Söldnerehre (German Edition)
ihr Gesicht war weißer als der Schnee ringsum.
»Egal wohin. Nur weit weg von hier. Beeilt euch. Wir haben nicht viel Zeit.«
Ohne auf ihre Antwort zu warten, ging Logan zu der Stelle, an der noch immer Kilian verschnürt wie eine Weihnachtsgans lag. Er betrachtete den gefangenen Söldner einen Augenblick lang unschlüssig. Schließlich zog er entschlossen ein Messer und schnitt mit präzisen Bewegungen dessen Fesseln durch.
Der Söldner starrte einen Moment überrascht auf seine Hände, die nicht länger von dem Lederriemen gehalten wurden. Dann blickte er zu Logan auf. »Wieso?«, fragte er.
»Spielt das eine Rolle?«
»Für mich schon.«
»Sagen wir einfach, meine Geschäftsbeziehungen mit den Moyri fanden ein abruptes Ende.«
»Und du lässt uns gehen? Einfach so?«
»Ja. Einfach so.« Er deutete auf den hinteren Teil der Höhle. »Eure Waffen liegen dort in der Ecke. Bedient euch und dann seht zu, dass ihr wegkommt.«
»Du bist ein seltsamer Mann, Logan«, erklärte Kilian, während er aufstand und Darian befreite. Dieser machte sich wiederum sofort daran, seine Kameraden ihrer Fesseln zu entledigen.
»So? Meinst du? Wäre es dir lieber, ich würde euch die Kehlen durchschneiden?«
Automatisch fuhr Kilians Hand an seinen Hals. Er schluckte schwer, bevor er antwortete. »Nicht unbedingt, aber es gibt viele, die das, ohne zu überlegen, tun würden.«
»Ich bin nicht wie andere und euch am Leben zu lassen, wird Pollok ärgern.« Er grinste verschmitzt. »Und das wiederum ist – wie soll ich sagen? – ein Hobby von mir.«
»Was wirst du jetzt machen?«
»Du kannst Fragen stellen. Abhauen, was sonst? Ich stehe jetzt auf Polloks Abschussliste ganz weit oben. Wenn man es genau nimmt, stand ich dort schon die ganze Zeit. Ich war nur zu blind, es zu erkennen. Vielleicht wollte ich das auch nicht.«
Lyra hörte dem Gespräch gebannt zu, den kleinen Yeren im Arm haltend. Als sie Logans Worte vernahm, gab sie den Jungen an Faris weiter und trat zu ihnen. »Dann komm doch mit uns.«
Logan und Kilian blickten sie gleichermaßen erstaunt an.
»Das ist nicht doch dein Ernst?«, erwiderte Logan. »Ich wollte euch gerade noch an Pollok ausliefern und jetzt bietest du mir an, euch zu begleiten?«
»Polloks Feinde sind unsere Freunde und im Augenblick bist du einer von Polloks verbissensten Feinden.«
Kilian zuckte schmunzelnd die Achseln. »Gegen diese Logik ist schwer anzukommen.«
»Ihr seid beide verrückt«, kommentierte der Kopfgeldjäger. »Verzeiht, aber ich bin kein geselliger Mensch. Allein komme ich besser klar.«
Ein unterdrücktes Hüsteln von Gia aus dem Hintergrund brachte den rauen Kopfgeldjäger allerdings zum Grinsen. »Oder zu dritt.«
»Du bist ein hervorragender Kämpfer, Logan«, meinte Lyra, während Kilian zustimmend nickte. »Wenn wir uns zusammenschließen, würde am Ende mehr Schutz für jeden von uns herausspringen.«
Logan sah unschlüssig von einem zum anderen. »Euch ist aber schon klar, dass wir damit Pollok seine Jagd auf uns nur einfacher machen? Ein Ziel zu jagen ist leichter als zwei.«
»Spring schon über deinen Schatten, Logan. Komm mit uns. Das wird auch für deine zwei Begleiterinnen sicherer sein.«
Kilian lächelte verschmitzt. »Gib lieber nach. Sie wird nicht aufhören, ehe du einwilligst.«
»Und wo wollt ihr hin?«
»Erys.«
Logan lachte laut auf. »Ganz sicher habe ich nicht vor, in eine Stadt zu marschieren, die bald von den Moyri gestürmt wird.«
»Erys wird standhalten«, hielt Lyra dagegen.
»Die Varis haben das bisher nicht geschafft. Warum sollte es in Erys denn anders sein?«
»Ich weiß, dass sie standhalten werden«, beharrte Lyra stur.
»Sieh es ein, Mädchen: Die Varis sind Geschichte.«
»Das kannst du sehen, wie du willst, aber Erys ist auch das Tor nach Westen. Dort kannst du über die Grenze in ein anderes Land gehen, das noch nicht von den Moyri besetzt ist, falls du wirklich überzeugt bist, dass Erys fallen wird.«
Logan überlegte. »Ich muss wirklich genauso verrückt sein wie ihr, überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden.«
»Also kommst du mit?«
Der Kopfgeldjäger seufzte tief. »Ja. Ich komme mit.«
Er schüttelte erneut den Kopf.
»Ich muss wirklich verrückt sein, mit euch zu kommen.«
* * *
Ephraim erwachte mitten in der Nacht. Sein Quartier war in Dunkelheit gehüllt. Schnell entzündete der Schamane eine Kerze neben seinem Bett. Sein Schlafgewand fühlte sich schweißnass an. Er fröstelte.
Etwas
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