben. Etwas hatte sie von dem Trümmerhaufen gerettet, in den er ihr Leben verwandelt hatte. So groß der Schaden war, Robert Cannon ging nicht als Sieger aus dem Kampf her vor.
    Mechanisch machte Evie sich für die Arbeit zurecht. Sie trocknete ihr Haar, trat vor den Spiegel, glättete die zerzausten Strähnen und schlang sie zu einem Zopf. Ein bleiches, ausdrucksloses Gesicht blickte ihr entgegen. Ihre Augen waren trüb und leer. Matt zu verlieren war furchtbar gewesen. Aber sie trug die Erinnerung an seine Liebe im Herzen. Diesmal blieb ihr gar nichts. Roberts Fürsorge war nur Selbstzweck gewesen, um sie zu täuschen. Und die Leidenschaft, die zwischen ihnen aufgeflammt war, hatte

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