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Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung

Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung

Titel: Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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gleichzeitig so wenig bereit sein konnte, sich zu wehren. »Es wäre einfach«, fuhr er fort. »Oder ist es gefährlich für euch, diese Karten in der Versorgungszentrale zu beschaffen?«
    »N-nein...«
    »Gut. Dann brauchen wir uns nur irgendwo zu treffen. Im alten Kadnos zum Beispiel. Das heißt, wenn es uns gelingt, einen Spiralschlitten zu bekommen. Zu Fuß ist es unmöglich.«
    »Einen Schlitten könnt ihr euch einfach nehmen. Den Ureinwohnern ist es gleichgültig, sie werden es gar nicht bemerken. Nur - man kommt während der Nacht zwar aus Kadnos heraus, aber nicht wieder hinein.«
    »Ich weiß. Aber es wäre doch möglich, mit der Rückkehr bis zum Morgen zuwarten, oder?«
    Milt Daved schwieg.
    Er wirkte verwirrt, fast benommen - als habe man ihn mit etwas ganz und gar Undenkbarem konfrontiert. Warum, fragte sich Charru kopfschüttelnd. Hatte er nie im Leben eine eigene Entscheidung getroffen und die Verantwortung dafür getragen? Konnte man - so überhaupt leben - in einer Welt, in der jeder Schritt vorgezeichnet war?
    Der Marsianer wurde einer Antwort enthoben.
    Vor ihnen schimmerte der Stacheldraht eines übermannshohen Zauns im roten Dunst. Das Tor stand offen, und dahinter wuchs erstes spärliches Dornengestrüpp. Sie hatten das Gebiet der alten Marsstämme erreicht, den Kerker, der sich Alpha-Reservat nannte.
    *
    Eine Hügellandschaft.
    Gestrüpp, niedriges Steppengras, fremdartige Bäume mit runden, dunkel glänzenden Blättern. Das Alpha Reservat war groß, die Bevölkerung auf mehrere Dörfer verteilt. In einer flachen Senke stießen sie auf eine dieser Ansiedlungen.
    »Halt«, sagte das Mädchen. »Ich muß hierbleiben.«
    Charru bremste den Schlitten ab. Links und rechts standen Hütten, glatte graue Würfel, jeder mit einer Tür und zwei Fenstern versehen. Der einzelne große Quader beherbergte vermutlich die Versorgungszentrale. Irgendwo im Schatten eines Baumes mit schirmartiger Krone gingen ein paar Frauen in grauen Tuniken einer nicht genau erkennbaren Tätigkeit nach. Ein Mann lehnte mit verschränkten Armen an einer Wand. Er trug nur eine Art grauen Lendenschurz. Das ausdruckslose Gesicht wirkte jung; die Sonne hatte die Haut dunkel gebräunt, aber die Gestalt war hager, schlaff, mit unentwickelten Muskeln und hängenden Schultern.
    Sara Mai huschte davon, ohne sich zu verabschieden.
    Der Schlitten rumpelte weiter. Jetzt pflügten die Spiralen nicht mehr durch Sand, sondern rollten über steinigen Boden. Charru sah sich um, suchte in der trostlos öden Landschaft nach Zeichen menschlichen Lebens. Es gab keine Felder, kein bebautes Land - nichts. Was die Menschen brauchten, wurde ihnen von den Versorgungszentralen geliefert. Man hatte ihnen jeden Grund genommen, für sich selbst zu sorgen. Und man hatte auch den Willen dazu in ihnen getötet.
    Die zweite Ansiedlung unterschied sich in nichts von der ersten.
    Charru lenkte den Spiralschlitten auf einen Platz neben dem grauen Quader der Versorgungszentrale, wo noch zwei weitere standen: unnütz und halb zugeweht von rotem Staub. Es mußte lange her sein, daß sie - wenn überhaupt -benutzt worden waren. Die beiden Terraner wollten sich nicht einfach so ein Fahrzeug nehmen, sondern es möglichst gegen irgend etwas tauschen. Aber sie begannen zu zweifeln, als sie den Überlebenden der alten Marsstämme zum erstenmal auf Armeslänge gegenüberstanden.
    Zwei magere Männer, die am Boden kauerten, die Rücken gegen die Wand einer Hütte gelehnt.
    Ihre Augen folgten den Fremden. Doch es waren stumpfe, gleichgültige Augen ohne Leben; Augen, wie sie Charru nur ein einziges Mal vor langer Zeit gesehen hatte: bei einem rebellischen Tempelsklaven, der von Bar Nergals Priestern gefoltert und die Große Mauer hinuntergestürzt worden war.
    Camelo blieb stehen.
    »Wer seid ihr?« fragte er zögernd.
    Sie sahen ihn an. Und antworteten - mechanisch wie Puppen.
    »Dreiundneunzig«, sagte der erste Mann mit einer monotonen, eigentümlich sanften Stimme.
    »Sechzig. Ich bin Sechzig«, murmelte der andere.
    Aber sie waren beide verhältnismäßig jung, sie konnten nicht von ihrem Alter sprechen. Camelo wandte sich um. Er hatte die Hände geballt, sein Gesicht brannte.
    »Sogar ihre Namen haben sie ihnen genommen«, sagte er. »Warum töten sie sie nicht? Das da ist - unmenschlich! Ein sauberer Tod wäre hundertmal besser!«
    Charru hob die Schultern.
    Sein Blick streifte Milt Daved. Der Marsianer hatte die Stirn gerunzelt. Nein, er begriff nicht. Für ihn waren

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