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Söhne und Planeten

Söhne und Planeten

Titel: Söhne und Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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werden. Sein Herz klopfte. Der letzte Level von
Doom 2
machte ihm Angst, auch wenn es kindisch war, das zuzugeben. Er träumte manchmal sogar davon, sprach im Traum mit dem zweidimensionalen Teufelsgesicht und versuchte, dessen seltsames Geraune zu verstehen. Mehr und mehr Monster rannten auf ihn zu.
    Kurz bevor er starb, gab er den Cheatcode ein, der den Helden unsterblich machte. Jetzt war er unbesiegbar, konnte nicht mehr sterben. Das kleine Gesicht seiner Figur bekam goldene, versiegelte Augen, wie eine antike Statue. Er metzelte mit der Motorsäge ein braunes Monster nieder. Jetzt war es ja völlig egal, welche Waffe er gegen wen verwendete.Diese Ausweglosigkeit machte ihm noch ein wenig mehr Angst.
    Wo sollte er hin? Er konnte sich nicht verstecken. Sie würden ihn finden. Im Schrank verstecken … aus dem Alter war er raus. Nimm mich mit, hatte er zu Victor gesagt, als dieser ausgezogen war. So lange war das noch nicht her. Lächerlich, seine Bitte.
Nimm mich
. Victor hatte gewitzelt:
Sicher, nur zu, spring in meine Brusttasche
.
    Eine große weiße Spinne erschien vor ihm und beschoss ihn aus einem Maschinengewehr. Jürgen feuerte sein Magazin leer und das Tier stürzte blutend und brennend in sich zusammen. Er hasste die Bilder dieses Computerspiels, dennoch spielte er es jeden Tag. Es war längst nicht mehr neu, dafür gab es unzählige Internetseiten, die sich damit in jedem einzelnen Aspekt befassten. Es gab eine Liste der verwendeten Mauer-Grafiken, es gab Listen und Analysen der verschiedenen Feinde und Monster, es gab Schnelllauf-Strategien für jedes Level und sogar eine Seite mit
Doom Poetry:
    now I am alone
a shotgun wails in the dark
suburbs of my heart
    the dark citadel
under the sky’s blood. I stand
knee-deep in my past
    Und so weiter. Die Faszination dieses Spiels glich einer Epidemie. Auch Jürgen hatte sie erfasst.
    Ein sich im Flug drehender magischer Würfel mit Totenköpfen auf jeder seiner Seiten traf ihn, obwohler unverwundbar war, und der Bildschirm ertrank in Rot.
    Irritiert schaltete er den Computer aus. Ein Hustenanfall kündigte sich an. Schnell tastete er in seiner Schublade nach der rettenden Pistole und steckte sie sich in den Mund. Als die erste Welle des Pulvers durch seinen Hals ging, beruhigte er sich.
    Seine Nase, genauer, die Stelle in seiner Nase, wo er heute Vormittag geblutet hatte, begann zu brennen. Das dümmliche Gesicht der Lehrerin.
Wer hat das getan? Erzähl mir alles, alles
.
    – Du magst die schmutzigen Wörter?
    Gerd starrte sie an, erfüllt, empfangen. Er sagte nur etwas wie: Oohh …
    – Du darfst mich ficken. Dafür musst du mich füttern und beschützen. Meine Kleider suche ich selbst aus. So lautet der Vertrag. Und damit du zusätzlich noch meinen Mund –
    – Oh, ja … bitte –
    Gerd zog seinen zitternden Schwanz aus ihr und rutschte auf Knien um sie herum. Es schien ihm egal zu sein, wie lächerlich er dabei aussah.
    – Lass mich zu Ende reden. Damit du auch meinen Mund ordentlich durchficken und mir das Gesicht vollspritzen darfst, bekomme ich mein eigenes Zimmer, mit meinem eigenen Schreibtisch und einem Klavier. Ein Flügel, kein Pianino.
    – Ja … ja, alles –
    Und er begann, ihr Gesicht zu vögeln, benebelt und elektrisiert von der Ehevertrags-Phantasie, die sie gerade vorgetragen hatte. Ihre Wange wölbte sich, da er etwas schräg zustieß – er japste vor Freude und Erregung. Schon nach wenigen Minuten war er soweit: Er ließ es über ihr Kinn tropfen und sah verzaubert dem weißen Rinnsal zu, das zwischen ihren Brüsten verschwand.
    Alles fügte sich zusammen, alles war in Ordnung und Übereinstimmung, dachte er. Kurz dachte er auch an ihr Gespräch von vorhin und schämte sich aus irgendeinem Grund. Wozu hatte er von der Mutter des toten Senegger angefangen? Er wusste doch gar nichts. Das Ganze war nichts als der Schatten eines Gerüchts. Sonst eigentlich eine nette Frau. Seltsam beherrscht, vorsichtig, tastend.
    Später saßen sie zusammen am Fenster. Das spärliche Licht der Stadt begann, sehr langsam, in Dunkelheit überzugehen. Die siebente Stunde am Nachmittag. Zeit der Verliebten, der Musiker und der Schutzsuchenden.
    Hier, genau hier hatte sie sich in Gerd verliebt, vor zwei Monaten, trotz der Gewissensbisse und der Loyalität gegenüber ihrem Mann. Thomas ahnte vielleicht etwas, aber er war nicht der Typ, ihr nachzuspionieren. Es war Nacht gewesen und sie hatten genauso wie jetzt aus dem Fenster geschaut. Die Nacht über der

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