So weit die Hoffnung trägt - Roman
war, bis ein zweiter Anwalt in die Stadt zog und beide reich wurden.
Im Zentrum von Sidney hielt ich bei einem kleinen Lebensmittelgeschäft, um meine Essens- und Wasservorräte aufzustocken. Ich war der einzige Kunde in dem Laden, und die einsame Angestellte, eine attraktive Frau in den Dreißigern, saß an der Kasse und las in einer Zeitschrift, als ich mit meinen Einkäufen auf sie zukam. Sie legte die Zeitschrift beiseite und lächelte mich an. Ihre kurzen blonden Haareumrahmten ein hübsches, zartes Gesicht mit aufsehenerregenden Details: mandelförmige Augen, hohe Wangenknochen und eine leicht nach oben gebogene Nase. Im Gegensatz zu ihren blonden Haaren hatte sie braune Augen und dunkle Augenbrauen.
»Ich mag Ihren Hut«, sagte sie, während sie meine Einkäufe eintippte.
»Damit sehen meine Haare kürzer aus«, erwiderte ich.
Sie lächelte. »Nein. Tun sie nicht.«
Ich erwiderte ihr Lächeln. »Na ja, wenigstens hält er die Sonne von meinem Gesicht ab, während ich unterwegs bin.«
»Wohin sind Sie denn unterwegs?«
Ich nahm mir ein Päckchen Kaugummi und eine Tube Lippenbalsam von einem Ständer neben der Kasse und legte beides zu meinen Einkäufen. »Key West, Florida.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wow. Da haben Sie bis Florida ja einen weiten Weg vor sich. Na ja, ehrlich gesagt haben Sie von hier aus überallhin einen weiten Weg vor sich. Wo sind Sie denn losgegangen?«
»Seattle.«
»Seattle.« Sie dachte darüber nach. »Dann haben Sie ungefähr die Hälfte geschafft, oder?«
»Annähernd.«
»Ich möchte wetten, die Hälfte«, sagte sie. »Was gibt es denn in Key West?«
Ich zuckte die Schultern. »Sand, nehme ich an.«
»Sand?«
»Vermutlich. Deswegen gehe ich dorthin. Um herauszufinden, was es dort gibt.«
Sie lächelte. »Ich mag Ihre Antwort.«
»Gibt es hier in der Stadt denn irgendwelche Hotels oder Pensionen?«
»Leider nein. Hier in der Gegend nicht. Das nächste wäre in Nebraska City, aber Sie gehen in die andere Richtung, oder? Vermutlich St. Joseph. Das sind etwa einhundert Meilen von hier.«
»Danke. Ich werde mir einfach einen Platz zum Zelten suchen. Gibt es hier in der Nähe einen Park?«
Sie legte den Kopf ein wenig auf die Seite. »Einen Park? Nein. Aber Sie können bei uns übernachten. Mein Zuhause ist ganz nett.«
»Sie haben einen Garten, in dem ich zelten kann?«
»Ja, aber ich habe nicht gemeint, dass Sie zelten müssen. Wir haben ein Gästezimmer.«
Ihr Angebot verblüffte mich zutiefst. Das wäre mir in Seattle nie passiert. »Ich will mich nicht aufdrängen.«
»Das ist kein Problem. Ehrlich gesagt würden wir uns über die Gesellschaft freuen. Das wäre das Aufregendste, was es hier im ganzen Jahr gegeben hat. Außerdem koche ich heute Abend Spagetti mit Muschelsauce à la Vorstandsvorsitzender.«
»Vorstandsvorsitzender?«
»Das ist eines von Emerils Rezepten. Ich bin irgendwie ein Fan von ihm. Ehrlich gesagt, ein Riesenfan. Ich koche sehr gern.«
»Dann sollte ich mir das besser nicht entgehen lassen.« Ich sah auf ihren Ringfinger. Sie trug einen großen Diamant-Smaragd-Ring, in Gelbgold gefasst. »Sind Sie sicher, dass es Ihrem Mann recht sein wird?«
»Matt wird nichts dagegen haben. Er ist wirklich locker. Er mag Leute.«
»Na schön. Ich bin überredet.«
Sie lächelte glücklich. »Wunderbar. Ich habe um sechs Feierabend.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Also inungefähr vierzig Minuten. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, noch ein bisschen hier herumzuhängen, können Sie mit mir nach Hause fahren.«
»Danke. Ich werde einfach draußen warten.«
»Das müssen Sie nicht«, sagte sie. »Es sei denn, Sie wollen. Es ist schließlich nicht so, dass mir hier die Türen eingerannt werden.« Sie streckte eine Hand aus. »Ich bin Analise.«
»Alan«, sagte ich.
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Alan.«
»Sind Sie aus Sidney?«
»Nein. Mein Mann. Seinem Vater gehören östlich von hier ein paar tausend Morgen Land. Er baut Mais an.«
»Das tun hier offenbar viele.«
»Ja, das können Sie laut sagen.«
»Und woher sind Sie?«, fragte ich.
»Ich wurde etwa zehn Meilen von hier geboren, in Tabor. Sie sind vermutlich durchgekommen.«
»Das bin ich. Es war … malerisch.«
»Malerisch«, lächelte sie. »Das ist sehr taktvoll ausgedrückt.«
»Haben Sie Kinder?«
»Zwei. Christian und Casey. Christian ist sieben und Casey fünf.«
In dem Augenblick betrat eine Frau den Laden. Sie war mollig, ihr Gesicht war rot angelaufen,
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