Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
gerade unmittelbar vor den Mündungen ihrer Waffen befindet, lösen sie die Bolzen. Nicht nur Steine, auch schwere, massive Eisenspeere schießen aus dem Leib des Himmelsschiffes in das feuerspeiende Ungeheuer. Der Segler wird kräftig durchgeschüttelt, als die Munition aus den Geschützen herausgeschleudert wird. Überall an Bord brechen Teile der Außenwände und Stützträger auseinander. Der Druck war durch die geringe Schussentfernung zu groß. Der Lärm der Schreie des schwer verwundeten Drachen ist nicht aushalten. Die Leute in den Geschützräumen und im Passagierbereich versuchen verzweifelt sich die Ohren zuzuhalten, doch jeder braucht seine Arme, Hände und Beine, um nicht unkontrolliert durch die Kabine zu stolpern. Der Drache hat keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Er versucht sich irgendwo mit den Krallen an seinen Flügeln festzuklammern, packt einen der seitlichen Segelträger, rutscht weg und reißt mit seinen Krallen das große, rechte Hauptsegel auseinander.
„Wir müssen versuchen irgendwo zu landen!“, ruft der Kapitän panisch in den Steuerungsraum, „Hoheit, könnt Ihr sehen, wie schlimm der Schaden auf der rechten Seite ist?“, fragt er den Prinzen.
Elythias versucht aufzustehen und kämpft sich vorsichtig zum Frontfenster vor.
Er beugt sich vor und schaut hinaus. „Das Seitensegel ist gerissen. Der Drache ist hinuntergestürzt, hat aber große Teile der Außenverkleidung beschädigt. Die Segelträger sind arg in Mitleidenschaft gezogen worden.“
Die Kämpfe am Boden haben sich inzwischen fast vollständig aufgelöst. Mit dem Tod des Drachen hat sich auch der Kampfesmut des Feindes aufgelöst. Die Karden sind nach dem tödlichen Absturz des Drachen geflohen, während zwei der Feuerschlangen sich über eine der Kanalbrücken retten konnte und die anderen beiden, totgehackt von den Hurth, leblos im Kampfgebiet liegen.
„Geht es Euch gut, Rythias?“, ruft Keylin laut nach vorn.
Sie sieht Rythias‘ Hand hochgehen und hört ihn leise zurückrufen: „Ich lebe noch. Und bei Euch?“
„Ich lebe glaube ich auch noch, bin mir aber nicht ganz sicher“, antwortet sie benommen.
Sie bemerkt Jassin Bruchstein, wie dieser aus dem hinteren Bereich des Seglers nach vorne stürmt.
„Jassin?“, ruft sie ihn und vergisst für einen Moment ihre persönliche Abneigung gegen ihn, „Könnt Ihr mir sagen, was passiert ist?“
Er bleibt kurz stehen, schaut sie verängstigt an und antwortet, bevor er weiterläuft und verschwindet. „Ich glaube, wir müssen notlanden!“
Angst und Sorge stehen Keylin genauso zu Gesicht wie all den anderen Fahrgästen, die Jassins Worten vernommen haben. Schockiert setzt sie sich. Wenn sie sich das Chaos an Bord ansieht und die Schäden, die der Zusammenprall mit dem Drachen verursacht haben, zweifelt sie, dass dieses tonnenschwere Ungetüm sicher zur Landung gebracht werden kann. Gefasst schaut sie aus dem Fenster auf den langsam näherkommenden, mit dichten Büschen bewachsenen Grund. Vielleicht sieht sie ihre Eltern doch schneller wieder, als sie vor Beginn ihrer Reise geglaubt hatte.
Elythias ist inzwischen über die Ruhe, die der Kapitän in dieser Situation ausstrahlt, überrascht und findet diese tröstlich und bemerkenswert. Er schafft es tatsächlich, den trudelnden Kahn mit voller Konzentration und mit Glück auf den Boden aufzusetzen. Es gibt einen lauten, erschütternden Krach. Die Erschütterung lässt weitere Teile des Himmelsschiffes zerbrechen. Die Soldaten, die unten bei den Katapulten stehen, bemerken, wie der Holzboden unter ihnen beginnt aufzubrechen. Doch das Gefährt ist gelandet. An der Stelle, an der vor wenigen Minuten noch die kardischen Schergen mit ihrem flammenden Gefolge gegen die Hurth und die Valesii gekämpft haben. Niemand an Bord sehnte sich nach dem Tod, doch alle sind überrascht, mit dem Leben davon gekommen zu sein.
Einige Stunden sind seit der geglückten Notlandung vergangen. Es beginnt zu dämmern. Um das am Boden stehende Gefährt ist noch immer ein reges Treiben. Die meisten Fahrgäste nutzen diese nicht eingeplante Pause, um sich die Füße zu vertreten, auch wenn die Luft inzwischen deutlich kühler geworden ist. Die Soldaten der Valesii haben jedoch einen Sicherheitsring um den Segler gebildet, um zu verhindern, dass sich die Leute zu weit entfernen. Noch immer besteht die Gefahr, dass die Karden nicht geflohen sind, sondern sich lediglich in der näheren Umgebung versteckt haben, um den idealen
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