Söldnerehre (German Edition)
mitfühlend seine Hand auf Kilians Schulter. Etwas, das er bisher noch nie getan hatte. Kilian fühlte Schuldgefühle in sich aufsteigen. Seine Männer nahmen es ihm nicht krumm, dass er sie so vernachlässigt hatte. Im Gegenteil, sie verstanden und akzeptierten seine derzeitige Introvertiertheit. Doch sie ließen ihn auch wissen, dass er noch immer ihr Anführer war und es weiter bleiben würde.
Kilian rief sich in Erinnerung, dass seine Kameraden ebenfalls einen Freund und Waffenbruder verloren hatten. Auch sie trauerten, und zwar nicht weniger als er selbst.
Bei diesem Gedanken brandeten Wallungen der Scham in ihm auf und er senkte betreten den Blick. Darians Verlust klaffte wie eine blutende Wunde in seinem Herzen, doch er hatte hier Freunde und Kameraden um sich versammelt, die nur zu gern bereit waren, ihm in dieser schweren Stunde beizustehen – und er hatte sich ungewollt von ihnen abgewandt.
Kilian sah erneut in die Runde. »Ihr seht alle furchtbar aus.«
Dieser einfache Satz löste allgemeines Gelächter aus und die Söldner entspannten sich zusehends. Es wurde sogar gefeixt und gescherzt. Kilians Blick fiel auf Logan. Der Kopfgeldjäger saß allein am anderen Ende des Hofes auf einem Steinhaufen und grübelte vor sich hin. Jesy saß neben ihm und streichelte ihm zärtlich über den Handrücken. Er schien es nicht zu bemerken.
Silas folgte Kilians Blick und zuckte niedergeschlagen mit den Achseln.
»So ist er schon seit dem Überfall.«
»Gia«, erwiderte Kilian schlicht.
»Ja«, antwortete der Barde. »Ihr Tod geht ihm sehr nahe. Hat ihn aus der Bahn geworfen.«
»Kann ich gut verstehen.«
»Er hatte die Kleine sehr gern.«
»Nein, es ist nicht nur das. Ich glaube, er hat sie geliebt.«
Silas schnaubte amüsiert. »Kaum zu glauben, dass eine kleine Sklavin, die er befreit hat, das Herz des grobschlächtigen Kerls erweichen konnte.«
Kilian verzog die Lippen zu einem wehmütigen Lächeln. Sein Blick huschte zu Lyra und Faris Lenard hinüber, die etwas entfernt standen und sich leise unterhielten. »Irgendwo haben wir doch alle unsere Schwachstellen.«
Silas’ Augen verengten sich etwas, so als würde er ahnen, dass Kilian nicht allein von Logan und dessen Verlust sprach. Der Barde verkniff sich jedoch einen Kommentar. Und Kilian war äußerst dankbar dafür.
Kilians Blick suchte erneut Logan. Und als würde der Kopfgeldjäger die Aufmerksamkeit des Söldners auf sich spüren, sah er auf. Die Blicke der beiden Männer trafen sich. In diesem Sekundenbruchteil sah er Schmerz und tiefes Leid und er fühlte Mitgefühl für den Mann, der einst ausgeschickt worden war, sie zur Strecke zu bringen.
»Ich rede mit ihm«, bot sich Kilian an.
»Tu das«, nickte Silas. Der Barde schien erfreut darüber. Vielleicht war er der Meinung, dass die beiden alten Haudegen sich gegenseitig in ihrer Trauer beizustehen vermochten. Mehr, als es sonst irgendjemand konnte.
Kilian löste sich von der Gruppe und schlenderte zu Logan hinüber. Die Aktivität auf dem Innenhof des Klosters war inzwischen zum Erliegen gekommen. Die Verwundeten waren ins Innere der Gebäude und Türme gebracht worden, die Brände waren gelöscht. Cadros Bals Feldwebel Marek war auf der Brüstung zugange und dabei, Wachposten einzuteilen. Und wer im Moment nichts Besseres zu tun hatte, legte sich dort, wo er oder sie gerade stand, hin und versuchte, etwas zu schlafen. Es gab durchaus schlechtere Beschäftigungsmöglichkeiten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Lyra und Faris ihr Gespräch beendeten und sich langsam in seine Richtung bewegten. Kilian fluchte unterdrückt und knirschte mit den Zähnen. Seit der Trauerfeier hatte er es sorgsam vermieden, den beiden zu begegnen oder auch nur nahe zu kommen. Lyra schien nun nicht mehr bereit, diesen Zustand beibehalten zu wollen. Und dabei wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass sie ihn einfach in Ruhe ließ. Was ihn betraf, so hatte er weder ihr noch dem alten Kauz in ihrer Begleitung irgendetwas zu sagen.
Logan nickte zur Begrüßung, als sich Kilian neben ihn setzte. Jesy sah kurz auf, widmete sich aber augenblicklich wieder dem Kopfgeldjäger. Trotz der ernsten Situation verkniff sich Kilian nur mit Mühe ein Grinsen. Ihn beschlich der Eindruck, dass das dunkelhaarige Sklavenmädchen für den Kopfgeldjäger etwas übrig hatte, das sich nicht mit purer Dankbarkeit erklären ließ.
»Es tut mir leid wegen Gia«, eröffnete er das Gespräch ohne Umschweife und verfluchte sich
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