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So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

Titel: So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamid
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du ihn gleich fressen wirst, aber als du hineinkommst, wirst du leise, denn geparkte Autos auf deiner Straße haben dich vor einem stattfindenden Treffen gewarnt. Deine Frau sitzt mit einem Dutzend weiterer Frauen zusammen, deren Köpfe und in manchen Fällen auch das Gesicht bedeckt sind, und sie sind mitten in einer hitzigen Diskussion. Dein Gruß entlockt ihr als Antwort ein paar Worte, doch ihr Blick ruht auf eurem Sohn, und ihn allein bedenkt sie mit einem Lächeln, als ihr beide nach oben geht, gefolgt vom Kindermädchen, den Tretroller in der Hand. Das Gespräch um deine Frau herum legt sich ob dieser jähen Beanspruchung ihrer Aufmerksamkeit, wird aber mit unverminderter Heftigkeit fortgesetzt, als sie den Kopf neigt und zu ihren Mitstreiterinnen hin die hohlen Hände anhebt, als wöge sie eine unsichtbare, aber schwere Last, kommunizierte eine tiefe, gemeinsame Verzweiflung oder stützte ein Paar unsichtbarer Brüste.
    Es ist fünf Jahre her, das Alter eures Sohnes, seit du das letzte Mal im Körper deiner Frau gewesen bist. Der Verkehr zwischen euch war damals schon selten gewesen, und nur ein Glückswurf der biologischen Würfel erklärt, warum deine Frau nach dem Abschluss ihres Studiums und der Entfernung ihrer Spirale so schnell schwanger wurde. Die Entbindung hingegen war nicht so einfach. Ein schwerer Dammriss dritten Grades beschädigte den Schließmuskel deiner Frau. Mittels rekonstruktiver Chirurgie und endloser Stunden Physiotherapie besiegte sie die daraus resultierende Inkontinenz und lebt jetzt ohne die Windeln, die zu tragen sie gezwungen war, äußerst ärgerlich für eine so junge Frau. Du dagegen warst bei diesem Prozess ohnehin nahezu vollständig abwesend und wusstest in deiner Unbeholfenheit bestenfalls vage um die Einzelheiten ihres Zustands. Von deiner Arbeit aufgezehrt, von deiner Erziehung und deinem Geschlecht zögerlich gemacht und sowieso voller Sehnsucht nach der anderen Frau, die unerreichbar für dich war, bezahltest du bereitwillig, was eben zu bezahlen war, aber mehr tatest du nicht.
    Doch mit dem Heranwachsen deines Sohnes hast du dich verändert. Medikalisiert, blutig und im Lärm von Schreien und dem Geruch von Desinfektionsmitteln durchgeführt, war seine Geburt wie ein Tod. Sie erschütterte dich. Und langsam erschloss sie ein vergessenes Gefühlsvermögen. Das Vatersein hat dich gelehrt, dass Liebe sogar noch in den mittleren Jahren praktikabel ist. Es ist möglich, die neu in deine Welt Gekommenen zu vergöttern, sich mit jenen, die nicht Teil deiner Vergangenheit gewesen sind, eine glücklich verschmolzene Zukunft vorzustellen, gleich, wie fortgeschritten du an Jahren bist. Und so versuchst du, mit dieser Weisheit bewaffnet, um deine Frau zu werben, kraft des Bandes, das euer Sohn ist, eine Familie aufzubauen, ihre Freude, ihr Lächeln und ihre Zärtlichkeiten wiederzugewinnen, sie von ihrem getrennten Bett, das parallel zu dem deinen steht, zurück an deine Seite zu locken.
    Doch als du anfingst, dich ihr wieder zuzuwenden, zu versuchen, sie wie mit neuen Augen zu sehen, als Erwachsene und Mutter und, ja, als etwas Wundersames, als Kriegerin, eindrucksvoll in ihrer reifenden Schönheit, ihrer unbezwingbaren Entschlossenheit, als du Gespräche mit ihr zu führen suchtest, sie an Arm, Wange, Schenkel streicheln wolltest, musstest du feststellen, dass deine Frau kein Interesse mehr hatte. Nie hat sie dich im Zorn angeschrien. Tatsächlich bekundet sie weiterhin eine wohlerzogene Anteilnahme für dein Alter, das mit deiner Litanei kleinerer Gebrechen, die vom Rückgrat über die Zähne bis zu den Knien reichen, nun immer weiter von dem ihren entfernt scheint. Doch sie meidet Gespräche mit dir, die nicht praktischer Natur sind, und findet deine Versuche, sie solcherart in Anspruch zu nehmen, bedrückend, als verletzten sie die Bedingungen eurer Waffenruhe. Der Fokus ihrer Aufmerksamkeit liegt anderswo, auf eurem Sohn und auf ihrer Gruppe religiös gesinnter Aktivistinnen.
    In deren Gesellschaft befleißigt sie sich eines Ernstes, der über ihr Alter hinausgeht, und sie genießt ihre einflussreiche Stellung, obwohl ja viele älter sind als sie. Ihre juristische Ausbildung und ihr relativer Wohlstand verschaffen ihr natürlich einen dienlichen Vorteil, vor allem aber sind es ihre Haltung, ihr unabhängiges Feuer und ihre offensichtliche Furchtlosigkeit, worum andere sich scharen, dazu ihre entwaffnende Wärme, die, hochbegehrt, nur wenigen Glücklichen zuteilwird.
    Dir ist

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