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So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

Titel: So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamid
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Nichtraucherbestimmungen eine erlesene, teure Geschenkzigarre aus seinem wohlbestückten Humidor an, während er dir lediglich eine Tasse Tee anbietet. Er kennt Leute wie dich, Selfmademen, aufstrebend, und wegen seiner Bildung, Herkunft und Wesensart betrachtet er dich voller Verachtung, aber auch Befriedigung, denn von Bittstellern, die den Status quo infrage stellen wollen, ist in der Regel mehr Geld zu erwarten als von solchen, die ihn lediglich aufrechterhalten wollen.
    Du bist auf einem hindernisreichen Instanzenweg zu ihm gekommen. Verweigerte Genehmigungen, nicht bestandene Prüfungen, unsachgemäß abgelesene Zähler, eingeleitete Buchprüfungen, all diese Schummeleien und Scherereien hast du im Lauf der Jahre überwunden, indem du untere und mittlere Chargen geschmiert hast. Aber dann bist du in eine Sackgasse geraten. Deine Firma läuft inzwischen einigermaßen korrekt, wenigstens soweit es dein Produkt angeht, indem es weitgehend dem allgemein anerkannten Standard entsprechend sterilisiert und unter deinem eigenen Namen abgefüllt wird. Doch die Expansion in die erste Liga, in den Massenmarkt des städtischen Leitungswasserdeals, bleibt dir verwehrt. Nur Lieferanten mit einer staatlichen Lizenz können sich an Ausschreibungen der Stadt beteiligen, und deine Bewerbung um eine solche Lizenz ist abgewiesen worden. Also hast du die Ablehnung bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgt, zu dem Mann, der nun vor dir sitzt.
    Er pafft vor sich hin, die Fingerspitzen seiner freien Hand liegen auf einer Akte, die deinen unlängst verworfenen Antrag enthält. Du schwafelst von der technischen Solidität deiner Kandidatur, deinem Kapital, deiner Expertise, deinen zahllosen zufriedenen Kunden. Der Bürokrat lässt dich Energie verbrauchen, dich mit deiner Präsentation erschöpfen, und als du dann zwangsläufig verstummst, schreibt er mit der indigoblauen Tinte aus der Goldfeder seines Füllfederhalters zwei Wörter auf ein Blatt Papier und schiebt es dir hin. Da steht: »Wie viel?«
    Du bist erleichtert. Eine Hürde ist genommen, nun können die Verhandlungen beginnen. Doch du tust so, als hättest du es nicht gesehen.
    »Sir«, sagst du, »wir erfüllen die Bedingungen …«
    »Haben Sie die Stadt schon einmal beliefert?«
    »Wir sind seit fast zwanzig Jahren im Wassergeschäft.«
    »Haben Sie die Stadt schon einmal beliefert?«
    »Nein.«
    »Sind Sie berechtigt, die Stadt zu beliefern?«
    »Noch nicht.«
    »Nein.« Mit einem gemächlichen Ruck des Kiefers stößt er einen perfekten Rauchring aus.
    »Alle Ihre Anforderungen sind erfüllt.«
    »Alle unsere quantifizierbaren Anforderungen. Es ist meine Pflicht zu gewährleisten, dass auch unsere unquantifizierbaren Anforderungen erfüllt werden. Solche der Reputation beispielsweise.«
    »Unsere Reputation ist, dass wir freundlich sind.«
    »Schön.«
    Du beobachtest ihn. Er ist eher sechzig als fünfzig, also keine zehn Jahre älter als du, aber er hat den Samtkissen-Neugeborenen-Händedruck eines Mannes, der nicht nur körperliche Arbeit und Racket-Sport, sondern auch das Tragen der eigenen Aktenmappe gemieden hat.
    Mit einem tippenden Finger lenkt er deine Aufmerksamkeit auf das Blatt Papier zwischen euch. Heutzutage ist es bedauerlicherweise schwierig zu wissen, wann ein Gespräch aufgezeichnet wird. Er zieht es vor, dass Unschicklichkeiten unhörbar bleiben. Du tust so, als überlegtest du, dann schreibst du eine Summe hin, die du scheinbar für eindrucksvoll hältst. Der Bürokrat lehnt sie mit einem knappen Kopfschütteln ab und schreibt eine weit größere, aber trotzdem erträgliche Zahl hin. Du spürst, wie du glühst vor Zufriedenheit. Indem er dich nicht kurzerhand abgewimmelt hat, ist er von seinem Vizekönigsthron gestiegen und in eine Vertreterbude getreten. Du bist sein Käufer, und auch wenn du nicht zudrücken darfst, hast du ihn nun bei seinen mächtigen, gierigen und äußerst nützlichen Eiern. Du feilschst, aber großmütig.
    Allerdings kann der Bürokrat nichts ohne die Zustimmung seiner politischen Oberen unternehmen, daher schickt er dich nach einem weiteren Treffen, bei dem die näheren Einzelheiten eurer Vereinbarung festgeschrieben wurden, zu einem Politiker nach Hause, den du aus dem Fernsehen und aus der Zeitung kennst. Du wirst von deinem Fahrer in deinem klotzigen und nur ein klein wenig gebrauchten Luxus-SUV gefahren. Neben ihm sitzt ein uniformierter Wachmann, der normalerweise dazu da ist, das Tor deines Hauses zu öffnen und zu

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