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Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Titel: Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Unterstützung.«
    Mark nickte nur. Charru zog die Unterlippe zwischen die Zähne.
    »Ich möchte mit Lara sprechen«, sagte er leise. »Und ich möchte meinen Sohn sehen.«
    Eine kurze Stille entstand.
    Conal Nords sanfte, harmonische Venusierzüge zeigten einen gequälten Ausdruck. Er hätte lieber verhindert, daß sich Lara und Charru wiedersahen. Er wußte, daß seine Tochter unter der Begegnung leiden würde, aber er wußte auch, daß er kein Recht hatte, sich dazwischenzustellen. »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte er. »Morgen vielleicht... Und - Charru!«
    »Ja?«
    »Geben Sie Lara frei! Wenn man Sie deportiert, wird sie alles versuchen, um Ihr Schicksal teilen zu können. Sie müssen sie davon abbringen, schon um des Kindes willen. «
    Charru antwortete nicht, aber Conal Nord hatte auch keine Antwort erwartet.
    Mit einem tiefen Atemzug wandte er sich ab und gab den beiden Wachmännern ein Zeichen. Diesmal blieben den Gefangenen die Fesseln erspart. Es gab so oder so kein Entkommen. Sie konnten nichts tun, als sich der gespenstischen Prozedur der Klinik-Routine zu unterwerfen. Stereotyp lächelnde Gesichter über weißen Kleidungsstücken. Duschkammern, Desinfektionsstrahlen, schließlich die lose Patiententunika, die man sie anzuziehen zwang. Die nächste Tür, die sich vor ihnen öffnete, führte tatsächlich in einen Raum mit zwei Reihen von Schlafmulden. Einen Raum, in dem ihre Gefährten bereits reglos lagen, die Augen von den weißen Masken bedeckt, die sie in einen unnatürlichen Tiefschlaf versetzten, solange es ihren Bewachern gefiel.
    Charrus Herz hämmerte, als er sich auf dem kühlen weißen Kunststoff ausstreckte.
    Sekundenlang bäumte sich alles in ihm auf, spürte er den verzweifelten Impuls, sich mit Nägeln und Zähnen zu wehren. Hart preßte er die Lippen zusammen, und im nächsten Moment drückten ihm bereits geübte Hände die Schlafmaske über die Augen.
    Die Umgebung verschwamm so plötzlich, als habe sich ein schwarzer Vorhang über seinen Geist gesenkt.
    *
    Das Erwachen vollzog sich langsam, mit einem Gefühl des Schwebens, aus dem Charrus Gedanken nur allmählich in die Wirklichkeit zurückfanden.
    Ein Blick zeigte ihm, daß er als einziger geweckt worden war. Conal Nord stand an der Tür. Charru richtete sich ruckartig auf. Seine Augen brannten.
    »Lara?« fragte er rauh.
    Der Venusier nickte. »Kommen Sie mit! Ich werde Sie allein lassen, und ich habe dafür gesorgt, daß das Gespräch nicht abgehört wird. Daß ein Fluchtversuch völlig sinnlos wäre, ist Ihnen klar, nicht wahr?«
    »Wohin sollte ich fliehen?« Charru lächelte bitter.
    »Ich hoffe, die anderen kommen zu der gleichen Ansicht. Die Lage ist schwierig genug. «
    Conal Nord wollte noch etwas hinzufügen, dann verzichtete er darauf und wandte sich ab. Charru folgte ihm schweigend, hörte die Schritte der Wachmänner hinter sich. Ein surrendes Laufband trug sie durch die Klinikkorridore. Schließlich blieb der Venusier vor dem gleichen Raum stehen, in dem er gestern nacht mit den Gefangenen gesprochen hatte.
    Charrus Herzschlag beschleunigte sich, als er die auseinandergleitende Tür passierte.
    Hinter ihm schloß sie sich wieder. Zwei, drei Sekunden lang blieb er reglos stehen, blickte auf die schlanke Gestalt mit dem blonden Haarhelm, auf den dunklen Kopf des Kindes, das ihn mit seinen saphirblauen Augen neugierig betrachtete. Über Laras Wangen rannen lautlos Tränen. Mit zwei Schritten stand Charru bei ihr, schlang die Arme um sie und preßte das Gesicht in ihr Haar.
    »Lara! Ich bin so froh, daß wir uns noch einmal sehen!«
    Sie konnte nicht antworten.
    Lange blieben sie einfach stehen und hielten sich fest, während die wachen Augen des kleinen Erlend hin und her wanderten. Noch einmal, klang es in Charru nach. Sie wußten beide, daß es vielleicht das letztemal war, daß das Schicksal sie wieder trennen würde, und als ihre Lippen sich fanden, hatte ihr Kuß die bittere Schärfe der Verzweiflung.
    »Ich hatte solche Angst um dich«, flüsterte Lara. »Es muß schrecklich gewesen sein. Erzähl' es mir bitte!« Und als er den Kopf schüttelte: »Verstehst du nicht, daß ich es wissen muß? Ich gehöre doch zu euch. Die Toten waren auch meine Freunde.«
    Langsam und stockend begann Charru zu berichten.
    Und es war gut, davon zu sprechen - als löse sich ein schmerzhafter Knoten in seinem Innern. Lara hörte schweigend zu. Nur ab und zu flackerten ihre Augen auf, und sie biß sich heftig auf die

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