Söldnerehre (German Edition)
läuft Gefahr, die Kontrolle über seine Armee zu verlieren, falls er sie nicht schnellstens innerhalb der Mauern bekommt. In Erys gibt es Nahrung, Beutegut und Frauen, drei Dinge, die er braucht, um seine Männer bei Laune zu halten.«
»Ihr wisst sehr gut Bescheid über diesen Mann.« Der Graf legte den Kopf schief, während er auf eine Antwort wartete.
Logan schürzte nachdenklich die Lippen. »Sagen wir mal so, Pollok und ich haben eine gemeinsame Vorgeschichte.«
Bevor der Graf auf diese rätselhafte Antwort eingehen konnte, betrat ein Offizier, ohne anzuklopfen, den Raum und flüsterte etwas in Graf Eskarlions Ohren. Die Miene des Oberhaupts von Erys verdüsterte sich von einer Sekunde zur nächsten. Als er in die Runde blickte, waren seine Augen von tiefen Sorgenfalten überschattet.
»Die Moyri sind da.«
* * *
Kilian stand auf der äußeren Mauer und beobachtete den Aufmarsch von Coyle Polloks Heerscharen. Es war ein überaus beeindruckender Anblick. Oder ein erschreckender. Je nachdem, auf welcher Seite des Schlachtfelds man stand.
Lyra gesellte sich zu ihm und lehnte sich an seine Schulter. Kilian legte den Arm um ihre Hüfte und drückte sie sanft an sich.
»Wie können wir auch nur im Geringsten hoffen, diesen Moloch zu besiegen?«
»Sieh diese Streitmacht nicht als großes Ganzes. Du musst diese Soldaten als Individuen sehen. Da draußen ist keine Armee, sondern ein Sammelsurium hungriger Männer. Falls wir sie lange genug aufhalten, könnte das eintreten, was Logan gesagt hat. Vielleicht verliert Pollok die Kontrolle über sie und sie wenden sich gegeneinander, falls es uns gelingt, sie lange genug außerhalb der Stadt zu halten.«
»Ein großes falls. «
»Du denkst zu pessimistisch.«
»Und das sagst ausgerechnet du?«
»Autsch!«, grinste er. »Das hat gesessen.«
»Den Seitenhieb hast du dir auch verdient«, lächelte sie zurück.
Die Moyri begannen jetzt damit, außerhalb der Reichweite der Bögen und Katapulte von Erys, ihr Lager aufzuschlagen. Mit einem großen Zelt auf einem der Hügel. Das Zelt war von den Mauern von Erys gut zu sehen. Genau so, wie es beabsichtigt war.
Kilian spie angewidert aus. »Pollok hat diesen Hügel zu seinem Feldherrenhügel auserkoren. Von dort aus wird er den Angriff leiten und seine Leute dirigieren. Und er will, dass wir ihn sehen.«
»Ich wünschte, er wäre nur einmal in Reichweite meines Schwertes.«
Kilian schmunzelte amüsiert. »Den Gefallen wird er uns wohl nicht tun.«
»Leider.«
»Na, ihr zwei?«, sprach sie eine heitere Stimme locker an. »Begutachtet ihr unsere zukünftigen Gegner?« Logan trat neben das Paar und stützte sich mit beiden Händen auf die Brüstung. Jesy stand hinter ihm, wie immer ein ruhiger, schweigsamer Schatten.
Die ehemalige Sklavin war nie besonders gesprächig gewesen, doch seit Gias Tod war sie noch ruhiger geworden. Außerdem hielt sie sich fast nur noch in Logans Gegenwart auf. Seine Art schien sie zu beruhigen. Offenbar fühlte sie sich nur in seiner Nähe sicher. Logan griff mit einer Hand nach hinten und streichelte geistesabwesend über ihren Handrücken. Der Kopfgeldjäger schien sich dieser liebevollen Geste gar nicht bewusst zu sein.
Kilian schüttelte innerlich lächelnd den Kopf. Logan deutete plötzlich nach unten auf den Innenhof. Kilian und Lyra folgten der Geste und sahen Jonas und Miriam, die tief unter ihnen spazieren gingen. In diskretem Abstand folgten Feldwebel Marek und ein halbes Dutzend Soldaten. Seit ihrer Ankunft hatte sich der Varis-Feldwebel selbst zu Miriams Leibwächter ernannt. Der Graf von Erys hatte ihm bei dieser Aufgabe einige seiner Männer zur Seite gestellt.
Miriam und der Schwertkämpfer unterhielten sich angeregt. Seit ihrer Ankunft steckten sie immer öfters die Köpfe zusammen. Augenscheinlich waren Lyra und er nicht die Einzigen, die sich gefunden hatten.
Einen Moment fragte sich Kilian, wie das überhaupt hatte passieren können. Eigentlich hatten sie nur einen Auftrag angenommen und nun überrollten die Ereignisse sie und kaum einer von ihnen schien noch allein zu bleiben. Nach langer Zeit waren Geld und Kampf nicht mehr die einzigen Dinge, für die sie lebten.
Es war ein beruhigendes Gefühl.
19
Drei Tage und drei Nächte lang stellte das Dröhnen hektischer Aktivität aus dem Moyri-Lager eine allgegenwärtige Geräuschkulisse dar, die die Bewohner von Erys bei ihrem täglichen Leben begleitete. Hämmer, Äxte und Sägen erklangen
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