Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Ring« standen, war der Generalgouverneur des Jupiter nur sehr unzureichend informiert gewesen. Er kannte ein paar Fakten: Luna-Port zerstört und die dortige Strafkolonie aufgelöst, die Flucht einiger Häftlinge zum Merkur, vorher der spektakuläre Start der Barbaren aus der Mondstein-Welt vom Mars, schließlich die Explosion einer Atombombe auf der Erde. Einzelheiten konnte er jederzeit vom Computer abrufen, wenn er sie brauchte. Daß es sich - zum Beispiel - bei dem Anführer der Rebellen auf Merkur um einen Bruder des Generalgouverneurs der Venus handelte, war Peyrac noch nicht aufgefallen. Glücklicherweise, wie Conal Nord fand. Persönliche Belange standen nicht zur Debatte, aber der mittelgroße, etwas untersetzte Mann mit den lebhaften Gesten neigte dazu, sehr viele und recht ungenierte Fragen zu stellen.
Der Venusier atmete auf, als Professor Girrild, der Leiter der Expedition, Peyrac vorgestellt worden war und den überraschend jungen Wissenschaftler aus Jupiter City begrüßt hatte, der ebenfalls mit der »Unrania« fliegen sollte. Er wurde auch dem Generalgouverneur der Venus vorgestellt. David Jorden, Ökologe und Bioniker - ein hochqualifizierter Spezialist von knapp dreißig Jahren, dessen jungenhaftes Gesicht einen merkwürdigen Gegensatz zu der Ausstrahlung von Disziplin und strikter Selbstbeherrschung bildete.
Ein typisches Produkt marsianischer Ausbildung.
»Sie haben in Kadnos studiert?« fragte Conal Nord.
»Ja, die Universität von Kadnos hat den besten Ruf im gesamten System. Allerdings eignet sie sich weniger für einen Ökologen - wenn er seine praktischen Beobachtungen nicht hauptsächlich auf die Ökologie roter Sandwüsten beschränken will.«
Conal Nord mußte lächeln. »In dieser Hinsicht hat es die Universität Indri wohl besser.«
»Viel besser. Ich bin für die Leitung eines Forschungsauftrags in Indri eingeteilt, sobald diese Expedition beendet ist. Schließlich geht es um die Frage, ob wir auf unseren häßlichen Monden etwas wie die venusischen Gärten wachsen lassen können.«
In den letzten Worten klang leise Ironie. Conal Nord betrachtete den Jungen mit erwachendem Interesse, aber er fand keine Zeit, das Gespräch fortzusetzen.
Die Expeditionsteilnehmer begaben sich an Bord der »Urania«.
Der Raumhafen-Kommandant atmete auf, weil er an den Startplan der Tower-Besatzung dachte. Der Pilot des Schiffs, für dieses Unternehmen von der Kriegsflotte abkommandiert, wechselte noch ein paar Worte mit Simon Jessardin. Conal Nord verstand nicht, was der Präsident sagte. Aber der Venusier vermutete, daß es sich auf gewisse Unklarheiten aus dem Abschlußbericht über die Operation »Tödlicher Ring« bezog.
Für ein paar Sekunden ging Nords Blick ins Leere.
Er kannte diese Unklarheiten. Wort für Wort, Buchstaben für Buchstaben. Bisher hatte er sich gezwungen, keine Hoffnungen daran zu knüpfen. Lara war tot, damit mußte er sich abfinden. Aber der letzte, winzige Funke Hoffnung ließ sich einfach nicht auslöschen.
Als wenig später die »Urania II« wie ein silberner Pfeil in den harten blauen Glanz des Himmels tauchte, glaubte Conal Nord, das Gesicht seiner Tochter so deutlich zu sehen, als stehe sie vor ihm.
*
Die beiden Techniker wirkten immer noch benommen, als die kleine Gruppe das Gebiet der toten Stadt längst hinter sich hatte.
Für die Marsianer waren der Weg durch die Ruinen, die Begegnung mit der goldhaarigen Königin und der Anblick der wilden Katzenfrauen wie Bilder aus einem fantastischen Traum. Charru und seinen Gefährten war die Erde mit ihren jungen Rassen weit weniger fremd als die Welt der Vereinigten Planeten. Nur die Begegnung mit Charilan-Chi hatte auch ihnen Rätsel aufgegeben.
»Ciran war hier«, sagte Camelo nachdenklich. »Niemand hat den Priestern so leidenschaftlich gedient wie er. Und jetzt ist sogar er zu uns gekommen - das könnte eine Erklärung sein.«
»Ja«, brummte Karstein in seinen blonden Bart. »Und dieser Narr von Bar Nergal hat offenbar die halbe Stadt niedergebrannt.«
Sein Blick glitt zurück zu den Ruinen, über denen immer noch glutroter Widerschein hing.
Die Männer wußten nicht, ob der Oberpriester tatsächlich eine neue Waffe ausprobiert hatte, konnten es nur vermuten. Sie wußten auch nicht, ob sich in den unterirdischen Gewölben nicht doch noch weitere Fluggeräte verbargen. Die Marsianer glaubten nicht daran, Ciran bestritt es. Im übrigen hatte sich der Junge so völlig in sich selbst zurückgezogen, daß es
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