Söldnerehre (German Edition)
für Kilian Anlass genug, ebenfalls dort zu sein und an diesem Kampf teilzunehmen. Nicht für die Varis. Nicht für das Königreich. Sondern ganz allein für Darian.
»Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«, verlangte er ein wenig gekränkt zu wissen.
»Ich wollte, dass du Lyra und die Kinder aus dem richtigen Motiv nach Erys bringst und nicht, um deinen Rachegelüsten zu frönen.«
Kilian glaubte, aus den Worten einen leichten Tadel herauszuhören, war sich jedoch nicht hundertprozentig sicher.
»Dir ist aber hoffentlich klar«, fuhr Logan fort, »dass unsere Pläne, nach Erys zu reisen, nur umzusetzen sind, falls wir die Belagerung gewinnen. Und davon sind wir weit entfernt, mein Freund.«
Kilian mochte es nicht besonders, auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden, doch der Kopfgeldjäger hatte recht. Sie mussten die Belagerung beenden – und zwar schnell –, wenn sie hoffen wollten, Erys noch vor Coyle Pollok zu erreichen. Sie mussten die Moyri-Plünderer vor ihren Toren loswerden.
»Komm«, sagte Kilian und stand auf. »Lass uns Cadros Bal suchen.«
»Sagst du mir auch, warum?«
»Ich glaube, ich habe einen ganz guten Plan, wie wir uns der Moyri entledigen können. Aber er ist sehr gefährlich. Und ich bin sicher, dass er unserem guten Hauptmann nicht gefallen dürfte.«
* * *
» Das ist dein Plan? Er gefällt mir absolut nicht.«
»Es ist die einzige Chance, die wir haben. Unsere einzige Hoffnung liegt in der Überraschung.«
»Hast du vielleicht eine Ahnung, wie viele Moyri vor unserem Tor lagern?«
»Vermutlich weniger als noch zu Beginn der Belagerung«, erwiderte Kilian und genoss Cadros Bals Unbehagen mehr, als er zugegeben hätte.
»Sehr witzig.«
Cadros Bal holte tief Luft. »Ich wiederhole noch einmal deinen großartigen Plan. Nur um sicherzugehen, dass ich auch jede Einzelheit richtig verstanden habe.«
»Dass er großartig ist, habe ich nie behauptet«, wehrte sich Kilian halbherzig.
Cadros Bal ignorierte den Einwand und fuhr stattdessen fort: »Du willst also jeden kampffähigen Mann nehmen und die Moyri – ich betone: die Moyri – in ihrem eigenen Lager angreifen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Wir sollen uns an der Mauer abseilen, weil sie das Öffnen des Tores hören würden, und dann schleichen wir uns in ihr Lager. Ach ja, vorher meucheln wir noch ihre Wachposten. Dann zünden wir ihre Zelte an und metzeln die Moyri nieder, wenn sie schlaftrunken aus den Zelten torkeln. Habe ich das in etwa richtig wiedergegeben?«
»Im Großen und Ganzen ja.«
Cadros Bal warf Logan einen ungläubigen Blick zu. »Und du befürwortest das auch noch? Ich hätte dir mehr Verstand zugetraut.«
»Ich muss zugeben, es ist kein schlechter Plan.«
»Nicht schlecht? Er ist furchtbar.«
»Das nun wirklich nicht«, widersprach Logan. »Du musst bedenken, die Moyri hatten schwere Verluste. Nicht nur durch uns, sondern auch durch diese Tierwesen. Sie sind demoralisiert und vermutlich halb verhungert, da es in dieser Gegend kaum Wild zum Jagen gibt. Sie hatten es vermutlich auf unsere Vorräte abgesehen und waren der festen Überzeugung, dass sie diese zum jetzigen Zeitpunkt bereits in ihren Händen hätten. Ich bin mir sicher, dass Karok Bula nie geglaubt hätte, dass sich die Belagerung über mehrere Tage hinziehen würde. Und je länger es dauert, desto unzufriedener werden seine Soldaten und desto schwieriger wird es für ihn, die Kontrolle zu behalten. Das alles zehrt an den Moyri. Und eines noch: Wir selbst werden auch schwächer. Aus diesem Grund sollten wir angreifen, solange wir noch die Kraft dafür haben.«
Cadros Bal sah von einem zum anderen. »Ihr seid ja beide verrückt.« Der Hauptmann überlegte angestrengt und lächelte schließlich. »Und ich muss verrückt sein, euch überhaupt zuzuhören.«
Cadros Bal forderte seinen verbliebenen Feldwebel mit einem Nicken auf, seine Meinung zu dem vorgeschlagenen Unternehmen zu äußern, doch Marek zuckte lediglich mit den Schultern. »Alles ist besser, als innerhalb der Mauern auf den Tod zu warten. Und die beiden haben recht. Jetzt oder nie. Aus der Verteidigung heraus gewinnen wir die Belagerung nicht.«
Cadros Bal warf einen letzten ratlosen Blick in die Runde. »Ihr seid wirklich alle verrückt. Aber vielleicht ist das jetzt genau der richtige Augenblick für Verrücktheiten.«
* * *
Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Nachdem Cadros Bal dem Plan zugestimmt hatte, wurde jeder halbwegs kampffähige
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