Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
gay-old-time hätten, war die Ruhe in jenen kühlen Wänden tausend mal schlimmer als draußen.
„Alain?“
Es war eher ein Gedanke als ein gesprochenes Wort. Langsam ging ich zum Korridor, hielt aber abrupt inne, als mir plötzlich das Gespräch zwischen Matthew, Diane und mir vom Mittag wieder einfiel. Natürlich hatte ich ihm nicht geglaubt, obwohl ich das Gegenteil behauptet hatte. Mag sein, dass Matthew von seiner Geschichte überzeugt war, aber Dianes Theorie über das, was ihm wirklich hier im Flur passiert war, schien sehr viel plausibler.
Zumindest dachte ich das bis jetzt. In der geisterhaften Stille, die ich beinahe körperlich spürte, geriet meine Meinung ins Schwanken. Wenigstens konnte ich im Gegensatz zu Matthew noch immer den angenehmen Rosenduft wahrnehmen. Ein schwacher Trost, denn vielleicht hatte auch einfach seine Nase vom Heuschnupfen zugesessen.
Was, wenn es hier tatsächlich spukte und Alain von einem Poltergeist im Haus gefangen gehalten wurde. Einem Geist, der es jetzt vielleicht auf mich abgesehen hatte. Oder was, wenn Alain selbst ...
Ich verwarf diese Gedanken, weil ich sie mir in Wirklichkeit nur machte, um meine nächste Entscheidung hinauszuzögern. Aber sollte ich wirklich jedes der vielen Zimmer nach ihm durchsuchen? Was, wenn seine Eltern da wären? Was, wenn sie da wären, aber er nicht?
Ich begann schon wieder zu grübeln, nur, dass ich mich dieses Mal nicht allein davon abbringen musste. Für einen winzigen Moment glaubte ich, im Augenwinkel eine Bewegung am Treppenabsatz wahrzunehmen, aber als ich hinsah, war dort nichts. Wieder flüsterte ich fragend Alains Namen. Ohne eine Antwort abzuwarten, ging ich zum Treppenaufgang und erschrak beina he zu Tode, als ich auf den Stufen hoch oben in den Schatten ein grünlich leuchtendes Augenpaar sah, das mich unverhohlen anstarrte.
„Oh Gott, Kätzchen!“, rief ich und seufzte erleichtert, aber zittrig. „Du hast mir eine Heidenangst eingejagt. Was machst du überhaupt hier im Haus? Ich glaube nicht, dass Alain das so toll findet, wenn du hier herumlungerst.“
Die kleine schwarz-weiß gefleckte Katze hockte in Lauerstellung auf der obersten Stufe und rührte sich keinen Inch von der Stelle. Sie beäugte mich, wie sie es wahrscheinlich auch bei einer naiven Maus tun würde.
„Du weißt nicht zufällig, wo Alain ist?“
Ich kam mir ein wenig blöd vor, mit einer Katze zu sprechen, aber es lag an meiner Nervosität. Ich ging die ersten Stufen hinauf.
„Ich habe mich etwas verspätet und jetzt suche ich ihn.“
Als uns nur noch fünf Stufen voneinander trennten und wir genau auf Augenhöhe waren, sprang sie plötzlich auf, drehte sich dabei so schnell um, dass ich es kaum mitbekam und wetzte um die Ecke, die nächste Treppe hinauf.
„Warte“, rief ich und rannte ihr hinterher. Alain hatte behauptet, dass sie nicht ihm oder seinen Eltern gehörte, daher war ich davon überzeugt, er würde es nicht gut finden, so einen kleinen Streuner in einer Villa ohne Katzenklo zu haben.
Sie hatte bereits den zweiten Stock erreicht, als ich das nächste Treppenstück nahm, blieb stehen und sah sich nach mir um. Offensichtlich hatte sie keine Angst vor mir, sonst wäre sie direkt weitergelaufen. So aber harrte sie aus, bis ich sie fast erreicht hatte und tigerte dann erst weiter, die nächste Treppe hinauf. Das Spielchen wiederholte sich, bis wir den dritten Stock erreichten. Hier endete das Treppenhaus, nicht aber die Verfolgungsjagd. Die Katze drückte sich durch den schmalen Spalt einer angelehnten Tür. Ohne weiter darüber nachzudenken, stieß ich sie auf und warf einen Blick in das Zimmer. Zu meiner Rechten stand ein alter Holzstuhl, dahinter, in der gegenüberliegenden Ecke ein freistehender, kleiner Ankleidespiegel, der mit angelaufenen, geschwungenen Metallstangen verziert war, auf einem riesigen, fast farblosen Läufer und vor einer blassgrün-grau-rosa gescheckten Tapete. Auf der linken Seite stand ein gigantisches Bett im Stil des Spiegels unter einem offenen Fenster mit langen, unheimlich wehenden Gardinen, daneben ein kleiner Nachttisch.
Auf dem rosa-rot gemusterten Bettbezug lag Alain.
Regungslos. Die Augen geschlossen.
18
In jenem Moment stürzten unzählige Eindrücke, Ängste und Gedanken auf mich ein. Ich erinnere mich noch, dass ich für einen Augenblick glaubte, der große rote Bezug, auf dem er lag, sei eine monströse Blutlache. Er war nur mit einer knappen Shorts bekleidet, kaum mehr als ein
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