So weit die Hoffnung trägt - Roman
im letzten Oktober gestorben. Zwei Tage nach ihrer Beerdigung bin ich losgegangen.«
Beide Frauen sahen mich nur an. Dann sagte die zweite Frau: »Das ist das Traurigste, was ich je gehört habe.«
»Erzählen Sie mir von dem Red Hat Club«, sagte ich.
»… Society«, berichtigte mich die andere Frau.
Die erste Frau begann: »Es fing an, als Sue Ellen, unsere Königinmutter …«
»Sie haben eine Königin?«, fragte ich.
»So nennt sich Sue Ellen selbst«, erwiderte sie. »Die Gesellschaft nahm ihren Anfang, als sie einer Freundin zu ihrem fünfundfünfzigsten Geburtstag einen roten Hut schenkte. Es gibt ein Gedicht über einen roten Hut. Ich werde es nicht ganz aufsagen, aber es geht ungefähr so.« Sie richtete sich ein wenig auf.
Wenn ich eine alte Frau bin, werde ich Lila tragen,
mit einem roten Hut, der nicht dazu passt
und mir nicht steht,
und ich werde meine Rente ausgeben
für Schnaps und Sommerhandschuhe und Satinsandalen,
und sagen, für Butter haben wir kein Geld.
»Und ich werde lernen, auszuspucken«, ergänzte die zweite Frau.
Die erste Frau nickte. »Das steht auch darin. Es bedeutet, dass wir uns unser Leben lang an die Regeln gehalten und uns anständig benommen haben, und jetzt werden wir die Schuhe von uns schleudern und Spaß haben.«
»Und wir haben Spaß«, warf die zweite Frau ein.
»Meine Frau wäre eine Red-Hat-Frau gewesen«, sagte ich.
Die erste Dame schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht alt genug.«
»Sie wäre eine Pink-Hat-Lady gewesen«, erklärte die zweite. »Das sind unsere jüngeren Mitglieder.«
»Das wäre sie gewesen«, sagte ich.
Ich ließ mich noch einmal ins Wasser gleiten, dann richtete ich mich wieder auf. »Ich glaube, ich habe genug geköchelt.« Ich stand auf. »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits«, sagte die erste.
»Viel Glück auf Ihrem Weg«, sagte die zweite.
»Danke.«
Ich stieg aus dem Whirlpool. Ich trocknete mich mit einem Hotelhandtuch ab, schlüpfte wieder in meinen Bademantel und ging zum Aufzug. Die Lobby war nicht mehr ganz so überfüllt, aber es war noch immer eine stattliche Anzahl roter Hüte zu sehen.
Als ich zum Aufzug ging, sah ich darin zwei der Rothüte stehen. Eine von ihnen, eine sehr hochgewachsene Brünette mit einem roten Federhut, sagte: »Halt die Tür auf, Doris. Hier kommt ein Mann zum Anbeißen.«
Ich lächelte, als ich in den Aufzug trat. »Red Hat Society.«
Die Federhut-Dame lächelte. »Red Hot Society. Und wo waren Sie gestern Abend bei unserem Red Ball, als ich einen Tanzpartner gesucht habe?«
»Ich habe meinen Beinen eine Pause gegönnt«, sagte ich. »Ich bin in letzter Zeit viel gelaufen.«
»So sehen Sie auch aus«, sagte sie. »Wie wär’s, wenn Sie diesen Bademantel abwerfen und uns einen kleinen Blick gönnen?«
»Janet!«, sagte Doris.
»Ach, sei nicht so prüde«, erwiderte Janet. »Vermutlich ist er ein Männer-Model. Da ist er so etwas gewohnt.«
»Ich bin kein Model.«
»Aber Sie könnten eines sein«, warf Doris ein.
»Sollten eines sein«, berichtigte Janet.
»Tut mir leid«, sagte ich.
In dem Augenblick ertönte die Glocke für meine Etage.
»Ach kommen Sie«, sagte Janet. »Nur einen klitzekleinen Blick.«
Ich trat aus dem Aufzug. »Schönen Tag noch, die Damen.«
Als sich die Aufzugtür schloss, hörte ich Janet sagen: »Besorg dir seine Zimmernummer, Doris. Der Mann ist heiß.«
Am nächsten Morgen ging ich hinunter und frühstückte im Restaurant des Hotels. Es war noch immer voller roter Hüte, aber die Frauen machten einen gedämpften Eindruck, als hätten sie eine ausschweifende Nacht hinter sich.
Ich verließ das Hotel um acht Uhr und ging zurück zur 29 in Richtung Süden. Die Straße führte durch ein Industriegebiet, und mein Tempo wurde deutlich gebremst. Ich verbrachte viel Zeit damit, über Auf- und Abfahrten zu steigen und nach Straßen zu suchen, die parallel zum Freeway verliefen. Es war schwierig, aber manchmal gibt es eben keinen einfachen Weg.
Ich war acht Meilen weit gelaufen, bis zu einer Stadt mit dem fantastischen Namen Tea, bevor die Bebauung endete und der Verkehr allmählich dünner wurde. Ich freute mich zu sehen, dass die Landschaft wieder flach wurde. In jener Nacht schlief ich unter einer Überführung. Ich hatte einen anstrengenden Tag hinter mir, und ich war erschöpft. Ich weiß nicht, warum manche Tage härter sind als andere, aber ich hatte den ganzen Tag an McKale gedacht, und das Herz schmerzte mir in der Brust
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