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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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irritierte, da sie zwischen den ganzen Maisfeldern völlig fehl am Platz aussah. Während ich die Anlage betrachtete, fiel mir wieder ein, dass aus Mais Ethanol hergestellt wurde.
    Am ersten Tag hinter Mitchell sah ich ein Hinweisschild zum Haus von Laura Ingalls Wilder. Als McKale klein war, war sie ein Riesenfan der Little-House-Bücher, daher bog ich vom Freeway ab, um das Haus zu besichtigen. Dann, kurz nach der Abzweigung, sah ich ein Schild, auf dem stand, dass das Haus über fünfzig Meilen abseits von meinem Weg lag. Ich machte kehrt und ging zurück zur 90.
    Ich wanderte weiter. Auch hier sah ich wieder viele überfahrene Tiere. Einmal zählte ich sechs »schlafende« Waschbären auf einer einzigen Meile.
    Am dritten Tag hinter Mitchell, nachdem ich vierundzwanzig Tage an der Interstate 90 entlanggegangen war, verließ ich sie an der 29 in Richtung Sioux Falls nach Süden. Ich konnte die Stadt in der Ferne sehen, und obwohl ich müdewar, entschied ich, dass ein gutes Hotel mit Zimmerservice und einem heißen Bad die zusätzliche Mühe wert sein würde. Nach fast sechsundzwanzig Meilen erreichte ich das Sheraton.
    Ich beschloss, einen Ruhetag einzulegen. Zum Frühstück bestellte ich mir beim Zimmerservice Eier Benedikt, dann zog ich meine Badehose an. Ich borgte mir den Frotteemantel, der in meinem Wandschrank hing, und ging hinunter zum Whirlpool.
    In der Hotellobby wimmelte es von hunderten älteren Damen mit roten Hüten und violetten Kleidern, einige auch noch mit Federboas oder roten oder violetten flauschigen Socken.
    Ich ging durch die Lobby zum Schwimmbad. Der Whirlpool befand sich auf der anderen Seite des Bads. Zwei Frauen waren bereits im Pool und unterhielten sich laut über dem Plätschern des Wassers. Auch sie trugen rote Hüte. Sie brachen ihre Unterhaltung ab und sahen mich an, als ich meinen Bademantel über die Lehne eines Poolstuhls legte und ins Wasser stieg. Ich schloss die Augen und ließ mich bis zum Hals in den Pool gleiten.
    Als ich die Augen aufschlug, sahen mich die Frauen noch immer an.
    »Hi«, sagte ich.
    »Wie geht’s?«, sagte die Frau, die mir am nächsten war.
    »Gut. Und selbst?«
    »Wir amüsieren uns köstlich«, sagte die andere Frau, die ein bisschen größer war und unnatürlich rote Haare hatte.
    »Warum tragen Sie rote Hüte?«, fragte ich.
    »Wir gehören zur Red Hat Society.«
    »Das sagt mir nichts.«
    »Wir sind nur ein Haufen Frauen, die unterwegs sind, um ein bisschen Spaß zu haben«, sagte die erste Dame. »Haben Sie noch nie von uns gehört?«
    »Tut mir leid, nein. Ich bin nicht aus Sioux Falls.«
    »Oh, uns gibt es nicht nur in Sioux Falls«, sagte die große Dame empört. »Die Rothüte finden Sie auf der ganzen Welt. Wir haben über vierzigtausend Ortsgruppen weltweit. Über uns wurde im Time -Magazin und im Fernsehen berichtet. Wir waren sogar in den Simpsons .«
    »In den Simpsons ?«, fragte ich. »Tut mir leid, ich nehme an, ich lebe schon seit einer Weile in einer Höhle. Ehrlich gesagt bin ich auf einer Mission.«
    »Das muss ja eine anstrengende Mission sein«, bemerkte die zweite Frau.
    »Ich gehe zu Fuß durch Amerika.«
    »Ach du liebe Güte«, sagte die erste Dame. »Das ist wirklich ein langer Weg.«
    »Allerdings«, warf die zweite ein. »Auf welcher Seite des Landes haben Sie denn angefangen?«
    »Ich bin in Seattle losgegangen.«
    »Und wie lange ist das her?«
    »Fast acht Monate. Aber ich wurde fünf Monate in Spokane aufgehalten. Kurz vor der Stadt wurde ich niedergestochen.«
    »Niedergestochen?«, fragte die zweite Frau.
    Ich richtete mich im Wasser auf, um meine Narben von dem Überfall zu zeigen.
    Die erste Frau fuhr sich mit einer Hand an den Mund. »O mein Gott. Das ist ja schrecklich.«
    Die zweite Frau warf einen Blick auf meinen Ringfinger. »Und wie haben Sie Ihre Frau überzeugt, Sie gehen zu lassen? Oder begleitet sie Sie?«
    »Sie haben sie verloren«, sagte die erste Frau. »Wie ist sie gestorben?«
    Ich sah sie fragend an. »Woher wussten Sie das?«
    »Ja«, wandte sich die zweite Frau zu ihr um. »Woher wusstest du das?«
    »Er trägt den Ehering einer Frau um den Hals«, sagte sie. Sie wandte sich an mich. »Wenn Sie geschieden wären, würden Sie ihn nicht tragen. Wenn Sie noch zusammen wären, würde sie ihn tragen, und wenn er einer anderen Frau gehören würde, würde Ihre Frau Sie ihn nicht tragen lassen.«
    »Bist du nicht ein echter Sherlock?«, sagte die zweite Frau. »Hat sie recht?«
    Ich nickte. »Sie ist

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