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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verschwundenen Zeit zurücksehnen – zum Beispiel nach dem Mittelalter, das in der Aufklärung noch als finsteres Zeitalter gegolten hatte und nun energisch aufgewertet wurde. Oder sie sehnten sich nach fernen Kulturen, zum Beispiel nach dem ›Morgenland‹ mit seiner Mystik. Und sie fühlten sich von der Nacht angezogen, vom ›Zwielicht‹, von alten Ruinen und vom Übernatürlichen. Sie beschäftigten sich mit dem, was wir gerne als die Nachtseiten des Lebens bezeichnen, das heißt, dem Dunklen, Unheimlichen und Mystischen.«
    »Ich finde, das hört sich an wie eine spannende Zeit. Aber wer waren nun diese Romantiker?«
    »Die Romantik war vor allem ein städtisches Phänomen. Gerade in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erlebte die Stadtkultur in vielen Gegenden Europas eine Blütezeit, nicht zuletzt in Deutschland. Die typischen ›Romantiker‹ waren junge Männer, oft Studenten – obwohl sie beim Studium nicht immer besonders eifrig waren. Sie hatten eine ausgeprägte antibürgerliche Einstellung und nannten Normalsterbliche, die Polizei zum Beispiel oder ihre Zimmervermieterinnen, ›Spießbürger‹ oder einfach ›Feinde‹.«
    »Dann würde ich einem Romantiker kein Zimmer vermieten.«
    »Die erste Generation von Romantikern um das Jahr 1800 herum war eben noch sehr jung. So gesehen, können wir die romantische Bewegung gut als erste Jugendrevolte Europas bezeichnen. Es gibt sogar deutliche Parallelen zur Hippiekultur hundertfünfzig Jahre später.«
    »Blumen und lange Haare, Gitarrengeklimper und Nichtstun?«
    »Ja, es hieß, Müßiggang sei das Ideal des Genies und Trägheit die erste romantische Tugend. Es war die Pflicht des Romantikers, das Leben zu erleben – oder sich daraus wegzuträumen. Um die täglichen Geschäfte sollten sich die Spießbürger kümmern.«
    »Gab es in Norwegen Romantiker?«
    » Wergeland und Welhaven waren welche. Wergeland vertrat auch viele Ideale der Aufklärungszeit, aber sein Leben war das eines typischen Romantikers. Er schwärmte, er war verliebt, aber – auch das ein typisch romantischer Zug – die Stella, der er seine Liebesgedichte widmete, war ebenso fern und unerreichbar wie Novalis’ ›blaue Blume‹. Novalis selber verlobte sich übrigens mit einem Mädchen, das erst vierzehn Jahre alt war. Sie starb vier Tage nach ihrem fünfzehnten Geburtstag, aber Novalis liebte sie ein Leben lang.«
    »Ist sie wirklich nur vier Tage nach ihrem fünfzehnten Geburtstag gestorben?«
    »Ja ...«
    »Ich bin heute fünfzehn Jahre und vier Tage.«
    »Da hast du Recht ...«
    »Wie hieß sie?«
    »Sie hieß Sophie.«
    »Was sagst du da?«
    »Ja, so hieß...«
    »Du machst mir Angst! Kann das ein Zufall sein?«
    »Keine Ahnung, Sofie. Aber sie hieß Sophie.«
    »Erzähl weiter!«
    »Novalis selber wurde nur 29 Jahre alt. Er war einer der ›jungen Toten‹. Denn viele Romantiker starben jung, oft an Tuberkulose. Einige begingen auch Selbstmord ...«
    »Meine Güte!«
    »Und die, die alt wurden, blieben oft keine Romantiker. So mit dreißig ungefähr ließen sie’s gut sein. Einige wurden später sogar ausgesprochen bürgerlich und konservativ.«
    »Sie sind also ins Lager des Feindes übergelaufen.«
    »Ja, vielleicht. Aber wo wir die romantische Verliebtheit erwähnt haben: Das große Buch über die unerreichbare Liebe ist Goethes Briefroman ›Die Leiden des jungen Werther‹, der schon 1774 erschien. Er endet damit, dass der junge Werther sich erschießt, weil er die, die er liebt, nicht bekommen kann ...«
    »Ist er da nicht ein bisschen zu weit gegangen?«
    »Die Zeitgenossen konnten das offenbar gut nachempfinden. Jedenfalls stieg überall, wo der Roman erschien, die Selbstmordrate rapide an. In Dänemark und Norwegen war das Buch darum eine Zeit lang sogar verboten. Es war nicht ganz ungefährlich, Romantiker zu sein. Starke Gefühle waren dabei im Spiel.«
    »Wenn du ›Romantiker‹ sagst, dann denke ich an große Landschaftsgemälde. Ich sehe geheimnisvolle Wälder und wilde Natur vor mir ... oft in Nebel eingehüllt.«
    »Zu den wichtigsten Zügen der Romantik gehörten tatsächlich die Sehnsucht nach der Natur und eine regelrechte Naturmystik. Sie war eine städtische Erscheinung, wie gesagt – so etwas entsteht natürlich nicht auf dem Lande. Du weißt vielleicht noch, dass von Rousseau das Schlagwort ›Zurück zur Natur!‹ stammt. Erst jetzt, in der Romantik, bekam dieses Motto wirklich Wind in die Segel. Die Romantik war nicht zuletzt eine Reaktion

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