So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

rauskommt. Überall. Im Garten. In der Küche. Im Bad. Trinkbares Wasser. Wenn Sie in die Phase zehn wechseln, dann wird es so sein, als kämen Sie in ein anderes Land. Einen anderen Kontinent. Als wären Sie nach Europa geflogen. Oder Nordamerika.«
    »Ohne das Land zu verlassen«, sagt dein Schwager.
    »Exakt. Ohne das Land zu verlassen. Sie sind dann immer noch hier. Aber in einer sicheren, mit einer Mauer umschlossenen, nachts erleuchteten, lärmgeschützten, perfekt regulierten Version von dem hier. Eine Inspiration für die gesamte Nation und auch für unsere Mitbürger im Ausland. Wo selbst das Wasser so gut ist wie das beste. Weltklasse.«
    »Sagenhaft.« Dein Schwager salutiert noch, um es zu unterstreichen.
    »Ist das machbar?«
    »Ja.«
    Der Brigadegeneral lächelt. »Korrekte Antwort. Wir wissen, dass es machbar ist. Wir wollen jetzt nur noch wissen, wer es machen kann. Wer unser Partner vor Ort sein kann. Wir gründen ein Tochterunternehmen eigens für Wasser. Wir werden internationale Top-Berater haben. Aber wir brauchen jemanden, der das durchführen kann, jemanden mit einer Erfolgsbilanz in dieser Stadt. Weswegen Sie bei uns in der engeren Auswahl sind. Es wird unsere Marke sein, unser Gesicht in der Öffentlichkeit. Natürlich. Aber allein können wir es nicht, noch nicht. In der Zusammenarbeit mit uns lässt sich hervorragend Geld verdienen, besonders, solange wir Fahrt aufnehmen.«
    »Wir freuen uns sehr über diese Chance.«
    »Ach ja?« Der Brigadegeneral sieht spitz zu dir her, da du das Gespräch bislang schweigend verfolgt hast. Er erkennt in dir sofort den alten Hasen, und er glaubt zu wissen, was du denkst. Es gibt ernste technische Herausforderungen, nicht zuletzt die, dass der Grundwasserspiegel unter der Stadt Jahr für Jahr absinkt und immer mehr kontaminiert wird, da giftige Chemikalien und biologische Toxine einsickern wie Streckungsmittel in die kollabierende Ader eines Heroinjunkies. Es wird schweres Gerät für die Wasserentnahme und Reinigung gebraucht, zudem aller Wahrscheinlichkeit nach auch ein Plan, wie Wasser aus Kanälen entnommen werden kann, die der Landwirtschaft vorbehalten sind, heiß umkämpftes Wasser, das selbst schon mit Pestiziden und Überdüngung belastet ist.
    Doch er vermutet, dass du nicht wegen dieser Hemmnisse nachdenklich wirst. Nein, denkt der Brigadegeneral, du bist misstrauisch, weil du ganz genau weißt, dass die Fronten sich sehr schnell verändern, wenn militärnahe Unternehmen auf den Markt drängen. Wir erhalten Genehmigungen, die sonst niemand bekommt. Für uns wird der Papierkrieg mühelos beendet. Und tobt dafür bei der Konkurrenz. Daher können wir schnell reagieren. Was uns in der Wirtschaft zu gefährlichen Gegnern macht. Aber unsere Projekte werden dadurch auch aufregender. Und in diesem Fall ziehen wir das durch, ob du mitmachst oder nicht. Es ist daher sicher besser, mit uns zu sein als einer der Dienstleister, die wir zur Seite räumen. Außerdem bieten wir, jedenfalls auf kurze Sicht, schlicht zu viel Kohle, als dass du das einfach so sausen lässt.
    »Ja«, sagst du zwangsläufig und wie erwartet.
    Der Brigadegeneral nickt. »Sehr gut. Anfang nächster Woche haben Sie die Ausschreibung. Meine Herren.«
    Er erhebt sich, womit die Sitzung beendet ist.
    An jenem Abend verlässt einer der vier uniformierten Securityleute mit seiner Pumpgun das Häuschen neben deinem Stahltor, um sich auf einen Patrouillengang entlang der Umgrenzung deines Anwesens zu machen. Zu zweit in zwei Zwölfstundenschichten, bilden die Wachmänner neben hohen, mit Bandstacheldraht bewehrten Mauern zusammen mit deiner Neun-Millimeter-Automatic in der abgeschlossenen Schublade deines Schreibtisches eine Schlüsselkomponente der Maßnahmen, die du ergriffen hast, um dein Anwesen gegen mögliche Einbrecher, Kidnapper und hinterhältige Geschäftsrivalen zu verteidigen, ständige Bedrohungen, die dein Reichtum mit sich bringt. Dieser Wachmann, ein pensionierter Infanterist, lebt von einer Kombination aus seinem Lohn von einem Sicherheitsdienst, seinem Urlaubsgeld von dir sowie seiner Militärpension. Als Gegenleistung für Letztere, vielleicht auch aus einem doch nicht so ausgeprägten Tauschpatriotismus stellt er seine Augen und Ohren weiterhin der nationalen Sicherheit zur Verfügung, was ihn zu einem winzigen Teil jener riesigen Bienenstöcke heimlicher menschlicher Kräfte macht, die nicht nur in deiner Stadt summen, sondern in allen Städten und allen Ländern auf der