Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie
habe Jorunn und ihre Eltern eingeladen.«
Sofie zuckte mit den Schultern.
»Von mir aus.«
Die Gäste kamen um kurz vor halb acht. Die Stimmung war ein bisschen steif, weil Sofies Mutter nicht oft mit Jorunns Eltern zusammenkam.
Bald gingen Sofie und Jorunn auf Sofies Zimmer, um die Einladungen zum Gartenfest zu schreiben. Da sie auch Alberto Knox einladen wollte, kam Sofie auf die Idee, zu einem »philosophischen Gartenfest« zu bitten. Jorunn protestierte nicht, schließlich war es Sofies Fest und im Moment waren solche »Themenfeste« ohnehin sehr beliebt.
Bis sie die Einladungen komponiert hatten, waren über zwei Stunden vergangen und die beiden Mädchen hätten platzen können vor Lachen.
Liebe .....
Wir laden dich für Samstag, den 23. Juni (Johannisnacht) um 19 Uhr zu einem philosophischen Gartenfest im Kløverveien 3 ein. Im Laufe des Abends werden wir hoffentlich das Mysterium des Lebens lösen. Bring eine warme Jacke und kluge Ideen mit, die zu einer baldigen Lösung der Rätsel der Philosophie beitragen können. Wegen der großen Waldbrandgefahr können wir leider kein Feuer machen, aber die Flammen der Phantasie dürfen frei lodern. Unter den Eingeladenen befindet sich mindestens ein echter Philosoph. Deshalb handelt es sich bei dem Fest um eine geschlossene Gesellschaft. (Keine Presse!)
Liebe Grüße, Jorunn Ingebrigtsen (Festkomitee)
und Sofie Amundsen
Dann gingen sie zu den Erwachsenen hinunter, die sich inzwischen schon etwas lockerer unterhielten. Sofie reichte ihrer Mutter die Einladung, die sie schön mit Füller geschrieben hatte.
»Achtzehn Kopien bitte«, sagte sie. Sie hatte ihre Mutter schon öfter gebeten, im Büro Kopien für sie zu machen.
Die Mutter überflog die Einladung und reichte sie dann an Herrn Stadtkämmerer Ingebrigtsen weiter.
»Da seht ihr es. Sie hat völlig den Verstand verloren.«
»Aber das sieht doch richtig spannend aus«, sagte Jorunns Vater, während er das Blatt an seine Gattin weitergab.
»Ich bin sprachlos!«, sagte die. »Dürfen wir auch kommen, Sofie?«
»Also sagen wir zwanzig Kopien«, sagte Sofie.
»Du hast sie nicht mehr alle«, sagte Jorunn.
Ehe Sofie an diesem Abend ins Bett ging, sah sie lange aus dem Fenster. Ihr fiel ein, wie sie einmal in der Dunkelheit Albertos Schatten gesehen hatte. Es war über einen Monat her. Auch jetzt war es spätnachts, aber es war eine helle Sommernacht.
Alberto ließ erst am Dienstagmorgen wieder von sich hören. Dann rief er an, als Sofies Mutter gerade zur Arbeit gegangen war.
»Sofie Amundsen.«
»Und Alberto Knox.«
»Hab ich mir’s doch gedacht.«
»Tut mir Leid, dass ich erst jetzt anrufe, aber ich habe hart an unserem Plan gearbeitet. Nur wenn sich der Major ganz und gar auf dich konzentriert, habe ich meine Ruhe und kann ungestört arbeiten.«
»Komisch.«
»Dann kann ich mich verstecken, verstehst du. Selbst dem besten Geheimdienst der Welt sind Grenzen gesetzt, wenn er nur einen einzigen Agenten hat ... Ich habe eine Karte von dir bekommen.«
»Eine Einladung, meinst du.«
»Traust du dich wirklich?«
»Warum nicht?«
»Man weiß doch nie, was bei so einem Fest alles passieren kann.«
»Kommst du?«
»Natürlich komme ich. Aber da ist noch etwas anderes. Hast du dir überlegt, dass am selben Tag Hildes Vater aus dem Libanon zurückkommt?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Es kann unmöglich ein Zufall sein, dass er dich genau an dem Tag, an dem er nach Bjerkely zurückkommt, ein philosophisches Gartenfest veranstalten lässt.«
»Wie gesagt, daran habe ich nicht gedacht.«
»Aber das hat er. Naja, darüber reden wir noch. Kannst du heute Vormittag in die Majorshütte kommen?«
»Eigentlich sollte ich in ein paar Blumenbeeten das Unkraut wegmachen.«
»Also um zwei. Schaffst du das?«
»Ich komme.«
Auch diesmal saß Alberto Knox auf der Türschwelle, als Sofie kam.
»Setz dich hierher«, sagte er und heute kam er sofort zur Sache. »Bisher haben wir über die Renaissance, das Barock und die Aufklärung gesprochen. Heute werden wir uns über die Romantik unterhalten, die wir als Europas letzte große Kulturepoche bezeichnen können. Wir nähern uns dem Ende einer langen Geschichte, mein Kind.«
»Hat die Romantik so lange gedauert?«
»Sie hat Ende des 18. Jahrhunderts angefangen und bis Mitte des letzten Jahrhunderts gedauert. Aber nach 1850 macht es keinen Sinn mehr, von ganzen Epochen zu sprechen, die Dichtung und Philosophie, Kunst, Wissenschaft und Musik gleichermaßen
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