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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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auch als »Gartenphilosophen« bezeichnet. Über dem Gartentor soll gestanden haben: »Fremder, hier wirst du es gut haben. Hier ist die Lust das höchste Gut.«
    Epikur stellte klar, dass das lustvolle Ergebnis einer Handlung immer mit ihren eventuellen Nebenwirkungen verglichen werden muss. Wenn du je zu viel Schokolade gegessen hast, verstehst du, was ich meine. Wenn nicht, dann gebe ich dir folgende Hausaufgabe auf: Nimm deine Sparbüchse und kauf dir für hundert Kronen Schokolade. (Ich gehe davon aus, dass du gern Schokolade isst.) Bei dieser Aufgabe kommt es darauf an, dass du die ganze Schokolade auf einmal isst. Etwa eine halbe Stunde nach Verzehr dieser vielen köstlichen Schokolade wirst du begreifen, was Epikur mit »Nebenwirkungen« gemeint hat.
    Epikur wollte ebenfalls ein kurzfristiges lustvolles Resultat mit einer größeren, dauerhafteren oder intensiveren Lust auf längere Sicht vergleichen. (Es ist zum Beispiel denkbar, dass du beschließt, ein Jahr lang keine Schokolade zu essen, weil du lieber dein ganzes Taschengeld für ein neues Fahrrad oder eine Auslandsreise sparst.) Im Gegensatz zu Tieren hat der Mensch nämlich die Möglichkeit, sein Leben zu planen. Er hat die Fähigkeit, eine »Lustberechnung« anzustellen. Leckere Schokolade ist natürlich ein Wert, aber das sind auch das Fahrrad und die Reise nach England.
    Epikur betonte aber auch, dass »Lust« nicht unbedingt dasselbe ist wie sinnlicher Genuss – zum Beispiel Schokolade. Auch die Freundschaft und das Erlebnis eines Kunstwerks können lustvoll sein. Eine Voraussetzung für den Genuss des Lebens sind außerdem alte griechische Ideale wie Selbstbeherrschung, Mäßigkeit und Gemütsruhe. Denn die Begierde muss gezügelt werden. Auf diese Weise wird uns die Gemütsruhe auch helfen, Schmerzen zu ertragen.
    Oft waren es Menschen mit religiösen Ängsten, die Epikurs Garten aufsuchten. In diesem Zusammenhang war Demokrits Atomlehre ein nützliches Mittel gegen Religion und Aberglauben. Um ein gutes Leben zu führen, ist es nicht zuletzt wichtig, dass wir die Angst vor dem Tod überwinden. In dieser Frage griff Epikur auf Demokrits Lehre der »Seelenatome« zurück. Du erinnerst dich vielleicht noch daran, dass Demokrit nicht an ein Leben nach dem Tode glaubte, weil sich bei unserem Tod die »Seelenatome« nach allen Seiten zerstreuen.
    »Warum sollte man Angst vor dem Tode haben?«, sagte Epikur. »Denn solange wir sind, ist der Tod nicht da, und sobald er da ist, sind wir nicht mehr.« (So gesehen hat es eigentlich keinen Menschen je gequält, tot zu sein.)
    Epikur selber fasste mit dem, was er das vierfache Heilmittel nannte, seine befreiende Philosophie zusammen:
    Die Götter brauchen wir nicht zu fürchten. Über den Tod brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Das Gute ist leicht zu erlangen. Das Furchtbare ist leicht zu ertragen.
    In Griechenland war es nichts Neues, die Aufgabe des Philosophen mit der des Arztes zu vergleichen. Der Mensch muss sich demzufolge mit einer »philosophischen Reiseapotheke« ausrüsten, die, wie gesagt, vier wichtige Medizinen enthält.
    Im Gegensatz zu den Stoikern interessierten sich die Epikureer nur wenig für Politik und Gesellschaft. »Lebe im Verborgenen!«, lautete Epikurs Rat. Wir können seinen Garten vielleicht mit heutigen Wohngemeinschaften vergleichen. Auch in unserer Zeit suchen viele in der großen Gesellschaft eine Insel oder einen »Nothafen«.
    Nach Epikur entwickelten viele Epikureer sich in Richtung einer einseitigen Genusssucht. Ihr Motto wurde: »Lebe im Augenblick!« Das Wort »Epikureer« wird heute gerne abwertend auf einen »Lebemenschen« angewandt.
Der Neuplatonismus
    Wir haben gesehen, dass Kyniker, Stoiker und Epikureer auf den Lehren des Sokrates aufbauten. Außerdem griffen sie auf die Vorsokratiker Demokrit und Heraklit zurück. Die bemerkenswerteste philosophische Strömung der Spätantike dagegen war vor allem von Platons Ideenlehre inspiriert. Wir nennen sie deshalb Neuplatonismus .
    Der wichtigste Neuplatoniker war Plotin (ca. 205–270), der in Alexandria Philosophie studierte, später jedoch nach Rom umzog. Wir sollten uns merken, dass er aus Alexandria kam, der Stadt, die schon seit vielen Jahrhunderten der große Treffpunkt von griechischer Philosophie und orientalischer Mystik war. Plotin brachte eine Heilslehre mit nach Rom, die zu einer ernsthaften Konkurrentin des sich nun geltend machenden Christentums werden sollte. Aber der Neuplatonismus sollte auch auf

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