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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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müssen. Manche haben erklärt, wir näherten uns einer neuen Zeit – einem ›New Age‹. Aber nicht alles, was neu ist, ist deshalb auch gut, und nicht alles Alte sollte verworfen werden. Genau darum haben wir auch diesen Philosophiekurs gemacht. Du kennst jetzt den historischen Hintergrund unseres Denkens und wirst zwischen Müll und Edelsteinen leichter unterscheiden können. Wer das aber kann, der hat es auch leichter, wenn er selber nach einer Orientierung im Leben sucht.«
    »Ich danke dir für so viel Aufmerksamkeit.«
    »Ich glaube, du wirst feststellen, dass vieles, was unter der ›New Age‹-Flagge segelt, der reine Humbug ist. Denn auch das, was wir ›Neoreligiosität‹, ›Neookkultismus‹ oder ›modernen Aberglauben‹ nennen, hat die westliche Welt in den letzten Jahrzehnten geprägt. Eine ganze Industrie ist daraus entstanden. Während das Christentum an Bedeutung verloren hat, sind auf dem Weltanschauungsmarkt neue Angebote wie Pilze aus dem Boden geschossen.«
    »Kannst du mir Beispiele nennen?«
    »Die Liste ist so lang, dass ich mich kaum anzufangen traue. Außerdem ist es nicht so leicht, die eigene Zeit zu beschreiben. Ich schlage vor, wir machen dazu einen Spaziergang durch die Stadt. Ich möchte dir etwas zeigen.«
    Sofie zuckte mit den Schultern.
    »Ich habe nicht allzu viel Zeit. Du hast doch wohl das Gartenfest morgen nicht vergessen?«
    »Aber gewiss nicht. Denn da wird das Wunderbare geschehen. Wir müssen nur erst Hildes Philosophiekurs beenden. Weiter hat der Major nämlich nicht gedacht. Und damit verliert er auch einen Teil seiner Macht.«
    Wieder hob er die Colaflasche, die jetzt leer war, und knallte sie auf den Tisch.
    Sie gingen hinaus auf die Straße. Eilige Menschen rannten geschäftig wie Ameisen in einem Ameisenhaufen hin und her. Sofie fragte sich, was Alberto ihr wohl zeigen wollte.
    Bald kamen sie an einem großen Elektroladen vorbei. Dort wurde alles verkauft, von Fernsehern, Videogeräten und Satellitenantennen bis zu Mobiltelefonen, Computern und Telefaxgeräten.
    Alberto zeigte auf das große Schaufenster und sagte:
    »Da siehst du das 20. Jahrhundert, Sofie. Seit der Renaissance war die Welt gewissermaßen explodiert. Die Europäer begannen, um die ganze Welt zu reisen. Und heute geschieht etwas, was wir als umgekehrte Explosion bezeichnen können.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, dass die ganze Welt zu einem einzigen Kommunikationsnetz zusammengezogen wird. Vor nicht allzu langer Zeit waren die Philosophen noch viele Tage lang mit Pferd und Wagen unterwegs, um sich in der Welt zu orientieren – oder um andere Denker zu treffen. Heute können wir überall auf diesem Planeten sitzen und uns alle menschliche Erfahrung auf einen Computerbildschirm holen.«
    »Das ist ein phantastischer Gedanke, fast schon ein bisschen unheimlich.«
    »Die Frage ist, ob die Geschichte sich einem Ende nähert – oder ob wir im Gegenteil auf der Schwelle zu einer ganz neuen Zeit stehen. Wir sind nicht länger nur Bürger einer Stadt oder eines einzelnen Staates. Wir leben in einer planetarischen Zivilisation.«
    »Das stimmt.«
    »Die technische Entwicklung war – nicht zuletzt was die Kommunikation betrifft – in den letzten dreißig, vierzig Jahren dramatischer als in der gesamten vorherigen Geschichte zusammen. Und noch immer ist, was wir erleben, vielleicht nur der Anfang ...«
    »Wolltest du mir das zeigen?«
    »Nein, was ich dir zeigen wollte, ist dort hinten auf der anderen Seite der Kirche.«
    Als sie gerade gehen wollten, erschien auf einem Fernsehschirm ein Bild von einigen UN-Soldaten.
    »Sieh mal!«, sagte Sofie.
    Ein Soldat war jetzt in Großaufnahme zu sehen. Er hatte fast den gleichen schwarzen Bart wie Alberto. Plötzlich hielt er ein Pappschild hoch. Darauf stand: »Ich komme bald, Hilde!« Er winkte und dann war er verschwunden.
    »Was für ein Heini!«, rief Alberto.
    »War das der Major?«
    »Darauf gebe ich erst gar keine Antwort.«
    Sie gingen durch den Park vor der Kirche und erreichten die neue Hauptstraße. Alberto war leicht gereizt, aber nun zeigte er auf einen großen Buchladen. Er hieß LIBRIS und war der größte in der Stadt.
    »Willst du mir hier etwas zeigen?«
    »Wir gehen hinein.«
    Im Buchladen zeigte Alberto auf die größte Bücherwand. Sie hatte drei Abteilungen: NEW AGE, ALTERNATIVE LEBENSSTILE und MYSTIK.
    In den Regalen standen Bücher mit vielen spannenden Titeln: »Leben nach dem Tode?«, »Die Geheimnisse des Spiritismus«,

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