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Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Titel: Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Schlafmulde. Marius Carrissers Erinnerung setzte ein. Er befand sich in der Klinik seit ... Wie lange? Er wußte es nicht. Maske und Medikamente bestimmten den Rhythmus von Schlafen und Wachen, auf den er keinerlei Einfluß hatte. Er war zwangseingewiesen, um untersucht und psychiatrisch behandelt zu werden. Patienten hatten nicht das Recht, die von den Ärzten für notwendig erachteten Maßnahmen zu verweigern.
    Carrisser spürte dumpfe Resignation, als er sich aufrichtete.
    Er wußte, daß es wahrscheinlich Monate dauern würde, bis er wieder aus der Klinik herauskam. Die Logik hinter dem Verfahren war höchst einfach: Wer an einer Aufgabe versagte, die seinen Fähigkeiten und seinem Intelligenzquotienten entsprach, war entweder strafbaren Leichtsinns schuldig oder mit einer behandlungsbedürftigen psychischen Schwäche behaftet. Im ersten Fall hieß die Antwort Strafkolonie, im zweiten Klinik. Nach der Therapie folgte eine lange Beobachtungszeit, kaserniert und unter ständiger Aufsicht, dann die stufenweise Wiedereingliederung in die normale Gesellschaft. Theoretisch hatte der geheilte Patient die Möglichkeit, wieder seine frühere oder jede andere seinen Fähigkeiten entsprechende Position zu erreichen. Praktisch kannte Marius Carrisser keinen Fall, in dem das dem Betroffenen gelungen war.
    Geduldig ließ er die Untersuchung der Ärzte über sich ergehen. Seine Gedanken wanderten zurück, verbissen sich zum hundertsten Mal in die Erinnerung an die fatalen Ereignisse auf Luna. Eine Erinnerung, die kalte Wut in ihm weckte. Er wußte, daß die Psychologen diese Wut als Unfähigkeit interpretierten, sich verstandesmäßig mit den Ereignissen auseinanderzusetzen, aber er konnte es nicht ändern.
    Der Posten als Kommandant der Strafkolonie war ohnehin ein Abstellgleis gewesen.
    Carrisser gehörte zum Typ des Praktikers, der es in der wissenschaftlich orientierten Welt der Vereinigten Planeten schwer hatte, Karriere zu machen. Er stammte vom Uranus, erinnerte jedoch auch äußerlich kaum an den schlanken, ätherischen Menschenschlag seiner Heimat. Er besaß eine glänzende militärische Begabung, aber er eignete sich nicht dazu, verwickelte theoretische Probleme am Schreibtisch durchzuspielen. Der Computer hatte entschieden, daß er der geeignete Mann für den Posten des Kommandanten auf Luna sei, und seine eigene Meinung dazu spielte keine Rolle.
    Jahrelang hatte er die Strafkolonie völlig problemlos geleitet.
    Dann, von einem Tag zum anderen, waren die Probleme förmlich über ihn hereingebrochen. Ein Schiff voller Barbaren im Anflug auf Luna. Eine offenbar von langer Hand vorbereitete Gefangenen-Revolte, die er nicht in den Griff bekam. Es war nicht seine Schuld, daß die marsianische Justiz die Merkur-Siedler auf dem Mond interniert hatte: Männer wie Mark Nord, den Bruder des Generalgouverneurs der Venus, hochqualifizierte Spezialisten, die ihren Bewachern in jeder Beziehung überlegen waren. Carrisser trug auch nicht die Schuld daran, daß es den geflohenen Barbaren aus der Mondstein-Welt überhaupt gelungen war, den Mars zu verlassen. Er hatte die Gefahr nicht voraussehen können. Nicht im Traum wäre er auf den Gedanken gekommen, daß sich die rebellierenden Sträflinge mit der »Terra« in Verbindung setzen und daß sich Mark Nord und dieser schwarzhaarige Barbarenfürst verbünden würden.
    Die Merkur-Siedler hatten die auf Luna stationierte Kampfstaffel gesprengt. Die »Terra« war gelandet, und von diesem Zeitpunkt an hatten sich die Ereignisse mit einer verblüffenden Zwangsläufigkeit entwickelt, als seien sich die beiden Gruppen nicht fremd gewesen, sondern seit Jahren aufeinander eingespielt.
    Marius Carrisser handelte als militärischer Taktiker.
    Die Barbaren und die Merkur-Siedler taten das Überraschende, und sie taten es mit dem Mut der Verzweiflung. Völlig unvermutet waren sie in die Kommandantur eingedrungen und hatten Carrisser ein Lasergewehr auf die Brust gesetzt. Bis heute war er überzeugt davon, daß jeder andere an seiner Stelle genauso überrumpelt worden wäre. Nicht er hatte versagt, sondern das System der Sicherheitsvorkehrungen. So sah er die Dinge, anders vermochte er sie nicht zu sehen, und wenn die Psychologen angesichts dieser vermeintlich unvernünftigen Betrachtungsweise eine Amnesie-Behandlung für notwendig hielten, konnte er es nicht ändern.
    Vielleicht, dachte er, war es nicht die schlechteste Lösung, jede Erinnerung an die Vergangenheit zu verlieren.
    Einigermaßen

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