Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten
Gesicht verriet, daß er sich zu erinnern versuchte -aber es war eher, als spüre er einem halb versunkenen Traum nach. Mircea Shar ging neben ihm in die Hocke. Fragend sah er in die Runde, doch Charru konnte nur die Achseln zucken.
»Er irrte in den Tunneln herum«, sagte er. »Und er war, in Panik, mehr weiß ich auch nicht.«
»Dayel?«
»Sie sind da!« flüsterte der Junge. »Die Götter ...Die Unsichtbaren ...Sie wollen mich holen! Helft mir! Bitte, helft mir!«
»Niemand wird dir etwas tun, Dayel«, sagte Charru ruhig. »Was hast du gesehen?«
»Die Unsichtbaren! In dem goldenen Labyrinth ...In ihrem Reich ...«
»Wenn sie unsichtbar waren, konntest du sie nicht sehen«, sagte Charru sachlich.
Dayels Augen flackerten. Er zitterte am ganzen Körper.
»Zuerst - waren sie unsichtbar. Dann zeigten sie sich. Sie sind da! Sie sind hinter mir her! Sie wollen mich holen!«
Seine Stimme wurde schrill, brach dann mit einem keuchenden Laut ab.
Schlaff sank sein Kopf zur Seite. Er hatte wieder das Bewußtsein verloren. Mircea Shar blickte mit gerunzelter Stirn in das blasse, erschöpfte Gesicht und schüttelte den Kopf.
»Ich begreife das nicht! Was kann er gesehen haben?«
»Wahrscheinlich überhaupt nichts.« Charru zögerte. »Ich nehme an, daß er zufällig auf die Geheimtür gestoßen ist und sich in dem unterirdischen Labyrinth verirrt hat.«
»Aber das allein kann ihn doch nicht so in Panik versetzt haben.«
»Vielleicht doch, Mircea Shar. Er hat so lange an die schwarzen Götter geglaubt, war so lange daran gewöhnt, Höhlen und unterirdische Gänge als ihr Reich anzusehen ...«
Mitten im Satz verstummte er.
Der Falkenschrei hatte ihn unterbrochen, das Alarmzeichen. Vorsichtig ließ er den bewußtlosen Dayel zu Boden gleiten, sprang auf und erreichte mit wenigen Schritten die staubige, hitzeglühende Straße.
Zwei Minuten später war Konan zur Stelle, der die Wache an der Südseite der Stadt übernommen hatte.
Auf dem Platz mit den Säulen drängten sich jetzt auch die anderen. Konan sprach laut. Denn das, was er zu sagen hatte, mußte ohnehin jeder erfahren.
»Ein halbes Dutzend Jets! Sie kommen von Süden, aus Richtung Kadnos. Aber sie nähern sich sehr langsam - als ob sie etwas in der Wüste suchten.«
Lara, dachte Charru sofort.
Man hatte sie also doch vermißt. Und jetzt? Die Stille ringsum war tief und atemlos. Charru spürte die Blicke der anderen und spannte die Schultern.
»Sie kommen langsam?« vergewisserte er sich.
»Auffällig langsam«, bestätigte Konan. »Ich nehme an, sie werden in sicherer Entfernung landen, weil sie fürchten, daß wir sie sonst mit den Lasergewehren aus der Luft holen.«
»Dann bleibt uns noch Zeit«, sagte Charru. »Wir werden uns in das unterirdische Labyrinth zurückziehen.«
Camelos Kopf flog zu ihm herum. »Und wenn die Marsianer es kennen?«
»Dann haben wir da unten immer noch bessere Chancen als im offenen Gelände! Aber wenn sie es nicht kennen, werden sie uns nicht finden. Und dann werden sie uns auch in Zukunft nicht mehr hier unten vermuten, Camelo.«
»Die Jets! Wir können die Jets nicht da hinunterbringen!«
Charru überlegte blitzschnell.
Wenn die Marsianer das unterirdische Labyrinth nicht kannten, war das für sein Volk die erste wirkliche Chance. Die Fahrzeuge würden sie verraten, sie durften nicht hierbleiben.
»Wir bringen sie weg«, entschied er. »Jarlon, Karstein und Gillon, ihr fliegt mit den Jets nach Norden in die Wüste, möglichst weit weg. Bleibt bis Sonnenuntergang und kommt vorsichtig durch die Hügel zurück. Wenn die Luft rein ist, wird jemand auf der Nordmauer stehen und euch ein Zeichen geben.«
»Aye«, kam es dreistimmig.
»Schnell jetzt! Hardan, Kormak - sorgt dafür, daß keiner der Priester zurückbleibt!«
Die beiden Nordmänner nickten.
Gerinth und Mircea Shar wandten sich wieder der roten Ruine zu, um Dayel zu helfen. Karstein hatte sich bereits in den großen Gleiter der Verwaltung geschwungen. Jarlon nahm den Polizeijet, Gillon das dritte Fahrzeug, das ihnen in die Hände gefallen war, als sie Helder Kerr entführten. Sekunden später hoben sich die drei silbernen Maschinen ein Stück vom Boden, folgten einer der staubigen gepflasterten Straßen und verließen die Stadt durch einen Torbogen an der Nordseite.
Sie flogen tief, nutzten die Deckung von Felsblöcken und Bodenwellen, um sicherzugehen, daß der marsianische Suchtrupp sie nicht entdecken würde. Erst jenseits eines Felsengrats schalteten
Weitere Kostenlose Bücher