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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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würden.
    »Landen Sie!« sagte Nord knapp. Er glaubte nicht, daß die Terraner blindlings auf den Jet schießen würden, aber er war nicht sicher. Nach allem, was diese Menschen mit dem marsianischen Vollzug erlebt hatten, wäre es verständlich gewesen, wenn sie kein Polizeifahrzeug in ihre Nähe ließen.
    Nord machte sich klar, daß seine Verhandlungsposition nicht die beste war. Die Terraner hatten ihn freigelassen und waren zum Dank dafür wie Tiere gejagt worden. Das endlose Herumirren durch die Liquidationszentrale mußte ein Alptraum gewesen sein. Nord versuchte flüchtig, die Technik der Liquidierung, die ihm von Kindheit an vertraut war, mit den Augen der Barbaren zu sehen: willenlose Marionetten, die von Transportbändern dem Tod entgegengetragen wurden wie Schlachtvieh...
    Der Jet setzte auf.
    Sichtlich zögernd betätigte der Pilot den Kontakt, der das Kuppeldach hochschwingen ließ. Nord lächelte matt, als er ausstieg.
    »Sie können zurückfliegen«, sagte er. »Ich werde den Weg später allein finden.«
    »Aber Gouverneur...«
    »Fliegen Sie! Ihre Anwesenheit würde die Verhandlungen nur erschweren.«
    Die beiden Männer versuchten vergeblich, ihre Erleichterung zu verbergen, als sie den Jet wieder schlossen.
    Nord wartete, bis das Fahrzeug abgehoben hatte und sich in Richtung Kadnos entfernte. Sein Blick wanderte zu den stillen weißen Häusern. Vermutlich hatten die Terraner Wachen aufgestellt, Landung und Start des Polizeijets beobachtet und ihn längst entdeckt. Der Venusier fragte sich, was ihn eigentlich so sicher machte, daß sie ihn nicht einfach töten würden. Auf was verließ er sich? Er wußte es selbst nicht genau, aber er wußte auf jeden Fall, daß es im Widerspruch zu Simon Jessardins Meinung über die Gefährlichkeit dieser Barbaren stand.
    Und Jessardin selbst?
    Er hatte sich diesmal nicht auf die Wissenschaft verlassen, sondern auf etwas Irreales, völlig Ungreifbares: auf Conal Nords Gefühl, daß es eine Möglichkeit gab, friedlich zu verhandeln. Der Venusier lächelte leise. Später, wenn der Rat die Verhandlungen sanktionieren mußte, würde man die Psychologen bemühen, um die Aktion wissenschaftlich zu untermauern. Sie würden es schwer haben. Denn Nord kannte die Prognose der Psychologischen Fakultät. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde demnach erwartet, daß die Terraner ihre erbeuteten Waffen einsetzten, sobald sich ihnen jemand auf Schußweite näherte.
    Der Venusier war jetzt auf Schußweite heran.
    Nichts geschah.
    Er hatte das Gefühl, beobachtet zu werden, das war alles. Langsam ging er durch das kniehohe Gras, folgte dem dunklen Band des Kanals - und fuhr zusammen, als er schräg hinter sich ein Rascheln hörte.
    Es gelang ihm, sich ruhig umzuwenden.
    Sein Herzschlag beschleunigte sich angesichts der breiten, funkelnden Klinge, die nah genug war, um ihn mit einem schnellen Stoß zu durchbohren. Einen Moment lang empfand er beim Anblick der barbarischen Waffe das gleiche kalte Entsetzen, das John Rouver dazu gebracht hatte, alles zu verraten, was man von ihm wissen wollte. Nord begriff nicht, wie der Mann unbemerkt so nah hatte an ihn herankommen können. Ein hünenhafter, in Leder und Fell gekleideter Mann, dessen Namen er schon gehört hatte.
    Karstein, fiel ihm ein.
    Ein hartes, bärtiges Gesicht. Graue Augen, in denen ohnmächtiger Zorn brannte. Seine Faust umspannte den Schwertgriff so hart, daß die Knöchel weiß unter der braunen Haut hervortraten.
    »Du Hund!« flüsterte er. »Du verräterischer, wortbrüchiger Hund!«
    »Ich bin allein«, sagte Conal Nord ruhig. »Ich kann dich nicht hindern, mich zu töten. Aber ich bin hier, um mit Charru von Mornag zu sprechen.«
    Karsteins Augen loderten.
    Er glaubte wieder, die landenden Polizeijets zu sehen, die Tod und Verderben spuckenden Strahlenwaffen, denen sie hilflos ausgeliefert waren. Der Mann in der Tunika hatte es gewußt, als sie ihn freiließen gegen das Wort seines Präsidenten, sie unbehelligt ziehen zu lassen. Er hatte es gewußt, und jetzt stand er hier. Allein und unbewaffnet! Es war dieser unbestreitbare Mut, der Karsteins Zorn dämpfte und ihm seine Beherrschung zurückgab.
    »Fürchtest du nicht, daß man dich in Stücke reißen wird?« stieß er durch die Zähne. »Du hast uns belogen und verraten!«
    »So ist es wohl. Ich hatte meine Gründe, aber ich erwarte nicht, daß ihr sie akzeptiert.«
    »Und trotzdem bist du gekommen? Warum?«
    »Um mit euch zu reden. Bring mich zu

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