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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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würde, und beobachtete aufmerksam die vereinzelten silbrigen Schatten auf den Straßen von Kadnos.
    Weiter!
    Unter ihnen lag die Brücke, schimmernd in Weiß und Silber. In der Nähe des Kanals patrouillierten Gestalten mit mechanischen, abgehackten Bewegungen. Wenn es die Wachroboter waren, dann hatten ihre Ortungsgeräte jedenfalls nichts Ungewöhnliches wahrgenommen. Der Gleiterjet schwebte über die Brücke hinweg. Er war schnell. Camelo hatte recht: Vielleicht konnte man mit diesem Fahrzeug wirklich den ganzen Planeten überfliegen und einen Platz suchen, an dem sie sicher waren.
    Später...
    Morgen oder übermorgen - wenn sie so lange lebten.
    Charru ließ den Gleiterjet höher steigen, da er es nicht wagte, zwischen den Türmen unterhalb des Transportnetzes mit seinen glitzernden Röhren zu fliegen. Weiß und schimmernd breitete sich das Häusermeer von Kadnos unter ihnen aus; eine Traumstadt, in der sich die Gefahren mit einer Maske der Schönheit tarnten.
    »Die Universität«, sagte Camelo.
    Ja, da war sie.
    Das Herz von Kadnos. Weiße Kuppeln, von Transportröhren und flachen, langgestreckten Gebäuden verbunden. Ein riesiger, unübersichtlicher Komplex, und in der Mitte, alles andere überragend, die Kuppel des Museumssaals, in dem die marsianischen Wissenschaftler zweihundert Jahre lang ein ganzes Volk unter ihrem Mondstein gefangen gehalten hatten.
    Jetzt gab es in diesem Saal nichts mehr außer Trümmern zu sehen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen hielt Charru den Gleiterjet an und drückte die beiden Knöpfe, die eine gebremste Abwärtsfahrt auslösen mußten. Er kannte den Platz, auf den sich das Fahrzeug langsam hinabsenkte. Dort, auf den Stufen der breiten Freitreppe, hatten die Überlebenden der Katastrophe gestanden und zum erstenmal in ihrem Leben die Sonne gesehen.
    Mit einem leichten Ruck setzte der Jet auf.
    Charru schaltete den Antrieb ab, das fast unhörbare Singen verstummte. Sie hatten den hohen, vibrierenden Ton schon kaum mehr wahrgenommen, jetzt legte sich die Stille wie ein Fremdkörper auf ihre Ohren. Ein rascher Blick: Der Platz war leer. Und die Häuser ringsum? Die Fenster? Falls jemand sie beobachtete, würde ihnen auch die marsianische Kleidung nichts nützen. Sie hatten Lasergewehre bei sich, und Waffen trugen in Kadnos nur Vollzugspolizisten.
    Aber vielleicht konnte man die dunkelblaue Farbe des Raumhafen-Anzugs aus der Entfernung mit den schwarzen Uniformen der Wachmänner verwechseln.
    Entschlossen drückte Charru den Hebel, der die Glaskuppel hochschwingen ließ. Sie kletterten aus dem Gleiterjet, nahmen die Waffen aus der Transportmulde, schlossen das Fahrzeug wieder. Noch einmal blickten sie sich aufmerksam um, dann zwangen sie sich, ohne besondere Hast den Platz zu überqueren und die Treppe hinaufzusteigen.
    Lautlos glitt die Tür vor ihnen auseinander.
    Das kühle blaue Licht der Leuchtwände erfüllte die Halle. Sie lauschten. Nichts war zu hören. Im Museum gebe es nachts keine Wächter, hatte der Liquidationschef gesagt.
    Langsam ging Charru voran einen Weg, den er schon zweimal zurückgelegt hatte. Beim erstenmal von gestaltlosem Grauen geschüttelt, weil die Welt, aus der er entronnen war, im Nichts verschwunden schien. Beim zweitenmal hatte er Camelo und Karstein, Gerinth und Gillon geführt und schon gewußt, daß ihre Welt nur eine Halbkugel aus Mondstein war, die in einem Museumssaal Platz hatte. Jetzt war dieser Saal leer. Charru blieb stehen, starrte auf den Sockel aus Felsen, die Reste der winzigen Pumpstation, die noch zu sehen waren, und fühlte nichts als Bitternis.
    Hunderte von Menschen waren hier gestorben, als der Mondstein über dem Tempeltal und der Steppe zusammenbrach.
    Es war nicht die Absicht der Marsianer gewesen, ihr Spielzeug zu zerstören. Die Wachmänner hatten nur die Flüchtlinge töten wollen, die sich um die Kuppel drängten. Charru sah noch vor sich, wie der rotglühende Strahl aus der Laserwaffe in den Mondstein schnitt, wie die Tempelpyramide in einem Feuerball verging und die winzigen Figürchen in den Priesterroben schreiend zu Boden stürzten.
    Camelo fuhr sich mit der Hand über die Augen.
    »Ich begreife es immer noch nicht«, sagte er leise. »Ich begreife nicht, wie sie das tun konnten. Ein ganzes Volk... versklavt, von falschen Göttern terrorisiert, sinnlos in Kriege und Katastrophen gestürzt...«
    Charru legte ihm die Hand auf die Schulter. »Komm! Wir müssen die Klinik finden.«
    Sie gingen weiter.
    Nur noch ein kurzes
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