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Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung

Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung

Titel: Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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berührt, als müsse man sich vergewissern, daß sie wirklich da waren. Für Minuten kam in die ausdruckslosen Augen ein schwacher Abglanz von Leben. Ein paar der Eingeborenen staunten und lachten wie Kinder. Sie begriffen nichts, stellten keine Frage, aber der fassungslose Blick des Marsianers verriet, daß der unheimliche Bann tatsächlich einen Riß bekommen hatte.
    Konnte man ihn völlig brechen?
    Charru zweifelte daran. Die Menschen, die ihn umringten, wirkten wie plappernde, träumende Kinder, die einer halb vergessenen Erinnerung nachhingen. Sie waren schon zu lange Sklaven. Sie waren verkrüppelt nicht ihre Körper, sondern ihre Herzen und Hirne.
    Einer von ihnen hielt mit ausdruckslosem Lächeln einen Würfel Nahrungskonzentrat auf der flachen Hand; eine Geste der Gastfreundschaft, auch das ein Teil versunkener Erinnerungen. Krieger seien sie gewesen, hatte der Marsianer erklärt. Charrus Schultern spannten sich. Er dachte an die Spielzeug-Welt unter dem Mondstein, und der Zorn ließ seine verkrampften Kiefermuskeln schmerzen.
    »Danke«, sagte er rauh.
    Die erwartungsvollen Augen zeigten ihm, daß er den Würfel, den er genommen hatte, jetzt auch verzehren mußte. Er schmeckte süß, durchdringend süß, wie um einen anderen Geschmack zu überdecken - widerlich süß. Das Nahrungskonzentrat aus der Versorgungszentrale des Raumhafens hatte nach bekannten Dingen geschmeckt: nach der frischen Säure von Früchten, der würzigen Schärfe von Kräutern, dem milden, angenehmen Aroma bestimmter Wurzeln. Charru fragte sich, warum das hier anders war. Und gleichzeitig spürte er, wie die durchdringende Süße des Konzentrats in seinem Magen eine jähe, brennende Hitze erzeugte.
    Seine Gedanken verwirrten sich.
    Etwas überflutete seinen Körper, schien in sein Gehirn zu schwappen wie eine Woge - etwas Dunkles, Unerklärliches, das ihn zu lähmen drohte. Er starrte in die stumpfen Gesichter. Eben noch hatte er Zorn, Trauer und Empörung gefühlt. Jetzt schien das alles zu verschwimmen. Ihm war, als greife etwas tief in sein Hirn, ersticke seine Gefühle, zerre an ihm, wie um die letzte Spur seines Willens herauszureißen. Blitzhaft durchzuckte ihn die Erinnerung an das Schlafgas der Marsianer, jene Droge, die ihn bei seiner ersten Flucht aus dem Mondstein betäubt hatte. Da begriff er, auf welche Weise die Menschen vor ihm zu willenlosen Marionetten gemacht worden waren. Jähe Angst zerriß noch einmal den Vorhang, der sich über seinen Geist senkte.
    Er taumelte, warf sich herum. Camelos Gesicht schien wie in einem Nebel zu schwimmen. Mit verzweifelter Kraft packte Charru den Arm des Freundes und schüttelte ihn.
    »Das Konzentrat«, brachte er heraus. »Die Nahrung! Es ist - die Nahrung...Nimm nichts davon! Wir müssen hier weg, Camelo, Schnell...«

V.
    »Warte!«
    Eine Stimme, die in den Ohren dröhnte...Eine Stimme, die nichts zu tun hatte mit dem bronzenen Gesicht vor ihm und den verschleierten dunkelblauen Augen - Camelos Augen. Denn das Gesicht und die Augen waren ratlos, während die Stimme durch den ganzen Körper dröhnte, ihren Befehl wie eine Lanze tief in das gelähmte Hirn stach.
    »Warte hier! Einen Moment nur...«
    Die Faust löste sich von Charrus Arm, doch er blieb starr stehen, als banne ihn etwas an seinen Platz. Sein verschwommener Blick nahm Bewegung wahr: Camelo im Gespräch mit dem jungen Marsianer, stumme, reglose Eingeborene, in denen das kurze Strohfeuer der Erinnerung erloschen war. Das Bild bedeutete nichts. Charru hatte vergessen, warum er hier war, hatte vergessen, warum ein Teil seines Selbst immer noch dumpfen Zorn fühlte. Er war müde. Und zornig, aber nur, weil man ihn nicht in Ruhe ließ. Was ging ihn das alles an? Er wollte nicht denken, nicht beobachten und warten. Er wollte nur hier stehen...ruhig...still...ganz still...
    »Charru?«
    Camelos Gesicht, hart unter der Anspannung. Warum quälte er sich? Warum sang er nicht, warum spielte er nicht auf der Grasharfe? War er nicht der Sänger, der Barde? War das Leben nicht schön und leicht? Konnten sie nicht hierbleiben, mit allem versorgt? Hierbleiben, Solange es den Schwarzen Göttern gefiel?
    »Es gibt keine Schwarzen Götter!«
    Wer hatte das gesagt? Nicht Camelo - er schwieg. Wer sagte das? Charrus betäubter Geist lauschte den Worten nach. Eine Stimme aus seinem Innern. Eine Stimme, die sich nicht zum Schweigen bringen ließ. Es gibt keine Schwarzen Götter! Dies ist der Mars! Ich bin Charru, König von Mornag, Fürst der

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