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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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eine ideale Gelegenheit, die Leiche loszuwerden, ohne dass irgendjemand was mitkriegt. Und diese Bootsleute, das sind ja alles Zigeuner. Die haben so viele Kinder, dass man beim Zählen gar nicht mehr mitkommt, und
als sie dann weiterziehen, fällt keinem Menschen auf, dass sie ein Balg weniger haben.«
    »Bis auf Annie Constantine«, sagte Larkin leise. »Als sie nämlich die Wains an Heiligabend traf. Wenn sie es war, die mit Gabriel Wain gestritten hat, wenn sie vielleicht gedroht hat, sie den Behörden zu melden …«
    »Motiv.« Rasansky legte einen fleischigen Zeigefinger an den anderen. »Und die Gelegenheit hatte er ganz sicher auch – wenn irgendjemand ihr Boot in der Dunkelheit finden konnte, dann war es dieser Wain. Er muss den Kanal kennen wie seine Westentasche.«
    Larkin warf einen Blick auf die Wanduhr. »Wo bleibt denn nur der Chef? Ich weiß zwar nicht, ob er uns den Kopf abreißen oder die Hand küssen wird, aber wir müssen uns diesen Wain kaufen …«
    »Es gibt nur ein Problem bei der ganzen Sache«, mischte Gemma sich ein. Alle drehten sich zu ihr um und starrten sie an.
    Sie hatte aufmerksam zugehört, zunächst mit Erleichterung, als es so aussah, als hätte die ganze Sache doch nichts mit Juliet zu tun, dann mit wachsender Bestürzung, als sie die Fakten kombinierte.
    »Sogar mehr als eines. Erstens: Annie Constantine hatte den Fall zu den Akten gelegt, und aus dem, was Sie berichtet haben, geht nicht hervor, dass die Ärzte je Beweise dafür gefunden hätten, dass das Kind misshandelt wurde. Im Grunde haben sie die Mutter ja nur beschuldigt, seine Krankheit erfunden zu haben, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.«
    Während Larkin bedächtig nickte, zog Kincaid fragend eine Augenbraue hoch. »Und?«
    »Und«, sagte Gemma, »Marie Wain ist gesund und munter. Eine normal entwickelte, aufgeweckte Siebenjährige. Ich habe sie kennengelernt.«

23
    Babcock pfiff leise vor sich hin, als er in die Polizeidirektion zurückkam. Als er Piers Duttons Büro verlassen hatte, war dieser gerade damit beschäftigt gewesen, die arme Sekretärin irgendeines Anwalts am Telefon zusammenzustauchen, während das Team vom Betrugsdezernat sich daran gemacht hatte, seine Aktenschränke systematisch auszuleeren. Der Tag fing wirklich gut an, sagte er sich. Sein Verdacht gegen Piers Dutton als Mörder von Annie Lebow erhärtete sich mehr und mehr, und die Tatsache, dass er eine gesunde Abneigung gegen den Mann entwickelt hatte, erhöhte nur seine Befriedigung. Natürlich sollte man als Polizeibeamter immer unvoreingenommen sein, aber er wollte den Kollegen sehen, dem es keine klammheimliche Freude bereitete, einen Dreckskerl wie diesen Dutton einzukassieren.
    Wenn er jetzt nur noch die Geschichte mit dem Baby aufklären könnte …
    Das Pfeifen erstarb auf seinen Lippen, als er den Menschenauflauf um Sheila Larkins Schreibtisch erblickte. Larkin, Rasansky, Kincaid und die entzückende Gemma – und sie alle starrten ihn an, mit Mienen, die nichts Gutes verhießen.
    »Ihr seht aus wie eine Versammlung von Leichenbestattern«, sagte er, als er die Gruppe erreichte, und machte sich schon mal auf das Schlimmste gefasst. »Was ist denn passiert?«
    Kincaid übernahm es, ihn in knappen Worten auf den neuesten Stand zu bringen, wobei er die scheelen Blicke von Rasansky ignorierte, der immer noch lieber die schlechte Nachricht
überbracht hätte, als ganz an den Rand gedrängt zu werden. Larkin kaute wieder an den Fingernägeln, eine schlechte Angewohnheit, von der er geglaubt hatte, sie hätte sie abgelegt.
    »Chef …«, begann Rasansky, als Kincaid mit seiner Zusammenfassung fertig war, doch Babcock hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    »Lassen Sie mich nur einen Augenblick nachdenken, Kevin.« Er klopfte die Taschen seines Jacketts ab, wie er es immer tat, wenn er mit einem schwierigen Problem konfrontiert war, bevor ihm – wie immer – einfiel, dass er ja nicht mehr rauchte. Als Ersatz schnappte er sich einen Bleistift von Larkins Schreibtisch und drehte ihn zwischen den Fingern, während er sagte: »Okay, dieser Wain kann also seine kleine Tochter nicht ermordet haben. Aber es kann auch kein bloßer Zufall sein, dass er ausgerechnet in der Zeit, als das Kind in dem Viehstall eingemauert worden sein muss, dort mit Mörtel und Kelle zugange war oder dass er Annie Lebow gekannt hat – oder dass er sich zwei Tage vor ihrem Tod nachweislich mit ihr gestritten hat.«
    »Vielleicht hat er ja nicht seine

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