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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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kannst.«
    Florines Hände glitten von ihren Hüften. Alle warteten auf ihre Antwort. Jedes Argument dagegen würde auf taube Ohren stoßen. Ihre bisherigen Leistungen galten nichts mehr. In den Mienen der Mädchen stand ein seltener Ernst. Um Giselles unschuldig wirkende Augen lag Anspannung. Niemand wollte sie aus dem Haus scheuchen, das stand fest. Ihre Gedanken schweiften zu den Höflingen und ihren dicken Geldbörsen. Viele von ihnen kannte sie seit Jahren. Einige kamen, um sich zu betrinken, andere wiederum nur wegen der hohen Einsätze an den Spieltischen. Sie neckten Florine, und gelegentlich kam es gar zu interessanten, lehrreichen Unterhaltungen. Von ihnen schnappte sie geschliffene Ausdrucksweisen auf, ihnen verdankte sie einen Wortschatz, den die meisten Findelkinder ihr Leben lang entbehren mussten. Nach allem, was sie über die Jahre mitbekommen hatte, würde der eigentliche Akt nicht lange dauern. Und es war nicht so, als habe sie es noch nie getan.
    »Florine«, säuselte Madame Chrysantheme. »Etliche der Herren haben schon lange ein Auge auf dich geworfen. Sie werden sich diese Auktion keinesfalls entgehen lassen. Nach Belieben können wir die Summe in die Höhe treiben, und ich bin gewogen, den Rest, der fehlen wird, zu übernehmen.«
    Olymp nickte aufmunternd. Giselle zeigte ihre Grübchen. Aimée zwinkerte. Bellas aufgeworfene Lippen forderten sie heraus. Die Antwort stand fest.
    »Eine Auktion und ein Freier. Zu mehr bin ich nicht bereit.«

     

2
     
    J
uvenals Ausbruch mündete in ersten verständlichen Worten, nach einer halben Stunde unartikuliertem Gebrüll.
    »Wir sind nicht nach Paris gekommen, um dich vor deinem eigenen Leichtsinn zu bewahren, Cassian.«
    Es wäre der größte aller machbaren Fehler, im Augenblick den Blickkontakt mit ihm zu suchen. Anstatt seinen Vater also darauf hinzuweisen, dass ihn weder dieser noch Ruben aus dem Gewölbekeller eines Bordells befreit hatten, warf Cassian seinem Bruder einen Blick zu. Weshalb er nach Paris gekommen war, war kein Geheimnis. Binnen weniger Tage hatte Ruben sich eingenistet und konnte in der Plünderung von Cassians Weinkeller große Fortschritte verzeichnen.
    »Du unterschätzt Saint-Germains Intelligenz, Vater.«
    Das war eine geradezu peinliche Rechtfertigung. Da in Cassians Magen ein Loch von der Größe eines Kraters saß, wollte ihm keine bessere einfallen. Solange sein Hunger nicht gestillt war, sah er sich außerstande, glaubwürdige Erklärungen für seinen Lapsus zu finden.
    »Eher hege ich die Befürchtung, dass du deine eigene Intelligenz überschätzt hast, Junge. Deine Kapriolen lassen sich durch deine Jugend nicht entschuldigen. Allmählich bereue ich es, dir Paris überlassen zu haben. Du nutzt dein Revier zu den aberwitzigsten Eskapaden und verkennst den Ernst der Lage.«
    Die Endsilben jedes Satzes glichen dem Einschlag von Kanonenkugeln. Cassians Leute hatten sich in die hintersten Ecken des Hauses verkrochen. Sein Leibdiener Bertrand, den er nach Speisen geschickt hatte, musste sich ihnen angeschlossen haben. Juvenals Finger krümmten sich, als wollte er seinen jüngsten Sohn im Nacken packen und herumschütteln.
    »Dies ist mein Haus, Juvenal. Wenn hier einer das Recht hat herumzubrüllen, bin ich das. Du machst meinen Leuten Angst, und das dulde ich nicht.«
    »Deine Leute sind ein Rudel nichtsnutziger Komödianten, Trunkenbolde und Beutelschneider.«
    »Es sind Schauspieler. Sie proben derzeit Corneille, falls es dich interessiert.«
    Juvenal explodierte. »Es interessiert mich NICHT!«
    Dominanz und Wildheit machten ihn zum Oberhaupt einer alten Sippe. Diesen Rang hielt er seit zwei Jahrhunderten. Außer seinen Söhnen, die durch gelegentliche und halbherzige Vorstöße daran kratzten, gab es niemanden, der seine Vorrangstellung in Frage stellte. Entsprechend herrisch fegte Juvenals Stimme über Cassian hinweg und löste unweigerlich den Drang aus, die Herausforderung anzunehmen. Juvenal ahnte es, trat ans Fenster und blickte in den verwilderten Garten. Er sammelte sich und wartete, bis sein Atem ruhiger floss, ehe er sich wieder dem Zimmer zuwandte.
    »Gott allein weiß, weshalb sich die Fähigkeiten meiner Söhne darin erschöpfen, unter Weiberröcke zu kriechen. Euer Leichtsinn spottet jeder Beschreibung. Eines Tages werdet ihr Eure Reviere verlieren, und glaubt nicht, dass ich dann einschreite.«
    Ruben fühlte sich nicht angesprochen. Nach einem eigenen Revier hatte es ihn nie verlangt. Er wilderte lieber

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