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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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allein in einer fremden Welt stehen, gegen das überlegene Wissen und die überlegenen Waffen einer anderen Rasse. Aber auch jene Fremden waren nur Menschen. Man konnte sie überraschen, man konnte ihre Waffen rauben, und man konnte Geiseln nehmen. Charru war entschlossen, die Zerstörung des Mondsteins und die Befreiung seines Volks zu erzwingen. Aber er ahnte, daß dabei viele sterben würden, und er wollte nicht handeln ohne das Einverständnis aller.
    »Charru«, sagte Camelo leise.
    »Ja?«
    »Glaubt du, daß wir... daß wir die Priester überzeugen könnten?«
    »Nein!«
    »Aber sie sind Gefangene wie wir! Sie sind nicht schuldig. Oder?«
    »Nein, sie sind nicht schuldig. Nur würden sie uns nicht glauben. Es wäre sinnlos.«
    »Wahrscheinlich. Sie haben Vernichtung und Tod über uns gebracht, und nun bringen wir vielleicht Vernichtung und Tod über sie.«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was geschieht, wenn der Mondstein zerstört wird. Ich weiß nicht, ob es überhaupt gelingen kann, ihn zu vernichten.«
    Camelo schwieg.
    Seine Finger glitten über die Grasharfe an seiner Hüfte. Eine leise, fremdartige Melodie erklang. Charru lauschte sekundenlang, dann lächelte er. Sein Blutsbruder war in Gedanken schon in jenem grenzenlosen Raum mit den Sternen.
    Schritte erklangen.
    Leise, huschende Schritte, dann schälten sich Schatten aus dem Buschwerk. Auch die Frauen von Mornag hatten gelernt, sich unsichtbar zu machen. Tanit trug ihr Kind auf den Armen. Katalin und Shaara waren verletzt, sie hatten gegen die Priester gekämpft, mit den Schwertern, die sie aus den Fäusten der Gefallenen genommen hatten. Ihre Wortführerin war Ingaret von Thorn, Brak von Thorns Witwe, eine der stillen, harten Frauen des Tieflands, die nie klagten und immer hofften.
    Ihre Stimme klang ruhig. »Heil, Fürst von Mornag! Du hast gefragt, ob wir mitgehen werden, wohin du gehst. Wir werden mitgehen. Wir alle! Nenne uns den Weg!«
    »Es ist kein Weg, den wir alle gehen können. Eine kleine Gruppe von uns wird versuchen, durch das Tor der Götter zu entkommen und den Mondstein zu zerstören. Aber keiner von uns kann vorhersagen, was dann geschieht. Vielleicht ist es eine Katastrophe, die viele das Leben kostet.
    »Wenn wir bleiben, werden die Stämme alle sterben.«
    »Wir könnten uns beugen und...«
    »Das meinst du nicht wirklich«, sagte die Frau bestimmt. »Ehe wir die Sklaverei wählen, gehen wir mit unseren Kindern in die ewigen Flammen, wir alle. Aber warum haben uns Gerinth und Tanit nicht die Wahrheit gesagt?«
    »Weil dies der einzige Ort ist, an dem wir nicht belauscht werden können«, sagte Charru.
    »Belauscht von - jenen anderen?«
    »Ja.«
    Die Frau nickte. In ihren bernsteinfarbenen Augen, den Augen der Sippe von Thorn, konnten sich Sanftmut und Härte gleichermaßen spiegeln.
    »Wir folgen dir«, sagte sie ruhig. »Wenn es unser Tod ist, dann ist es kein sinnloser Tod, dann sterben wir für die Freiheit unseres Volkes. Und ich weiß, daß alle anderen genauso denken.«
    Sie behielt recht.
    Die Stämme waren bereit, auch wenn es viele gab, die die Wahrheit nicht glauben konnten. Nacheinander kamen sie: Jarlons Freunde, Gerinth mit dem Rat, Gillon von Tareth, Karstein und Kormak mit den Nordmännern. Ihr Entschluß stand fest - und ihre Augen funkelten triumphierend auf, als sie hörten, daß der Weg nicht mehr gesucht werden mußte.
    Suchen würden sie nur zum Schein, um von ihren wahren Absichten abzulenken.
    Ob sie die Beobachter täuschen konnten - das war die wichtigste Frage. Immer wieder glitt Charrus Blick zu der Kuppel hinauf. Er erinnerte sich, wie er draußen gestanden und in seine winzige Welt hineingestarrt hatte. In der Dunkelheit war es schwierig gewesen, Einzelheiten zu erkennen - und das würde heute nacht nicht anders sein.
    »Und wen nehmen wir mit?« wollte Camelo wissen. »Karstein? Jarlon?«
    »Nicht Jarlon. Ich will ihn nicht schonen, aber...«
    »Das weiß ich. Er ist zu jung und zu hitzköpfig.« Camelo schwieg, und seine Finger glitten über die Grasharfe an seinem Gürtel. »Laß uns Gerinth mitnehmen, Charru.«
    »Gerinth?«
    »Er kennt die alten Legenden. Und wir wissen ja jetzt, daß diese Legenden mehr als nur Märchen sind. Vielleicht kann uns das helfen.«
    »Also gut. Gerinth, wir beide, Karstein und Gillon. Einverstanden?«
    Camelo nickte nur.
    Stumm starrte er in die blaue Kuppel, stellte sich die endlose Weite dahinter vor und wünschte sich, daß die Dämmerung schnell kommen

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