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Söhne und Planeten

Söhne und Planeten

Titel: Söhne und Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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dem anderen …
    – Ah, ich liebe es, wenn du andere beschimpfst! Besonders Kontinente.
    Eine Weile Stille. Das Auto fraß gierig die Mittelstreifen der Fahrbahn.
    – Ich hätte nicht gedacht, sagte Angelika, dass ein Konferenzzimmer an einem Tag plötzlich alles enthalten kann – Tod, Verbrechen, Geburt, Liebe …
    – Ja, heute war’s richtig
universell
, sagte Gerd. Wie dann der Asperger noch angetanzt ist mit seiner neuen Frau und dem Kind –
    – Die meine ich ja. Aber das Kind war schon hübsch.
    – Findest du?
    Wieder Stille. Sie fuhren durch eine Allee. Die Schatten der Bäume glitten über sie hinweg, in unregelmäßigem Takt. Lang, lang, kurz, kurz, kurz, lang, kurz.
    – Aber was mich bei Paaren mit Kindern immer so stört, begann Gerd –
    – Dieses Blitzlicht macht mich ganz schwindlig, unterbrach Angelika.
    – Bist du Epileptikerin?
    – Was für eine blöde Frage.
    – Bitte.
    – Also. Was stört dich so an Ehepaaren mit Kindern?
    – Jetzt willst du’s auf einmal wissen?
    – Nein, eigentlich nicht.
    – Na ja, ich meine, die sind immer so über
le
gen. Hast du zum Beispiel gesehen, wie sie das Kind angepackt haben? Mit einer Hand, als wär’s ein Blumentopf.
    – Und? Was beweist das? So ist das Leben.
    – Und dann diese Gespräche. Dass man sich an die Schmerzen bei der Geburt nicht mehr erinnert, dass das von der Natur so vorgesehen ist –
    – Aber das ist die Wahrheit.
    – Ja, sagte Gerd, und woher weißt du das, du weibliches Prinzip auf dem Beifahrersitz?
    – Du willst doch nur streiten.
    – Soll ich anhalten?
    – Was?
    – Ob ich anhalten soll.
    – Wieso, nein, fahr weiter. Was sollen wir denn hier in der Wildnis?
    –
Wir
?
    – Fahr einfach weiter, ja? Es ist nicht meine Schuld, dass sie uns eingeladen haben und dazu ihr Kind extra in die Schule mitgenommen haben. Sie wollten uns eben ihren kleinen Glücksapfel zeigen.
    – Mit diesen roten Bäckchen.
    Gerd ließ das Lenkrad los und formte imaginäre Krapfen mit seinen Händen.
    – Pass auf, wo du hinfährst. Hände schön brav aufs Lenkrad.
    – Schon gut. Aber diese Bäckchen … Ich sage dir, wenn ich nur fünf Minuten allein mit dem Püppchen –
    – Geh! Sei nicht so grausam. Und das von dem bisschen Weißwein?
    – Oh, nein, der Weißwein ist es nicht. Sicher nicht. Aber das dauernde Geschwätz, das Stillen – vor allen! Das Heia-Heia-Schaukeln.
    – Aber das ist doch überall so.
    – Überall? So. Jetzt muss ich wirklich stehen bleiben.
    – Wieso?
    – Mir ist schlecht.
    – Du musst einfach nur aufhören zu reden. Dann beruhigt sich auch dein Magen wieder.
    – Beruhigen ist gut. Bei dem vielen Blut überall …
    – Was für Blut?
    – Auf deiner Bluse.
    Angelika schaute an sich herab.
    – Das bisschen? Du bist hysterisch.
    Sie schaute eine Weile aus dem Fenster. Dann rückte sie, in plötzlicher Eingebung, nahe an die Scheibe.
    – Schau, da, siehst du das Haus?
    – Welches?
    Angelika drehte sich zu ihm um.
    – Du siehst ja gar nicht hin.
    – Also welches?
    – Da.
    Das Haus zeigte sich kurz, trat dann hinter den Vorhang der Bäume zurück.
    – Und?
    – Da wohnt er, Jürgen. Zusammen mit seiner Mutter. Der Vater besucht sie nur hin und wieder.
    – Na, dann ist das ja kein Wunder.
    – Tu mir den Gefallen und hör jetzt auf mit den Geschichten.
    – Wieso? Sonst macht dir das immer Spaß. Du bist von dem Vorfall noch mitgenommen –
    – Unsinn. Gar nichts bin ich.
    Es war sehr einfach: Man begann den Level in einem kreisrunden Raum, in dem bestimmte Gegenstände lagerten. Rundum hingen gekreuzigte Leichen, Teile von ihnen zerquetscht wie Fliegen, ein einzigerBlutfleck. Das Auffallendste in dem Raum war jedoch eine weiße Kugel auf dem Boden, mit einem dämonischen Gesicht als Oberfläche, das immer wieder Beißbewegungen machte. Wenn man durch diese Kugel wanderte, bekam man seine Gesundheit wieder. Danach ging man durch einen Teleporter und gelangte in einen großen Saal, auf dessen gegenüberliegender Wand ein riesiges Satansgesicht prangte, das aus seinem roten, offenen Gehirn magische Würfel aussandte, aus denen wiederum Monster erwuchsen. Die Musik machte einen fast wahnsinnig: eine pfeifende, aus drei Tönen bestehende Melodie.
    Jürgen schaltete den Lautsprecher aus. Er schaute auf die Uhr: noch drei Stunden bis zur Begräbnisfeier.
    Weiter.
    Er schoss mit dem Raketenwerfer ein paar Monster nieder. Dabei musste er aufpassen, nicht von den Zauberwürfeln des großen Bocksgesichts getroffen zu

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