Söhne der Erde 13 - Der Tod Am Meer
später als straff gespannte Fischhaut kennenlernen sollten. Karstein, der das Beiboot bewachte, hätte die langgestreckten Gerüste am Strand erkannt: an der Küste Europas hatte Schaolis Volk auf ganz ähliche Weise Fisch für die Vorräte getrocknet. Charru runzelte überrascht die Stirn, als er die beiden Schiffe in der Bucht entdeckte. Echte Schiffe, Wasserfahrzeuge, von denen die Raumschiffe ihren Namen entliehen hatten. Charru kannte diese Art von Schiffen aus Filmen. Den Filmen, die die Herren der Zeit in ihren Archiven aufbewahrten, und jenem andern Film, den die Marsianer ihn damals in Kadnos anzuschauen gezwungen hatten, um ihn zu überzeugen, daß die Freiheit, die er für sein Volk wollte, nur zu Krieg und Vernichtung führen konnte.
Die Menschen dieser Oase am Meer waren friedliche Fischer.
Wie immer der »Fluch« aussehen mochte, von dem der alte Mann mit dem Namen Yarsol gesprochen hatte, was immer Krieg und Gewalt in ihr Leben trug - alle Andeutungen sprachen dafür, daß die »Götter« daran schuld waren. Genauso, wie die »Götter« die Kriege zwischen Tempeltal und Tiefland heraufbeschworen hatten. Marsianische Götter. Schwarze, blitzeschleudernde Ungeheuer in der Welt unter dem Mondstein - »Silberne« von den Sternen hier auf der Erde.
Charru biß sich auf die Lippen, um die jäh aufflammende Bitterkeit zu bezwingen.
Er blieb stehen und ließ den Blick über die felsige, von angewehtem Sand und kurzem, hartem Gras bedeckte Terrasse schweifen, die sich an dieser Stelle wie ein vorspringendes Brett über den Rand des steil abfallenden Kliffs schob. Yarsol, der weißhaarige Fürst, hatte auf einem Sitz Platz genommen, der aus einer natürlichen Gesteinsmulde herausgehauen war. Zwei auffallend hochgewachsene, muskulöse Krieger hielten mit aufgepflanzten Speeren hinter dem schlichten Thron Wache. Zu Yarsols Rechter stand Yabu, stolz aufgerichtet, zu seiner Linken ein Junge von etwa zwölf Jahren, neben ihm ein schlankes, nur mit einem lockeren Hüfttuch bekleidetes Mädchen, dessen lockiges Haar wie eine blauschwarze Flut über die Schultern bis zu den Hüften reichte.
Schweigen lastete über dem Platz. Die Menschen waren zornig, bedrückt - aber selbst Lara spürte, daß sich der Zorn nicht gegen sie und ihre Gefährten richtete.
»Noch einmal willkommen«, sagte der Weißhaarige mit seiner volltönenden Stimme. »Yarsol, Fürst der Fischer, grüßt den Fürsten von Mornag. Mein Volk grüßt das Volk im Raumschiff. Meinen Sohn Yabu kennt ihr bereits. Dies hier ...«, er wies auf den Jungen an seiner Seite, »... ist mein jüngster Sohn Yannay, dies meine Tochter Yessa.« Er schwieg einen Moment, und seine Augen verdüsterten sich. »Nur die drei sind mir geblieben. Yurrai, mein ältester Sohn, wurde in dieser Stunde von den Teufelinnen aus der toten Stadt geraubt. Sein Bruder Yattur erlitt vor mehr als zwei Sonnenwenden das gleiche Schicksal.«
Charru runzelte die Stirn.
Genau wie Lara und Hunon hatte man ihm einen Platz auf grob zugehauenen Felsen angewiesen. Wie in einer Vision glaubte er wieder die fauchenden, behaarten Gestalten auf den Rücken der mutierten Ratten dahinjagen zu sehen. Er war sicher, bei keinem dieser Wesen eine Waffe bemerkt zu haben. Aber er konnte sich vorstellen, daß sie mit Zähnen und Krallen zu kämpfen vermochten, daß sie schnell, wild und gefährlich waren und mit ihren monströsen Reittieren auch bewaffneten Gegnern gewachsen.
»Warum?« fragte er. »Warum rauben diese Frauen eure Söhne? Und was haben diejenigen damit zu tun, die ihr Götter nennt?«
Yarsols düsterer Blick ging ins Leere.
»Vor zehnmal zwei Sonnenwenden kamen die Silbernen mit ihrem Schiff von den Sternen«, berichtete er. »Damals lebten die Teufelinnen noch mit den Männern ihres Volkes in den Ruinen eine sterbende Rasse, deren Kinder verkrüppelt an Körper und Geist waren. Die Götter machten Charilan-Chi zur Königin, denn sie war von menschlicher Gestalt, wie die Frauen unseres und auch eures Volkes. Nur sie, so bestimmten die Götter, durfte sich fortpflanzen. Und sie mußte sich mit Männern eines anderen Volkes paaren, um ein neues Geschlecht zu gründen. Die Frauen ihrer Rasse wurden unfruchtbar, und ihre Männer töteten sie, als die Götter zu den Sternen zurückkehrten. Einmal alle zwei Sonnenwenden fallen die Teufelinnen seither in ein Dorf ein und entführen einen jungen Mann als Sklaven für die Königin. Meinen Sohn Yattur hat es getroffen und jetzt Yurrai. Yabu
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