Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk
nach Beliar, Shamala und Zai-Caroc, um fast wortgetreu die Anweisungen des Uraniers weiterzugeben.
Und dennoch wurde Marius Carrisser das Gefühl nicht los, daß der Oberpriester auch jetzt noch seine eigenen Gedanken und Pläne verfolgte.
*
Wind pfiff über das Schneefeld, auf dem sich die gelandeten Beiboote allmählich mit einer dünnen Eisschicht überzogen.
Charru, Camelo und Konan hatten eine geschützte Mulde ausfindig gemacht, in der sie Feuer anfachen und ein Lager aufschlagen konnten. Das havarierte Boot taugte immerhin noch als provisorisches Lazarett und als Unterschlupf für die kleinsten Kinder. Jarlon hatte nur einmal aufzustehen versucht, jetzt fügte er sich den Anweisungen Indred von Dalarmes. Mari, ein schmales blondes Mädchen von gerade sieben Jahren, wiegte Tanits Baby im Arm und erzählte Annit und Mirko, zwei rotschöpfigen, vier und fünf Jahre alten Tareth-Sprößlingen, unermüdlich Geschichten. Derek, Jesco und Kjell zeigten sich nicht im mindesten von der Kälte beeindruckt, und der kleine blinde Robin wirkte so ruhig, als habe er von Anfang an gewußt, daß alles gutgehen würde.
Lara stand fröstelnd im Wind, der ihre blonde Helmfrisur flattern ließ.
»Der Platz ist vorerst so gut wie jeder andere«, sagte sie zögernd. »Sobald die Sonne aufgeht, dürfte es auch wärmer werden, Nur - genügen die fünf Beiboote für alle?«
»Sie müssen.« Charrus Stimme klang entschieden, weil er an diesem Punkt schon herumgerechnet hatte, bevor sie überhaupt landeten.
»Hoffentlich! Übrigens könnt ihr nicht Beryl dafür verantwortlich machen, was passiert ist. Er ist schließlich kein Übermensch.«
»Natürlich nicht. Ich ...«
Charru stockte, weil auch ihm jetzt auffiel, daß sich weder Beryl von Schun noch Gillon von Tareth um die Erfordernisse des Augenblicks kümmerten. Die beiden Männer dachten nicht einmal daran, sich mit den Foliendecken aus der »Deimos« gegen die Kälte zu schützen. Schattenhaft im Mondlicht standen sie zwischen den Felsen, Beryl mit verschränkten Armen, Gillon heftig gestikulierend. Die leisen, erregten Worte, die sie wechselten, waren erst aus nächster Nähe zu verstehen.
»... wären wir nie mit dem Ding gestartet, das ist doch klar!«
»Aber ich konnte nicht wissen ...«
»Du hast gesagt, du bist sicher.«
»Schon gut, schon gut!, Ich weiß, es war meine Schuld.«
»Und was nützt das?« fauchte Gillon. »Wenn wir nicht unverschämtes Glück gehabt hätten, wären wir jetzt tot. Ein Beiboot voller Frauen und Kinder! Das hätte einfach nicht passieren dürfen.«
Beryl biß die Zähne zusammen. »Ich konnte es nicht voraussehen, begreifst du das nicht? Ich habe getan, was möglich war. Irgendein Teil muß so angeschlagen worden sein, daß die Kontrollen keinen Schaden meldeten, weil der Schaden eben erst nach ein paar Stunden auftrat. Davor ist man nie sicher, sowenig wie vor irgendwelchen Verschleiß-Erscheinungen an den anderen Booten.«
»Du hast gesagt ...«
»Gesagt, gesagt! Glaubst du, ich hätte euch absichtlich mit einem halben Wrack losfliegen lassen, das sich jeden Augenblick in seine Bestandteile auflösen konnte? Oder glaubst du, ich hätte irgend etwas aus Leichtsinn oder Gleichgültigkeit übersehen? Wenn du das meinst, sag es gefälligst klipp und klar und rede nicht darum herum.«
»Und sonst habt ihr keine Probleme?« fragte Charru trocken.
Die beiden Männer fuhren herum.
Beryls Gesicht war so weiß wie das schimmernde Schneefeld. Gillon sah kaum besser aus. Von seinem kühlen, nüchternen Temperament war im Augenblick wenig zu spüren.
»Ein Beiboot voller Frauen und Kinder!« wiederholte er heftig. »Es durfte nicht passieren.«
»Es ist aber passiert. Vielleicht hat Beryl wirklich einen Fehler gemacht. Mir ist auf jeden Fall einer bei dem Andock-Manöver unterlaufen. Und weiter? Brauchst du jemanden, der Asche auf sein Haupt streut und dir erlaubt, ihn in der Luft zu zerreißen?«
»Den hat er schon«, sagte Beryl verbissen. »Mich, wie du siehst. Ich sehe es ja ein, ich ...«
»Fang nur nicht an, wirklich Asche auf dein Haupt zu streuen. Niemand von uns versteht genug von der marsianischen Technik, um vor Fehlern sicher zu sein. Und im übrigen könnt ihr euch in Ruhe weiterstreiten, wenn ihr wollt. Ihr werdet hierbleiben.«
»Wieso?« fuhr Beryl auf.
»Kommt nicht in Frage!« protestierte Gillon. »Warum sollen wir nicht ...«
»Weil ihr beide eure Nerven schonen müßt, darum. Außerdem ist es so oder so
Weitere Kostenlose Bücher