Söhne der Erde 19 - Der Tödliche Ring
schwarz und verkohlt unter dem Himmel. Dunkler Staub wirbelte hoch, als das Beiboot aufsetzte. Charru schaltete mechanisch die Triebwerke aus und lauschte in die Stille.
Nichts rührte sich.
Am Fuß der Felswand lagen Leichen zwischen dem Geröll, aber die Terraner konnten ihr Fahrzeug nicht verlassen, um sich die Toten näher anzusehen. Die Stille schien absolut - das lähmende Schweigen des Todes. Lara hatte recht gehabt: Niemand konnte dieses Inferno überlebt haben.
»Und jetzt?« fragte Karstein gepreßt.
»Wir warten«, sagte Charru.
»Aber ...«
»Wenn es Überlebende gibt, haben sie uns gehört oder gesehen und werden hierherkommen. Wir warten.«
Charru schlug die geballte Faust auf die Lehne des Andruck-Sitzes.
Im Grunde wußte er, daß es keine Chance gab. Die Clones waren tot, vernichtet, waren dem Haß eines wahnsinnigen Greises zum Opfer gefallen, nachdem sie ihr Volk zweitausend Jahre lang vor allen Gefahren behütet hatten. Aber Charru wurde die Vorstellung nicht los, daß irgendwo in der Tiefe des Bergs vielleicht noch ein paar Überlebende existierten, der Strahlung wegen rettungslos verloren, und er wollte sie nicht allein und ohne Hilfe sterben lassen.
Zwei Stunden wartete das Beiboot auf dem flachen Platz im Tal.
Danach stand fest, daß niemand, der sich noch vorwärts schleppen konnte, die Landung des Fahrzeugs beobachtet hatte. Charru warf noch einen letzten Blick auf die geborstene Felswand, die aufgerissene, den Blicken preisgegebene Festung, und zuckte die Achseln.
»Es hilft nichts«, sagte er. »Wir müssen zurück.«
»Bar Nergal«, knirschte Karstein. »Wenn ich ihn je zu fassen bekomme - ich werde ihm jeden Knochen im Körper brechen ...«
»Er wußte nicht, was er tat«, sagte Camelo leise.
»Er wußte nicht ...?« Kormaks Stimme krächzte. »Oh doch, er wußte es! Vielleicht nicht genau, nicht in diesem Fall, aber er hätte nicht anders gehandelt, wenn er gewußt hätte, was er anrichten würde. Wir kennen ihn doch! Und ich schwöre euch, wenn er noch einmal in meine Reichweite gerät, werde ich keine Rücksicht mehr nehmen!«
»Tu das«, sagte Charru müde. »Wir fliegen zurück. Oder weiß einer von euch, was wir jetzt noch unternehmen könnten?«
»Nichts«, sagte Camelo ausdruckslos. »Wir können nicht einmal die Toten begraben, nur wegfliegen und versuchen, selbst am Leben zu bleiben. Denn die Marsianer werden die Explosion einer Atombombe auf der Erde nicht hinnehmen, das steht fest.«
»Bar Nergal«, wiederholte Kormak. »Dieser Hund von einem Priester! Bei der Flamme, hört das denn niemals auf? Werden wir nie in Ruhe leben können?«
Charru zuckte resignierend die Achseln. »Ich weiß es nicht. Und es hat keinen Sinn, mit dem Schicksal zu hadern. Wir starten, Kormak.«
Der Nordmann nickte verbissen und überprüfte noch einmal die Gurte.
Drei Sekunden später begannen die Triebwerke zu singen, und das Beiboot schraubte sich in die Luft. Das Tal versank. Hunderte von Toten versanken, eine ganze Welt, und Charrus Gedanken waren immer noch bei den ermordeten Clones, als sich das Fahrzeug wieder dem Landeplatz in der Flußniederung zusenkte.
Einen Augenblick verkrampften sich die Insassen vor Schrecken, weil die Gesichter der Wartenden verrieten, daß etwas Ungewöhnliches geschehen war.
Gerinth versicherte eilig, daß keine Gefahr bestand. Mit einem Lächeln trat er zu Charru und legte dem Jüngeren den Arm um die Schultern.
»Reg dich nicht auf! Lara bekommt ihr Kind. Die natürlichste Sache der Welt ...«
Lara!
Sein Kind! Die natürlichste Sache der Welt, ja. Charru wußte, daß Gerinth recht hatte, aber es fiel ihm schwer, wirklich daran zu glauben.
Minuten später stand er vor dem Zelt, wo sich Indred von Dalarme im Eingang aufgebaut hatte, eindeutig in der Absicht, niemanden herein zu lassen. Charru holte Atem, um etwas zu sagen, aber Indred kam ihm vor.
»Lara braucht Ruhe. Du kannst nur zu ihr, wenn du dich zusammenreißt. Es hat Stunden gedauert, und es wird noch weitere Stunden dauern - damit du Bescheid weißt. Also?«
»Ich reiße mich zusammen«, versicherte Charru.
Ein paar Sekunden später kauerte er neben Lara und tastete nach ihren Händen. Sie sah blaß und erschöpft aus, aber sie lächelte.
»Charru ... Unser Kind! Ein paar Stunden noch, dann ist es soweit. Und es ist viel leichter, als ich geglaubt habe.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich. Ich hatte solche Angst. Und es war so überflüssig, Angst zu haben. In ein paar Stunden
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