Söldnerehre (German Edition)
Eskarlion.«
Kilian nickte. Er und seine Söldner hielten sich bewusst im Hintergrund, als Miriam vortrat und Humphrey Eskarlion auf sein linkes Knie sank.
»Königliche Hoheit«, begrüßte er Miriam, »wir hatten alle Hoffnungen aufgegeben.«
Miriam bedeutete ihm durch eine knappe Geste, wieder aufzustehen. »Ich bin überglücklich, Euch erreicht zu haben. Meine Geschwister in der Sicherheit von Erys zu wissen, nimmt eine große Last von meinem Herzen.«
Der Graf erhob sich in einer überraschend geschmeidigen Bewegung. »Wie habt Ihr es nur geschafft? Die Moyri sind überall. Nur einer von drei Flüchtlingstrecks erreicht uns. Diese Bestien plündern und morden, sobald sich auch nur die geringste Möglichkeit bietet.«
Miriam deutete auf Lyra und die Söldnertruppe, die immer noch abwartend hinter ihr stand. »Ohne meine Freunde und diese tapfere Gruppe Söldner hätte ich es nicht geschafft. Sie haben meinen Geschwistern und mir bei mehr als einer Gelegenheit das Leben gerettet.«
Graf Eskarlion wandte sich lächelnd den Söldnern zu und öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
Sein Blick fixierte sich auf etwas hinter Kilian und ein verwunderter Ausdruck trat anstelle der anfänglichen Freude. Mit lautem Klacken schloss der Graf seinen Mund. Seine Augen weiteten sich, als könne er nicht fassen, was er dort sah.
»Jonas?!«, brachte der Graf schließlich mühsam hervor.
Alle Anwesenden wandten sich dem Angesprochenen zu, der sich plötzlich im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit wiederfand.
»Hallo Vater«, antwortete Jonas peinlich berührt, »lange nicht gesehen.«
* * *
»Vater?«, fragte Silas zum wiederholten Mal, als der Graf und seine Offiziere sie durch die Gänge der Zitadelle zum militärischen Planungsraum von Erys führte.
»Ja«, gab Jonas kleinlaut zu. »Er ist mein Vater. Und?«
Das Wiedersehen zwischen Vater und Sohn war in den ersten Sekunden recht unterkühlt verlaufen, bis Graf Humphrey seine Beherrschung verloren und seinem Sohn um den Hals gefallen war. Als sich die beiden voneinander lösten, standen Tränen in den Augen von Vater und Sohn.
Leider hatten sie nur wenig Zeit, ihrer Freude zu frönen, und sie waren übereingekommen, die Feier zu Ehren ihres Wiedersehens auf später zu verschieben. Kaum hatten sie die Zitadelle betreten, belagerten seine Freunde Jonas auch schon mit allerhand nur allzu verständlichen Fragen.
»Ich weiß nicht, was ihr alle habt. Ihr wusstet doch immer, dass ich von adliger Herkunft bin. Ich habe keinen Hehl daraus gemacht.«
»Nun ja«, begann Kurta. »Ich hielt das ehrlich gesagt immer für Aufschneiderei.«
»Nein, ist es nicht. Mein Vater ist der Graf von Erys. Zufrieden?«
»Und du bist nie auf die Idee gekommen, uns das zu sagen?«, wunderte sich Kilian. »Die ganze Zeit über nicht? Selbst als klar war, dass wir nach Erys aufbrechen würden? Ich finde, diese Information wäre schon angebracht gewesen.«
»Ich hielt es nicht für wichtig. Und … ähm … um ganz aufrichtig zu sein, ich hatte so meine Zweifel, ob wir Erys überhaupt erreichen könnten.«
»Na herzlichen Dank«, schmunzelte Kilian. »Dein Vertrauen in meine Führungsqualitäten wärmt mir das Herz.«
»Jetzt kann ich es ja zugeben«, mischte sich Silas ein. »Aber so unrecht hat er damit gar nicht. Das eine oder andere Mal sah es ganz schön duster für uns aus. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir hier sind.«
Kilian blieb fassungslos stehen. »Hatte noch jemand Zweifel, dass wir es schaffen?«
Zunächst reagierte niemand. Doch dann wanderte langsam Kurtas Hand nach oben, gefolgt von Vekals. Lyra schloss sich kurz darauf an und als Schlusslicht wanderte auch noch Logans Hand nach oben, der sich sichtlich amüsierte.
Kilian wollte eigentlich wütend reagieren, brach jedoch stattdessen in Gelächter aus. »Falls es euch interessiert, mir ging es genauso. Es grenzt schon an ein Wunder, dass wir es geschafft haben.«
Feixend setzten sie ihren Weg fort. Die Frotzelei untereinander war eine angenehme Abwechslung zu den Strapazen und den Gefahren ihrer langen Reise. Kilian rief sich ins Gedächtnis, dass sie lediglich eine Woche unterwegs gewesen waren. Die Zeit kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Und was sie in dieser Zeit nicht alles erlebt und verloren hatten. Darians Bild trat vor Kilians inneres Auge. Der Schmerz und die Trauer über den Verlust seines besten Freundes waren immer noch allgegenwärtig. Jedoch nicht die Wut, die er verspürt hatte.
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