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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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eigene Tochter ermordet«, sagte Rasansky. »Vielleicht war es ja die Tochter von jemand anderem, die er unauffällig in der Wand dieses Stalls verschwinden ließ …«
    »Und wieso werden dann keine kleinen Mädchen dieses Geburtsjahrgangs vermisst?«, fuhr Larkin dazwischen. »Und woher soll Annie Lebow das gewusst haben, als sie ihm wieder begegnete?«
    »Annie hat so manches für sich behalten«, entgegnete Babcock. »Sie könnte alles Mögliche gewusst haben, ohne es je zu Papier gebracht zu haben.« Er tippte mit dem Ende des Bleistifts auf den Report, der auf Larkins Schreibtisch lag. »Und wenn er nichts mit Annies Tod zu tun hatte, wieso hat er dann bei der ersten Vernehmung geleugnet, sie gekannt zu haben?«

    »Das ist schnell erklärt«, sagte Gemma James. »Wenn er früher schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, und zumal, wenn er und seine Frau zu Unrecht beschuldigt wurden, wird er es vermeiden, die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen. Das ist verständlich.«
    Babcock sah die beiden Frauen an und fragte sich, warum sie beide einen Mann in Schutz zu nehmen schienen, den zumindest James überhaupt nicht kannte. »Tja, das dürfte er noch bereuen«, sagte er missgestimmt. Er ließ den Bleistift auf den Tisch fallen und sah zu, wie er aufhüpfte und davonkullerte. Sein Traum von einer schnellen Aufklärung des Falles schien geplatzt. »Wir werden ihn uns noch einmal vornehmen.« An Rasansky gewandt fügte er hinzu: »Kevin, Sie müssen hierbleiben und mit dem Team vom Betrugsdezernat Kontakt halten. Für mich ist Dutton noch nicht aus dem Schneider.« Und dann zu Larkin: »Sheila, Sie haben schon mit Wain gesprochen; Sie sollten mit mir kommen.« Schließlich musterte er seinen Freund. »Und ihr zwei würdet euch sicher gerne anschließen?«
    Kincaid erwiderte seinen Blick ohne jeden Anflug von Humor. »Ronnie, mir liegt genauso viel daran wie dir, dass dieser Fall aufgeklärt wird. Vielleicht sogar mehr.«
    »Na schön«, willigte Babcock ein – wider besseres Wissen. Es wäre ein Wunder, wenn Wain beim Anblick von gleich vier Polizisten, die wie ein Sturmtrupp auf sein Boot zukamen, nicht sofort die Flucht ergreifen würde. »Machen wir doch gleich eine Party draus.«
     
    Kincaid erinnerte sich, das Boot gesehen zu haben, sowohl am zweiten Weihnachtstag als auch am folgenden Morgen, nach dem Mord an Annie Lebow, doch er hatte nur beiläufig registriert, dass aus dem Schornstein Rauch aufgestiegen war, und ihm weiter keine Beachtung geschenkt.

    Jetzt sah er, dass es ein altes Boot war, vielleicht noch aus der Vorkriegszeit, und im traditionellen Stil bemalt; allerdings schien es in jüngster Zeit nicht mehr so sorgfältig gepflegt worden zu sein. Doch auch jetzt hing eine kleine Rauchfahne über dem Schornstein, dessen Messingreifen noch wie neu glänzten, und die windstille, feuchte Luft roch streng nach Holzrauch.
    Sie gingen im Gänsemarsch über die Brücke und stiegen die Stufen zum Leinpfad hinunter, Babcock voran, doch als sie das Boot erreichten, wurde schnell klar, dass nicht für alle vier Platz auf dem Hinterdeck war.
    Babcock trat einen Schritt zurück und nickte DC Larkin zu. »Sie kennen ihn schon, Sheila. Machen Sie den Anfang.«
    Larkin sah ihn an, und was immer sein Blick ihr vermittelte, es schien ihr Selbstvertrauen zu geben. Es musste ihr unangenehm sein, dass alle sie dabei beobachteten, doch sie fackelte nicht lange, sondern stieg leichtfüßig vom Leinpfad ins Hinterdeck, straffte die Schultern und klopfte laut an die Kabinentür.
    »Mr. Wain«, rief sie, »hier ist DC Larkin. Ich …« Doch ehe sie den Satz vollenden konnte, sprang die Tür auf.
    Der Mann, der aus der Kabine trat und im fahlen Licht des Morgens blinzelte, war groß und kräftig gebaut, mit der Art von Muskulatur, die von Jahren schwerer körperlicher Arbeit und nicht von ein paar Stunden im Fitnessstudio kommt. Sein dunkles Haar war noch dicht, doch mit Silber gesprenkelt, und seine Wangen waren hohl, die dunklen Augen tief eingesunken, wie von Krankheit oder Kummer gezeichnet.
    Doch seine Haltung war trotzig, als er vom einen zum anderen blickte, und der Ton, in dem er Larkin antwortete, war schroff. »Ich weiß, wer Sie sind, Constable. Ich dachte, wir wären fertig miteinander.«
    »Ich auch, Mr. Wain, bis ich herausfand, dass Sie mich belogen
haben.« Es lag ein Unterton von persönlicher Kränkung in Larkins Stimme, der Kincaid an die Art und Weise erinnerte, wie Gemma bisweilen

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