So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
Gründe einen Leibwächter zugelegt hat. Sie möchte dir gern Trost spenden, und als ihre Versuche, dich in ein Gespräch zu verwickeln, dir keine Erklärung entlocken können, was denn los ist, schlägt sie einen anderen Kurs ein und meint, ihr beide solltet doch mal ins Kino oder essen gehen, aber du willst die Abende unbedingt zu Hause verbringen, aus Sicherheitsgründen, auch wenn du ihr dies nicht sagst, da du sie nicht ängstigen möchtest.
Die importierten Hochglanzmagazine, die sie liest, geben ihr Ratschläge, was sie in einer solchen Situation tun sollte, wie man den Mann aufheitert, wenn er unheiter wirkt, und so weist sie, da euer Hochzeitstag naht, ganz verwegen ihre Wachsfrau an, ihr sämtliche Schamhaare zu entfernen, ein erregend schmerzhaftes Erlebnis, und erwirbt mit der Gesamtheit ihres monatlichen Taschengelds einen teuren Spitzen-BH samt Slip, in Violett, deiner Lieblingsfarbe, und erwartet dich auf eurem Bett, halb entkleidet, im Schein flackernder Kerzen.
Sie hat nicht gemerkt, dass der Strom ausgefallen ist, daher ist sie verblüfft, als du mit einer tragbaren Batterieleuchtröhre hereinkommst, und dir wiederum ist es unangenehm, dass du unangekündigt zu ihr hineingestolpert bist, daher wendest du, eine Entschuldigung murmelnd, den Blick ab und gehst auf direktem Weg ins Badezimmer. Als du wieder herauskommst, hat sie sich das Betttuch bis ans Kinn hochgezogen, die Augen groß in dem Dunkel, sie versinkt vor Scham, und dennoch fasst sie sich, als du dich hinlegst, ein Herz, und mit Aufbietung der letzten Reserven Willenskraft legt sie deine Hand auf ihre Brust und ihre Hand zwischen deine Beine, und sie spürt, wie ihr Körper von dir anschwillt und hart wird, nicht aber deiner von ihr, so sehr haben Erschöpfung und Stress dich ermattet, daher dreht sie sich um, presst das Gesicht gegen Geräusch und Nässe fest zusammen und tut so, als legte sie sich schlafen.
Für dich vergehen die Wochen in starker Anspannung, im Auto flackert dein Blick ständig umher, jederzeit rechnest du mit einem Überfall und fragst dich auch, was dein Leibwächter dann tun kann, um dich zu beschützen, wenn überhaupt etwas. Du sagst dir, dass du der Furcht nicht nachgeben willst, aber trotzdem streichst du immer mehr Besuche, sogar bei den Geschäftskunden, mit denen deine Firma die lukrativsten Verträge über die Lieferung von Wasserspendern hat, infolgedessen leidet dein Geschäft, und dein Tagesablauf wird immer starrer, früh zur Arbeit, im Büro bleiben, spät zurück nach Hause.
Diese Routine wird zunächst nicht von einer Gewalttat, sondern vom Tod deiner Schwester durchbrochen. Die Ankunft des Monsuns hat jähe Überschwemmungen mit sich gebracht, und auch wenn die Häuser des Dorfes deiner Ahnen vermöge einer gnädigen Topografie überwiegend verschont geblieben sind, haben doch nachfolgende Tümpel mit stehendem Wasser ganze Armeen von Moskitos voller Krankheitserreger hervorgebracht. Deine Schwester stirbt am Denguefieber, das zunächst wieder zurückgeht und kurz Anlass zu falschen Hoffnungen bietet, doch dann lassen innere Blutungen ihre Organe verkümmern, worauf sie versagen.
Du reist mit deinem Bruder und dessen Söhnen, die inzwischen schon fast Männer sind, mit einer Serie kriechender Busse und erreichst dein Ziel wegen der von den Wassermassen beschädigten Straßen und Brücken erst am folgenden Abend. Die Bestattung ist verschoben worden, damit du daran teilnehmen kannst, und somit kannst du deine Schwester noch ein letztes Mal sehen, eine Frau, schon alt geworden, ohne sehr lange auf der Welt gewesen zu sein, die weißen Haare dünn, die Schneidezähne fehlend, das Fleisch ihres Gesichts zwischen den Knochen eingesunken, geschrumpft wie vom Erlöschen ihres Lebens.
Wenn du deinen Bruder ansiehst, stellst du fest, dass auch er gealtert ist, wobei er schon als junger Mann nicht sonderlich jung wirkte, und du fragst dich, wie deine Neffen dich wohl sehen. Du sprichst an dem mit Blumen bestreuten Erdhügel, der die Ruhestätte deiner Schwester bedeckt, deine Gebete und gibst das mitgebrachte Geld ihrem Mann und den Kindern. Im Dorf pflegt man mit dem Tod, da etwas Normales, einen sachlichen Umgang, und nach den ersten Tagen hörst du kein Klagen mehr, auch wenn deine älteste Nichte eine Träne vergießt, als sie sich niederbeugt, damit du ihr beim Abschied die Hand auf den Kopf legen kannst.
Deine Frau hast du in der Stadt zurückgelassen, eine Entscheidung, die sie als schmerzlich
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