Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
einfach der Aufmerksamkeit entziehen wollen. Wenn wir vor kurzem nicht darüber gesprochen hätten, wäre ich einfach wieder gegangen, so aber dachte ich mir, dich vielleicht dort zu finden, also ging ich rüber.“
Die bereits gegessenen Teile meines Sandwiches schienen lebendig zu werden und in meinem Magen nach einem Ausgang zu suchen. Matthew war bei Alain gewesen. Eifersucht und Verzweiflung überkamen mich gleichzeitig, obwohl ich nicht einmal wusste, ob überhaupt ein Grund dazu bestand.
„Die große Eingangspforte war nur angelehnt. Mann, der Garten sieht echt übel aus, passt aber gut zu dem runtergekommenen Gemäuer. Ich war mir sicher, dass dort keiner wohnt, aber ich habe trotzdem geschellt.“
„Und?“, fragte Diane ungeduldig. Sie schien genau so gespannt zu sein, wie ich, wenn auch aus anderen Gründen. So völlig absurd der Gedanke auch war, aber plötzlich hatte ich das Gefühl, Matthew könnte der unbekannte Tätowierer sein. Wahrscheinlich konnte er nicht einmal Blut sehen, besaß keine künstlerische Begabung und überhaupt passte nichts vom zeitlichen Ablauf her, aber klares Denken war mir einfach nicht möglich.
„Es stand kein Name an der Schelle und die Haustür war nicht verschlossen, also ging ich rein. Wenn das Gebäude bewohnt ausgesehen hätte, wäre mir das nie eingefallen. Und ich muss gestehen, auch bei Nacht nicht, denn dafür war es zu unheimlich. Eine typische Mutprobe für kleine Kinder. Ein Friedhof bei Tage ist nicht weiter wild, aber ein altes, verlassenes Haus ist auch dann gruselig, wenn es sonnendurchflutet ist.“
„War es denn verlassen?“, wollte ich wissen.
Matthew zögerte mit seiner Antwort und ich versuchte an seinem Gesicht abzulesen, ob er einfach nur nachdachte, oder lügen wollte. Vergeblich.
„Grundsätzlich: ja.“
„Wie, grundsätzlich?“, hakte Diane nach.
„Also, das Haus macht von innen denselben Eindruck wie von außen. Ich glaube nicht, dass dort wirklich jemand lebt, obwohl es eingerichtet und durchaus bewohnbar ist. Ich rief nach dir, Julian, und als ich keine Antwort bekam, ging ich einen langen Korridor entlang, der sich der Eingangshalle anschloss. Einige Zimmertüren standen offen, und die Räume dahinter waren teilweise mit Sachen vollgestopft, oder ziemlich karg möbliert. Das war wieder so etwas: die Möbel. Sie passten nicht zusammen. Da wurde Barock mit Biedermeier kombiniert und Jugendstil mit Rokoko. Keine Familie mit einem Funken Geschmack würde so etwas tun. Andererseits war keines der Fenster zerbrochen, und das ist bei verlassenen Häusern immer der Fall.“
„Irgendwas stimmt dort nicht“, sagte Diane und packte ihr zweites Sandwich aus. Meines lag noch immer auf der Serviette, wo es bleiben würde, bis es in den nächsten Mülleimer wanderte. Ich hatte keinen Hunger mehr.
„Aber vielleicht meiden vandalisierende Kids die Villa, weil sie wirklich glauben, dass es dort spukt. Es könnte doch sein, dass sie soviel Angst davor haben, dass sie sich nicht auf Steinwurfweite herantrauen.“
„Ich kann es ihnen nicht mal verdenken“, bestätigte Matthew Dianes Überlegung. „Ich jedenfalls setze keinen Fuß mehr da rein oder auch nur auf das Grundstück.“
„Was ist denn passiert?“, fragte ich und spürte, wie sich meine Laune besserte. Mir war es egal, was die Leute im Ort über die Villa dachten, so lange sie das Gebäude in Ruhe ließen. Ich für meinen Teil wusste, dass Alain dort mit seinen Eltern lebte und obwohl er und seine Familienverhältnisse ein wenig seltsam waren, gab es doch zumindest nichts Übernatürliches dort. Nur den hübschesten und coolsten Jungen der Welt, der ein wenig introvertiert war und viel Zeit allein verbrachte.
„Also, ich ging den ausgedehnten Korridor entlang und hielt nach dir Ausschau. Es war still, wie in einer Gruft, und mindestens ebenso gemütlich und kalt. Rechts führte eine Treppe nach oben, aber das wollte ich mir nicht antun. Die Luft roch staubig, obwohl kaum welcher zu sehen war.“
„Nur staubig?“, unterbrach ich ihn und dachte dabei an den intensiven Rosenduft.
„Ja, wonach denn sonst?“
„Du meintest bestimmt Leichengeruch“, sagte Diane kauend. Ich nickte geistesabwesend. Wieso hatte er die Rosen nicht gerochen?
„Quatsch, ich weiß, wie die stinken. Wir hatten mal eine verweste Ratte im Keller, die hinter der Werkbank meiner Mum eingeklemmt war. Nein, nur staubig. Aber das ist auch gar nicht so wichtig. Ich näherte mich langsam dem Ende des
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