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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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für rechts und links, Grau für vorwärts und das giftige Lila für rückwärts, Schwarz und Weiß für Beschleunigung und Bremsung, die auch beim Start und bei der Landung gebraucht wurden. Es war die Einfachheit selber jedenfalls für jemanden, der daran glaubte, daß sich ein Gebilde aus Metall tatsächlich in die Luft erheben konnte.
    Ein kleiner Hebel links neben dem Pilotensitz sorgte dafür, daß sich die gläserne Kuppel wieder über sie senkte.
    Camelos Hände glitten über die durchsichtige, gewölbte Fläche. Es war kein natürliches Material. Charru erinnerte sich seines eigenen Staunens, als er es zum erstenmal berührt hatte: Glatt und sanft, nicht kalt wie die Metalle, nicht warm und lebendig wie Holz. Es mußte ein Stoff sein, der sich leicht bearbeiten ließ und sich jeder Form fügte, der in großen Mengen vorhanden war, denn hier auf dem Mars schien die halbe Welt daraus zu bestehen.
    »Glaubst du wirklich, daß wir fliegen können?« fragte Camelo in einem seltsam ungewissen Tonfall zwischen Spott und Faszination.
    »Wenn dieser Rouver nicht gelogen hat - ja!«
    Charrus Stimme klang hart.
    Er sah Karsteins Schatten neben dem Fahrzeug, während er entschlossen erst den roten und dann den schwarzen Knopf niederdrückte. Seine Muskeln verkrampften sich. Mit jeder Faser spürte er das leise Vibrieren, das durch die Maschine lief. Etwas geschah. Unter seinen Händen erwachte etwas zum Leben, wie ein Tier, das sich aufbäumt. Der Gleiterjet ruckte, erbebte und von einer Sekunde zur anderen schien die glatte graue Fläche des Platzes zu schaukeln.
    Karsteins hohe Gestalt verschwand.
    Der Boden schwebte davon.
    Oder nein, nicht der Boden. Sie waren es, die schwebten. Die Maschine trug sie nach oben. Sie flogen, sie stiegen und stiegen, immer höher...
    Schweißtropfen perlten auf Charrus Stirn, als er den Knopf drückte, der die Bewegung bremsen mußte.
    Und jetzt noch der graue Knopf...
    Vorwärts!
    Das Fahrzeug sackte ein wenig ab, schien sich zu schütteln und begann dann, gleichmäßig und sacht durch die Luft zu gleiten.
    Es flog.
    Es gehorchte den Befehlen, gleichgültig dagegen, wer diese Befehle gab.
    Charru starrte durch die gläserne Kuppel. Die rote Steppe dehnte sich unter ihm. Er sah die Türme von Kadnos, er spürte das Vibrieren der unwiderstehlichen Kraft, die ihn trug, und ein paar Herzschläge lang hatte er das Gefühl, über unbegrenzte Macht zu gebieten.
    »Wir fliegen«, flüsterte Camelo neben ihm. »Es ist wahr! Wir fliegen! Wir könnten diesen ganzen Stern umkreisen.«
    Charru antwortete nicht.
    Seine Augen hingen an der weißen, traumhaften Kulisse der Stadt. Er dachte an die Gefangenen in der Klinik, an die schwarzen Wächter, und er wußte, daß auch diese Nacht mit Blut und Tod enden würde.
VI.
    Langsamer...
    Unsichere Finger, die über Knöpfe und Hebel gleiten, bis sich die Geschwindigkeit verringert, loslassen, bevor das Fahrzeug stehen bleibt.
    Kann es das - in der Luft stehen bleiben? Reglos über der roten Ebene hängen, mit gebändigter, gleichsam schlummernder Kraft? Kann es warten? Vergönnt es noch eine Atempause, ein paar Augenblicke, um sich zu sammeln?
    Schweiß lief über Charrus Körper und tränkte das fremde Kleidungsstück, in das er sich gezwängt hatte. Er wußte, daß es Angst war: Die einfache Angst vor dem Unbekannten, vor den vielen Einzelheiten, nach denen er zu fragen vergessen hatte, vor dieser fliegenden Falle, von der er nicht wußte, ob er sie wieder heil auf den Boden bringen würde. Er biß die Zähne zusammen und zwang sich, den Knopf für die Vorwärtsfahrt niederzudrücken. Zwei Männer kehrten mit ihrem Gleiterjet vom Raumhafen in die Stadt zurück. Niemand würde Verdacht schöpfen. Aber jeder würde sich wundern, wenn die fliegende Maschine plötzlich innehielt, weil ihr Lenker die Stadtgrenze nicht zu überqueren wagte.
    Es war leicht...
    Die Schwierigkeiten würden erst anfangen, wenn sie aus der Klinik zurückkamen: Mit zwanzig Männern, Frauen und Kindern. Leben sie alle noch? Der Liquidationschef hatte es nicht gewußt. Manchmal gingen die Untersuchungen schnell, manchmal dauerten sie sehr lange.
    Charru versuchte, in dem Gewirr aus Türmen und weißen Häusern den Kuppelbau der Universität wiederzufinden.
    Neben ihm hatte sich Camelo vorgebeugt. Träumte er immer noch von den Sternen? Nein, dachte Charru. Camelo hielt das Lasergewehr schußbereit, hatte eine Hand in der Nähe des Kontakts, der die Glaskuppel über ihnen öffnen
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