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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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wie damals, als sie sie vor vielen Jahren bekommen hatte. Und vor allem: Mit Legosteinen konnte sie alles Mögliche bauen. Und dann konnte sie die Steine wieder auseinander nehmen und etwas ganz anderes bauen.
    Was konnte man sonst noch verlangen? Sofie stellte fest, dass Legosteine wirklich mit einigem Recht als das genialste Spielzeug der Welt bezeichnet werden konnten.
    Aber was das mit Philosophie zu tun hatte, begriff sie noch immer nicht.
    Bald hatte Sofie ein großes Puppenhaus gebaut. Sie mochte sich kaum selber eingestehen, dass ihr lange nichts mehr solchen Spaß gemacht hatte. Warum hörten die Menschen auf zu spielen?
    Als ihre Mutter nach Hause kam und Sofies Puppenhaus sah, platzte es aus ihr heraus:
    »Wie schön, dass du noch immer spielen kannst wie ein Kind.«
    »Pah! Ich arbeite an komplizierten philosophischen Untersuchungen.«
    Die Mutter seufzte tief. Sie dachte wohl an das große Kaninchen und den Zylinderhut.
    Als Sofie am nächsten Tag aus der Schule kam, war wieder ein großer gelber Briefumschlag mit mehreren neuen Bögen gekommen. Sie ging damit auf ihr Zimmer. Sie wollte sofortalles lesen, aber heute wollte sie außerdem den Briefkasten im Auge behalten.
Die Atomtheorie
    Hier bin ich wieder, Sofie. Heute erzähle ich dir über den letzten großen Naturphilosophen. Er hieß Demokrit (ca. 460–370 v.Chr.) und kam aus der Hafenstadt Abdera in der nördlichen Ägäis. Wenn du die Frage nach den Legosteinen beantworten konntest, dann wird es dir nicht so schwer fallen, das Projekt dieses Philosophen zu verstehen.
    Demokrit stimmte seinen Vorgängern darin zu, dass die beobachtbaren Veränderungen in der Natur nicht bedeuteten, dass sich wirklich etwas »veränderte«. Er nahm deshalb an, dass alles aus kleinen, unsichtbaren Bausteinen zusammengesetzt sein müsse, von denen jeder einzelne ewig und unveränderlich ist. Demokrit nannte diese kleinsten Teilchen Atome .
    Das Wort »Atom« bedeutet »das Unteilbare«. Für Demokrit war die Feststellung wichtig, dass das, aus dem alles gebaut ist, sich nicht in immer kleinere Teile zerteilen lässt. Ja, wenn die Atome immer wieder abgeschliffen und in immer kleinere Teile getrennt werden könnten, dann würde die Natur nach und nach flüssig wie eine immer dünner werdende Suppe.
    Die Bausteine der Natur mussten außerdem ewig halten – denn nichts kann aus null und nichts entstehen. Hier stimmte Demokrit Parmenides und den Eleaten zu. Außerdem hielt er alle Atome für fest und massiv. Aber sie konnten nicht gleich sein. Denn wenn die Atome gleich wären, dann hätten wirkeine brauchbare Erklärung dafür, dass sie zu allem, von Mohnblumen und Olivenbäumen bis zu Ziegenfellen und Menschenhaar, zusammengesetzt werden können.
    Es gibt unendlich viele unterschiedliche Atome in der Natur, meinte Demokrit. Manche sind rund und glatt, andere sind unregelmäßig und krumm. Gerade weil sie so ungleichmäßig geformt sind, lassen sie sich zu ganz unterschiedlichen Körpern zusammensetzen. Aber egal, wie viele und wie unterschiedliche Atome es auch geben mag, alle sind sie ewig, unveränderlich und unteilbar.
    Wenn ein Körper – zum Beispiel ein Baum oder ein Tier – stirbt und in Auflösung übergeht, werden seine Atome verstreut und können aufs Neue in neuen Körpern verwendet werden. Denn die Atome bewegen sich zwar im Raum, haben aber verschiedene »Haken« und »Ösen« und werden deshalb immer wieder zu den Dingen zusammengehakt, die wir um uns herum sehen.
    Und jetzt begreifst du sicher, was ich mit den Legosteinensagen wollte? Sie haben ungefähr alle Eigenschaften, die Demokrit den Atomen zugeschrieben hat, und gerade deshalb kann man so gut damit bauen. Zuerst einmal sind sie unteilbar. Sie unterscheiden sich in Form und Größe, sie sind massiv und undurchdringlich. Legosteine haben außerdem Haken und Ösen sozusagen, mit denen sie sich zu allen möglichen Figuren zusammensetzen lassen können. Diese Bindung kann später aufgelöst werden und dann werden wieder neue Gegenstände aus denselben Klötzchen gebaut.
    Gerade dass sie immer wieder verwendet werden können, hat die Legosteine so beliebt gemacht. Ein und derselbe Legostein kann heute in ein Auto eingehen, morgen aber in ein Schloss. Außerdem können wir Legosteine als »ewig« bezeichnen. Kinder, die heute leben, können mit denselben Steinen spielen wie ihre Eltern, als die noch klein waren.
    Wir können auch Dinge aus Ton formen. Aber der Ton kann nicht immer wieder verwendet

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