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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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geworden ist. Willst du, daß ich die Schwurbruderschaft breche? Oder hast du vergessen, daß Yatturs Tochter in der toten Stadt lebt?«
    »Nein, aber ...«
    »Cris' Geschwister leben dort. Sie sind noch Kinder. Charilan-Chi ist Cris' Mutter.«
    »Und Grom ist Schaolis Vater! Sie wäre meine Frau geworden, sie ...«
    »Jarlon! Schaolis Leute sind ein ganzes Volk. Drei- oder viermal so viele Menschen wie wir! Es geht einfach nicht. Und du weißt es!«
    Für ein paar Augenblicke blieb es so still, daß man ein Sandkorn fallen gehört hätte.
    Charru hatte die Hand auf Jarlons Schulter gelegt. Der Junge biß die Zähne zusammen.
    »Es ist nicht gerecht«, flüsterte er erstickt. »Es ist nicht gerecht ...«
    »Nein, es ist nicht gerecht. Aber was können wir daran ändern? Was ist denn gerecht? Yatturs Tochter zurückzulassen oder Cris' andere Geschwister - ganz davon abgesehen, daß sich die Menschen der toten Stadt vermutlich ohnehin nicht helfen lassen werden?«
    Jarlon antwortete nicht.
    Es gab keine Antwort. Mit einer heftigen Bewegung riß sich der Junge los und begann, weiter durch den fahl im Mondlicht schimmernden Wüstensand zu marschieren. Im Grunde wußte er, daß sein Bruder recht hatte, aber er konnte und wollte es nicht akzeptieren. Den anderen blieb nichts übrig, als ihm schweigend zu folgen.
    Zwei Stunden später erreichten sie die Boote, verpackten Werkzeug und Material und starteten wieder.
    Das Flußtal und die staubige Ebene glänzten bereits im ersten Licht der Morgensonne, als sie darauf zuflogen. Ein paar Dutzend Menschen warteten - wahrscheinlich hatten sie die ganze Nacht lang gewartet, weil sie die Gefahren des Unternehmens kannten. Charru und Camelo landeten die Fahrzeuge. Die Männer sprangen heraus und begannen sofort, den anderen einen kurzen Bericht zu geben.
    Die beiden Marsianer strebten dem Zelt zu, in dem auch die übrigen Gefangenen untergebracht waren. Beryl von Schun, Hasco und Brass machten sich zielstrebig daran, die Fracht aus den Beibooten zu laden und näher zu untersuchen. Charru wäre ein halbes Dutzend Dinge eingefallen, die er tun wollte und mußte, aber er fühlte sich so erschöpft, daß er aufatmete, als Lara seinen Arm berührte und ihn mitzog.
    Tanit, Malin und Jordis, mit denen sie sich ein Beiboot teilte, waren unterwegs.
    Nur das Baby und Tanits kleine Tochter schliefen auf den umgebauten Sitzen - einen ausgesprochen festen Schlaf. Charru betrachtete das runde, friedliche Gesicht seines Sohnes und seufzte tief auf.
    »Glaubst du, daß wir die Luke für eine Weile hinter uns abschließen können?« fragte er.
    Lara lachte leise. »Natürlich können wir das. Was meinst du, warum sich Tanit, Malin und Jordis so diskret zurückgezogen haben?«
    »Es ist nicht fair gegenüber den anderen, oder?«
    »Ist es doch! Indred hat mir ausdrücklich längere Ausflüge in die freie Natur verboten - obwohl ich wirklich nicht einsehe, warum. Demnächst wird sie dann Jordis diese Ausflüge verbieten, und wir werden uns eine Höhle suchen müssen.«
    Charru mußte lachen.
    Mit einer raschen Bewegung verriegelte er die Einstiegsluke. Sein Herz begann zu hämmern, als er neben Lara glitt. Er zog sie heftig an sich, und für eine Weile vergaß er, daß die Operation »Tödlicher Ring«, die bevorstehende Flucht zum Merkur und die Probleme mit der »Solaris« überhaupt existierten.
    *
    Das letzte glimmende Brandnest verlöschte, erstickt von dem Salzwasser, das die Katzenfrauen in einer langen Kette vom Meer herangeschafft hatten.
    Ledereimer und primitive Plastikgefäße fielen zu Boden. Keuchende Atemzüge, fernes Geschrei und wimmernde Wehlaute mischten sich zu einer Geräuschkulisse, die selbst Bar Nergal schauern ließ. Charilan-Chi starrte ihn an. Sie wartete. Aber der Oberpriester schwieg, hatte kein Wort für die Toten und Verletzten, die seiner neuen Waffe zum Opfer gefallen waren.
    Stumm wandte er sich ab und strebte dem Areal des ehemaligen Raumhafens zu.
    Seine Anhänger folgten ihm, ebenso wortlos, noch benommen von der Katastrophe, die sie leichtsinnig ausgelöst hatten. Charilan-Chi sah ihnen nach, mit Augen, in denen Haß wie ein gelber Funke glomm. Sie dachte daran, daß sie von den Sternen kamen und mächtig waren. Götter? Wirklich Götter? Konnten sie das überhaupt sein, daß sie doch weder sich selbst noch das Volk der toten Stadt zu schützen vermochten?
    Nein, dachte Charilan-Chi.
    Sie waren keine Götter. Sie waren sterblich und fehlbar, hatten es immer wieder

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