So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
auffängt, vereinzelte Wolken auf ihrem raschen Flug am Himmel ihre Farben immer wieder neu pixeln. Du naschst winzige Schokoladen und eine Auswahl exotischer Beeren, zu fein jedoch, um davon auch nur halbwegs satt zu werden, und du denkst: Das muss der Erfolg sein. In der Ferne kannst du die Docks erkennen. Dort warten deine Maschinen.
In gleicher Entfernung, dir aber unbekannt und in entgegengesetzter Richtung die Küste entlang, liegt das Anwesen des hübschen Mädchens. Sie sitzt an ihrem Sportbecken im Schatten eines Baumes, trägt einen beigefarbenen Badeanzug und eine Retrosonnenbrille und trinkt durch einen biegsamen Strohhalm einen zuckerfreien Fruchtsaft. Sie ist gerade von einer Reise durch etliche Halbinseln und Archipele zurückgekehrt, die jüngste der einmonatigen Einkaufsfahrten, die sie nun halbjährlich unternimmt und die üblicherweise pro Reisewoche wenigstens zwei Wochen für die Beschaffung der Visa erfordern.
Ihr beide nehmt bei diesem Besuch wieder Verbindung auf, wenigstens tangential, durch einen Manager, der tagsüber im Frachtgeschäft seiner Familie arbeitet, abends dagegen eine feste Größe in der Kunst- und Modeszene ist. In seinem Büro siehst du, während er dir erzählt, welches Glück du hast, dass dein Bürokrat bei Zollkollegen interveniert hat, damit sie deine Güter schneller durch die Importkontrollen schleusen und deine Lagergebühren minimieren, auf dem Schreibtisch ein Foto von ihm bei einer Preisverleihung inmitten einer Schar Prominenter. Du fragst ihn beiläufig, ob er denn das hübsche Mädchen kenne, worauf er sagt, o ja, er kenne sie wohl.
Von ihm erfährst du, denn sie war schon längere Zeit nicht mehr im Fernsehen zu sehen, dass es ihr gut geht, dass sie ebenfalls viel zu tun hat, dass sie ein Geschäft für hochwertige Innenausstattung hat, und auch, denn er hat für derlei Dinge einen Blick und weiß sofort, dass deine Behauptung, nur ein alter Bekannter zu sein, nicht die ganze Wahrheit ist, dass sie mit einem prominenten und unlängst verwitweten Architekten liiert ist.
Für dich rücken diese Bemerkungen sie deutlich in den Blick, auch wenn dieser Blick nur ein Produkt von Erinnerung und Fantasie ist, und du verspürst etwas Starkes, was es genau ist, weißt du nicht so recht, ob Glück oder Trauer, keines von beiden oder beides, aber etwas Starkes, eine atemraubende Empfindung, ein Gefühl wie Asthma, als wärst du außerstande, die Lungen zu entleeren. Die Reaktion des hübschen Mädchens ist nicht viel anders, als der Spediteur sie einige Wochen später bei einem Nachmittagsempfang am Meer entdeckt und, begierig, mit ihr zu plaudern, zu ihr schwebt in der Gewissheit, dass sie über den Namen, den er gleich fallen lassen wird, mehr als überrascht ist, wie von einem gurgelnden Furz während einer leidenschaftlichen Umarmung.
Und so erfährt das hübsche Mädchen, dass du Vater geworden bist, in gewisser Weise eine ironische Koinzidenz, obwohl sie ja nie Kinder wollte, denn seit kurzem ist sie in den Wechseljahren, und auch, dass dein Geschäft floriert und dass du noch immer ein bisschen sexy wirkst, etwas Derb-Männliches, einen Hauch Ungehobeltheit, eine hüftschwingende Grobheit an dir hast, die überhaupt Leuten aus deiner Binnenprovinz gemein ist, und so unverschämt scharf bist, was hierzulande fehlt. Sie lächelt über diese Beschreibung und bittet um mehr, entscheidet sich dann aber dagegen, die Einzelheiten ihrer Vergangenheit mit dir preiszugeben, wenn auch aus keinem anderen Grund als dem, dass sie noch mit niemandem darüber gesprochen hat und es nach all den Jahren unnatürlich scheint, damit anzufangen. Sie sagt nur, dass ihr vor langer Zeit einmal etwas miteinander hattet.
Sie selbst ist einigermaßen zufrieden. Ihre Wandlung von Fernsehköchin über Besitzerin eines Ausstellungsraums für Designerküchen zu Händlerin internationaler Möbelunikate und teurem Schnickschnack hat nicht ohne Schwierigkeiten stattgefunden. Jetzt aber brummt ihr Geschäft ganz ordentlich, sie hat eine hervorragende Assistentin, eine gebildete, geschiedene Frau, die immer Zeit hat, sie auf ihren ausgedehnten Auslandsreisen zu begleiten und für sie zu übersetzen, Reisen, die das hübsche Mädchen genießt, da sie für sie ein Abenteuer sind, und was ihre Liebschaften betrifft, nun, die waren in letzter Zeit nicht sonderlich überbordend, aber immerhin gibt es sie noch.
Als sie mit dem Spediteur über dich spricht und dabei zwei traditionell gewandeten
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