Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
Zeitpunkt für einen Gegenschlag abzuwarten. Der Kapitän und Elythias stehen auf der rechten Seite des Gefährts und vor ihnen liegt das riesige Segel. Einige Soldaten und Arbeiter der Besatzung haben das Segel weit auf dem Boden ausgebreitet, um einen besseren Überblick über die Schäden zu haben und schnellstmöglich die Reparaturen abzuschließen.
„Wie lange werdet Ihr noch brauchen?“, möchte Elythias vom Kapitän wissen.
„Es ist zum Glück kein sehr komplizierter Riss“, antwortet Kapitän Nordwaller, „Wenn alles gut läuft, können wir in etwa zwei Stunden wieder abheben.“
Elythias schaut beunruhigt auf die beschädigte Außenwand des Segeltransporters. „Und was ist damit?“
„Da können wir von hier aus nicht viel machen“, erwidert der Kapitän, während er näher auf den Segler zugeht und genauer auf die Kratzer und Löcher schaut, die der Drache in sein Gefährt gerissen hat, „Die Schäden sind hauptsächlich oberflächlich und sollten die Stabilität nicht großartig gefährden.“
„Wirklich beruhigend klingt das nicht“, murmelt der Prinz.
„Sollte uns nicht noch ein Drache begegnen, wird uns der Kahn sicher nach Bilanis Ixis bringen“, antwortet der Kapitän mit einem zuversichtlichen Lächeln.
Elythias staunt. „Ich bewundere Euren Optimismus.“
„Ihr macht nicht den Eindruck, dass Ihr Eure Soldaten in schwierigen Situationen keine Hoffnung gebt, Hoheit“, äußert sich der Kapitän überrascht von den Zweifeln des Prinzen.
Elythias schüttelt den Kopf. „Natürlich nicht. Aber wenn es um Situationen wie diese geht, denen auch ich nicht regelmäßig begegne, bin ich genau so unsicher wie jede andere Person an Bord auch.“
Der Kapitän belächelt das Geständnis des Prinzen und antwortet: „Schön zu wissen, dass auch Ihr nur ein Mensch wie wir anderen seid, Hoheit.“
Elythias weiß, dass Menschen außerhalb der königlichen Familie meist gehobene Erwartungen an ihn haben und glauben, der Thronfolger von Valesia wäre mit einem Übermaß an Mut, Kraft und Hoffnung gesegnet. Es gibt nur selten Momente, in denen er Leuten wie den nicht weniger tapferen Kapitän beweisen kann, dass er genauso mit Ängsten und Zweifel gebeutelt ist, wie jeder andere Mensch auch. Und es sind Momente, in denen sich Elythias, trotz der Gefahren, die diese Situation umgeben, ein wenig menschlicher fühlt.
Die Sonne ist untergegangen. Nur die Sterne und die Lagerfeuer der wartenden Fahrgäste und Soldaten sorgen noch für Licht. Unter den wachsamen Augen der valesianischen Soldaten musste jeder der notgelandeten Reisenden darauf achten, die Flammen der wärmenden Feuerstellen nicht zu kräftig brennen zu lassen. Immer wieder gibt es Berichte und Gerüchte aus ganz Vylithien, in denen von Menschenhand geschaffene Feuer in die dämonischen Fänge der Feuerkönige geraten. Getrieben von deren Wut und ihren Hass auf die Menschen verbrannten die Flammen alles und jeden in seiner Nähe.
Keylin sitzt inzwischen mit Rythias an einem kleinen Lagerfeuer auf der anderen Seite der Notlandestelle. Rythias, der sich auf seine Ledertasche gesetzt hat, hält mit beiden Händen einen langen, dünnen Stock, auf dem ein knusprig gebratener, kleiner Hase aufgezogen ist. Er nagt dem auf offenem Feuer gerösteten Nager genüsslich das Fleisch von den Knochen.
„Ich hätte Euch nicht für eine Jägerin gehalten“, äußert er mit vollem Mund seine Begeisterung über Keylins Jagderfolg.
„Für Hasen reicht es“, antwortet sie lächelnd, während sie versucht, sich übersättigt zurückzulehnen.
„Noch etwas Brot?“, fragt Jassin, der gerade mit einem großen, mit Backwaren gefüllten Korb an den beiden vorbeiläuft.
Keylin schüttelt erschöpft den Kopf, während Rythias beherzt zugreift. „Gern.“
„Dass ihr überhaupt noch etwas essen könnt“, äußert sich Keylin verwundert.
„Vorrat“, antwortet Rythias knapp, während er die letzten Reste des Hasen vom Stock zieht und versucht, das letzte Fleisch mit seinen Zähnen direkt von den Knochen zu ziehen.
„Was meint ihr?“, fragt Keylin.
„Bilanis Ixis ist eine Küstenstadt. Was glaubt Ihr werden wir dort zu essen bekommen?“, erwidert er schmatzend.
„Fisch?“, vermutet Keylin schmunzelnd.
„Fisch! Und das nicht zu wenig“, antwortet Rythias und lässt erahnen, dass die sagettarische Küche offenbar nicht zu seinen Leibspeisen gehört.
Die beiden verbringen noch einige Zeit mit Mutmaßungen über die kulinarische Versorgung
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