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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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murmelte Babcock, als sie aus dem Wagen stiegen und über den sauber geharkten Kies zum Haus gingen.
    Kincaid nickte nur. Das bevorstehende Gespräch bedrückte ihn – er hatte noch immer nicht gelernt, das Überbringen von schlechten Nachrichten auf die leichte Schulter zu nehmen. Er holte noch einmal tief Luft, doch bevor sie klingeln konnten, ging die Haustür auf, und ein großer Schäferhund sprang auf sie zu. Einen Sekundenbruchteil lang sah Kincaid sein Leben
vor seinem inneren Auge vorüberziehen, bis er erkannte, dass der Hund sicher an einer Leine hing, gehalten von einem schmächtigen Mann mit kurzen weißen Haaren und gestutztem Vollbart.
    »Sie wünschen?«, fragte der Mann und zerrte den Hund mit einem mahnenden »Ruhig, Jazz!« zu sich heran.
    Der Hund protestierte winselnd, fügte sich aber und setzte sich neben den linken Fuß des Mannes.
    »Sind Sie Roger Constantine?«, fragte Babcock, der einen Schritt zurückgetreten war und den Hund argwöhnisch beäugte.
    »Ja. Was kann ich für Sie tun?« Constantine musterte die Besucher kritisch, und erst jetzt kam Kincaid der Gedanke, dass ihre lässige Freizeitkleidung wohl nicht geeignet war, den Eindruck einer offiziellen Mission zu erwecken. Der Mann glaubte vermutlich, sie wollten ihm Isolierglasfenster verkaufen.
    Babcock zog seinen Dienstausweis aus der Tasche und hielt ihn vorsichtig in die Höhe, als ob Constantine eine geladene Waffe in der Hand hielte und nicht die Leine seines inzwischen aufgeregt hechelnden Hundes. »Ich bin Chief Inspector Babcock von der Cheshire Constabulary, und das ist Superintendent Kincaid. Tut mir leid, wenn wir Sie so unangemeldet überfallen …«
    »Also, wenn es um die Story über die Gangs geht – ich habe Ihren Kollegen schon gesagt, dass ich meine Quellen nicht …«
    »Nein, es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit, Mr. Constantine. Wenn wir uns vielleicht im Haus weiter unterhalten könnten.« Babcock ließ die Frage wie eine Feststellung klingen, und zum ersten Mal verriet Constantines Miene einen Anflug von Beunruhigung. Kincaid sah jetzt, dass die weißen Haare und der weiße Bart ihm einen irreführenden Eindruck vom Alter des Mannes vermittelt hatten: Constantines
Gesicht war frei von Falten, und die auffallend hellblauen Augen hinter der Goldrandbrille blickten wach und kritisch.
    »Na schön«, willigte Constantine widerstrebend ein und fügte an den Hund gewandt hinzu: »Du wirst dich mit deinem Spaziergang noch ein bisschen gedulden müssen, Jazzy.« Er drehte sich zur Tür um und bedeutete den beiden, ihm zu folgen. Als er Babcocks Zögern bemerkte, sagte er: »Oh, vor dem Hund brauchen Sie keine Angst zu haben. Er ist wirklich ein ganz Lieber.«
    Kincaid ging voran und hielt dem Hund die Hand hin, damit er sie beschnuppern konnte. Während Jazz schwanzwedelnd eine Bestandsaufnahme der Gerüche an Kincaids Kleidern machte, nahm dieser nicht weniger interessiert die Einrichtung des Hauses in Augenschein. Der zentrale Flur war durch einen offenen Durchgang mit dem Wohnzimmer zur Linken verbunden. Goldschimmernde Wände und weiße Fensterrahmen kontrastierten mit den vergoldeten Rahmen von Bildern und Spiegeln sowie geschmackvollen schwarzweißen Bodenfliesen. Details wie ein Schemel mit einem Zimmerfarn und einige kunstvoll gearbeitete Stühle aus Rohrgeflecht, die zwischen anderen, schwereren Möbeln standen, verwiesen auf die viktorianische Geschichte des Hauses.
    Durch eine offene Tür zur Rechten erblickte er kurz ein Speisezimmer mit weinroten Wänden und schweren Mahagonimöbeln, doch dann führte Constantine sie schon weiter in eine Wohnküche im hinteren Teil des Hauses.
    Sofort erkannte Kincaid, dass sie den repräsentativen Bereich verlassen hatten. Dieses Zimmer war zwar ebenfalls kostspielig eingerichtet, mit dem obligatorischen Aga-Herd und maßgearbeiteten Küchenschränken, doch überall lagen und standen Bücher, Papiere und benutzte Tassen herum. Auf dem großen Eichentisch befand sich ein aufgeklappter Laptop, und
der Hundeplatz nahe dem Ofen war mit Kauknochen übersät. Ein warmer Duft nach Frühstückstoast und Kaffee hing noch in der Luft, vermischt mit einer leisen Hundenote.
    »Ich sollte Ihnen wohl einen Platz anbieten«, meinte Constantine, indem er die Papiere von zwei Stühlen zusammenraffte und sie auf die ohnehin schon überladene Anrichte packte. »Jazz, leg dich auf deinen Platz«, befahl er dem Hund.
    Er selbst setzte sich auf den Stuhl vor dem Laptop und

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