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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Trommelwirbel fluteten, als wollten sie ihn zerbrechen. Hinter Bar Nergal verfielen die Priester in einen immer lauteren, aufpeitschenden Gesang, und ihre Oberkörper zuckten und pendelten, um den tranceartigen Zustand herbeizuzwingen, der die Furcht besiegen konnte.
    Mit dem letzten langgezogenen, grellen Ton des Horns kam ein Grollen aus der Tiefe der Erde.
    Charru biß die Zähne zusammen.
    Er, Karstein und Camelo hatten dies alles schon einmal gesehen. Auch für sie blieb es erschreckend, doch Gillon und Gerinth mußte es bis in die Tiefen aufwühlen. Die Augen des alten Mannes hatten sich verschleiert. Gillon von Tareth schloß die Faust um den Schwertgriff. Beide starrten stumm und wie gebannt auf die Felswand, in der sich von einer Sekunde zur anderen ein Riß zeigte.
    Langsam, begleitet von ohrenbetäubendem Krachen und Knirschen, öffnete sich das Tor im Fels.
    Schwarz gähnte die Höhle dahinter. Und schwarz, bedrohlich und riesig trat der Götze daraus hervor, der seit so langer Zeit die Herzen und Hirne der Priester beherrschte.
    »Jetzt!« flüsterte Charru.
    Wie ein Pfeil schnellte er hoch, glitt zwischen die Felsenzacken und sprang. Angst krallte sich in ihm fest, aber seine Muskeln und Sehnen gehorchten. Ein paar Schritte neben dem schwarzen Ungeheuer kam er auf, preßte den Rücken gegen die Felswand und zog das Schwert aus der Scheide.
    Sein Blick hing an der Schreckensgestalt, die ihn um eine ganze Körperlänge überragte.
    Federnd landete Camelo neben ihm, dann Gerinth, Gillon, als letzter Karstein. Keiner von ihnen zögerte. Schnell und lautlos huschten sie in die Höhle, tasteten sich eilig weiter, und es war kaum eine Sekunde vergangen, als auch Charru in die undurchdringliche Schwärz tauchte.
    Einen Herzschlag später geschah das, was er befürchtet hatte.
    Jäh verstummte die dröhnende Stimme des Götzen.
    Die schwarze Schreckensgestalt fuhr herum. Es war ein Mensch, der die Rolle des Gottes spielte. Ein Mensch, der sehen und hören konnte - und der begriff, was da hinter seinem Rücken geschehen war.
    Eine. Sekunde lang schien er verwirrt und unschlüssig.
    Dann tappte er mit seinem schwerfälligen Schritt zurück in die Höhle, den Flüchtenden nach. Krachend schloß sich das Felsentor. Ein schauerliches Gebrüll erfüllte den Gang, und in der Finsternis begannen die weißglühenden Blitze aus den Augen des Götzen zu zucken.
    Jemand schrie auf.
    Charru preßte sich gegen die Felswand, das Schwert in der Faust, und starrte mit hämmerndem Herzen das schwarze Ungeheuer an. Es war doppelt so groß wie er selbst, sicher mit schrecklichen Waffen ausgestattet.
    Aber es war ein Mensch, es war verletzlich - sie durften jetzt nicht aufgeben.
    Wieder erklang das donnernde Gebrüll.
    Schattenhaft ließ der Widerschein des Blitzgewitters die Umrisse des Götzen erkennen. Charru stieß sich von der Wand ab und schnellte blindlings auf den unheimlichen Gegner zu und versuchte, ihm mit aller Kraft das Schwert in den Leib zu stoßen.
    Leicht und glatt glitt die Spitze der Waffe durch das Material der schwarzen Rüstung.
    Die klinge bohrte sich tief ins Fleisch, das drohende, seltsam unnatürliche Gebrüll verstummte. Charru fühlte die Gestalt erschlaffen und haltlos zurücktaumeln. Mit einem Ruck riß er das Schwert aus der Wunde. Der Götze schwankte, brach auf die Knie, und halb erstickt unter der schwarzen Maske erklang der qualvolle Todesschrei eines Menschen.
    Reglos blieb die Gestalt auf den Felsen liegen.
    Bar Nergals schwarzer Gott existierte nicht mehr. Der Weg war frei - und jetzt erst bemerkte Charru den Lichtschimmer, der vom Ende des Gangs zu ihnen drang und die Höhle erhellte.
    *
    Wie versteinert starrte der Oberpriester die glatte schwarze Felswand an.
    Das Tor war geschlossen. Der Gott hatte nicht gesprochen, hatte nicht gezeigt, ob er zürnte oder gnädig war. Der Gott hatte sich abgewandt. Das war...
    »Erhabener!« wimmerte eine Stimme.
    Bar Nergal fuhr herum.
    Haß, Furcht und Fassungslosigkeit mischten sich in seinen Augen zu einem wilden Lodern. Der Akolyth, der ihn anzusprechen gewagt hatte, sank zitternd auf die Knie und berührte mit der Stirn den Boden.
    »Sprich!« fauchte der Oberpriester. »Was hast du gesehen? Sprich, oder beim nächsten Mal werden wir die Götter mit deinem Blut herbeirufen!«
    »Ein Geist, erhabener... Charru von Mornags Geist...im Tor der Götter...«
    An den Haaren zerrte Bar Nergal den Akolythen hoch.
    Der Unglückliche zitterte an allen Gliedern

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