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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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die Versuchung zu groß. »Na ja, ich dachte schon, das war ein Schuss in den Ofen, aber dann haben die beiden darauf bestanden, mich zu Tee und Kuchen einzuladen, weil ich mir doch extra die Mühe gemacht hatte, zu ihnen rauszufahren.«
    Larkin, die so saß, dass der Sergeant ihr Gesicht nicht sehen konnte, verdrehte die Augen, und Gemma unterdrückte ein Lächeln. Nach dem Bäuchlein zu schließen, das sich unter seiner mit Krümeln übersäten Krawatte wölbte, kam es wohl öfter vor, dass er eine solche Einladung nicht ausschlagen konnte.
    »Und das war auch gut so«, fuhr Rasansky fort, »denn erst nachdem der alte Herr sich beruhigt und ein bisschen Zeit zum Nachdenken gehabt hatte, fiel ihm ein, dass er damals, kurz bevor sie den Entschluss zum Verkauf fassten, in dem alten Viehstall einige Maurerarbeiten hatte ausführen lassen. Er hatte dazu einen Kanalschiffer angeheuert, einen gewissen Wain.« Er nahm sein Notizbuch aus der Jackentasche und blätterte wichtigtuerisch darin herum. »Gabriel Wain. Jetzt müssen wir den Kerl bloß noch finden...«

    »O Mann.« Sheila Larkins normalerweise rosige Wangen wurden plötzlich bleich. »Gabriel Wain. Wir hatten ihn die ganze Zeit praktisch auf dem Präsentierteller, und ich hab’s einfach nicht geschnallt.«
    »Wovon reden Sie?«, schaltete Kincaid sich ein.
    »Seine Frau heißt Rowan – das muss er sein.« Sie schüttelte ungehalten den Kopf, da die anderen noch immer nicht begriffen. »Ich habe ihn vernommen. Sein Boot liegt in Barbridge, und eine Frau, die am Kanal wohnt, hat ausgesagt, er hätte sich an Heiligabend mit Annie Lebow gestritten. Er sagte, sie hätte sein Boot gerammt, er hat mir sogar die Schramme gezeigt, und es klang alles ganz plausibel. Ich habe ja nicht …«
    »Sheila, ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen nicht immer so leichtgläubig …«, setzte Rasansky an, doch Kincaid schnitt ihm das Wort ab.
    »Sie sagen also, dass derselbe Mann, der möglicherweise in die Sache mit dem toten Kind verwickelt war, einen Streit mit Annie Lebow hatte?«
    Larkin nickte zerknirscht. »Und das ist noch nicht alles. Vorhin habe ich die Fallakten des Opfers gelesen – von Annie Constantine, wie sie damals noch hieß. Die hatte ich mir vom Sozialamt schicken lassen. Ich habe sie erst mal nur überflogen, deshalb …« Ihre Wangen hatten wieder Farbe bekommen, aber diesmal war es die Röte der Verlegenheit. »Ich habe einfach die Verbindung nicht hergestellt.
    Es gab da einen Fall, nicht lange vor Constantines Ausscheiden aus dem Beruf – eine Mutter, die angeblich am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom litt. Sie hat den Ärzten immer wieder erzählt, ihr kleiner Junge habe Anfälle und Atemstillstände, aber sie konnten nichts finden, also hat der behandelnde Arzt die Sache an das Jugendamt weitergegeben. Annie Constantine sorgte dafür, dass die Anschuldigungen fallen gelassen
wurden, also habe ich mich auch nicht weiter darum gekümmert. Aber die Sache ist die: Diese Frau hatte damals, während die Ermittlungen liefen, ein Mädchen namens Marie zur Welt gebracht. Und die Mutter … der Name der Mutter war Rowan Wain.«
    Man konnte geradezu die Rädchen in Rasanskys Hirn schnurren hören, als er sagte: »Die Smiths haben ihr Anwesen vor fünf Jahren verkauft, also muss das mit den Maurerarbeiten im Viehstall noch ein bisschen länger her sein. Mr. Smith sagte, es sei im tiefsten Winter gewesen – er habe sich damals Sorgen gemacht, dass der Mörtel bei der Kälte nicht richtig hart würde.«
    »Das würde zu dem passen, was die Rechtsmedizinerin herausgefunden hat«, warf Kincaid ein. »Keine Anzeichen von Insektenfraß an der Leiche.«
    Sheila Larkin wühlte schon in den Papieren auf ihrem Schreibtisch. Als sie die Akte gefunden hatte, blätterte sie eine Weile darin und fuhr mit dem Zeigefinger über die Zeilen. Gemma fiel auf, dass ihr Fingernagel bis aufs Fleisch abgekaut war.
    Larkin hielt inne und las eine Weile konzentriert, wobei ihre Lippen stumm die Worte formten. Schließlich blickte sie auf. »Der Zeitrahmen könnte passen. Constantine hat den Fall ein Jahr vor ihrem Ausscheiden aus dem Job bearbeitet.«
    »Also, dieser Wain oder seine Frau haben das ältere Kind misshandelt.« Rasansky breitete das Szenario geradezu lustvoll aus. »Dann fangen sie bei dem Baby auch damit an, aber diesmal stirbt das Kind. Wain arbeitet zufällig gerade an dem Viehstall, wo er ein paar Mauern ausbessern soll, und er denkt sich, das passt ja wunderbar –

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