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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Sofie selber zu sein. Ich bin die Welt, dachte sie. Das ganze große Universum, das sie oft als unergründlich und beängstigend erlebt hatte – das war ihr eigenes Ich. Auch jetzt war das Universum groß und majestätisch, aber nun war sie selber auch so groß.
    Dieses wunderbare Gefühl verebbte bald, aber Sofie war sich ziemlich sicher, dass sie es nie vergessen würde. Etwas in ihr schien aus ihrer Stirn herausgesprungen zu sein und sich mit allem anderen vermischt zu haben, so wie ein Tropfen Farbstoff einen ganzen Becher Wasser färben kann.
    Als alles vorbei war, hatte sie das Gefühl, mit Kopfschmerzen aus einem wunderbaren Traum zu erwachen. Sofie stellte mit einem Hauch von Enttäuschung fest, dass sie einen Körper hatte, der versuchte, sich im Bett zu erheben. Sie hatte Rückenschmerzen, weil sie so lange auf dem Bauch gelegen und Alberto Knox’ Brief gelesen hatte. Aber sie hatte etwas erlebt, das sie nie vergessen würde.
    Schließlich konnte sie auf die Füße kommen. Nun lochte sie die Blätter und steckte sie zu den anderen Lektionen in den Ordner. Dann ging sie hinaus in den Garten.
    Hier zwitscherten die Vögel, als ob die Welt gerade neu erschaffen sei. Die Birken hinter den alten Kaninchenställen hatten eine so scharfe hellgrüne Farbe, dass es aussah, als sei der Schöpfer noch nicht mit dem Farbe-Anrühren fertig.
    Konnte sie denn wirklich meinen, alles sei ein göttliches Ich? Konnte sie meinen, dass sie eine Seele hatte, die ein »Funken vom Feuer« war? Wenn es so war, dann war sie selber ein göttliches Wesen.

Die Postkarten
    ... ich erlege mir selber eine strenge Zensur auf ...
    Einige Tage vergingen, an denen Sofie keine Post von ihrem Philosophielehrer erhielt. Donnerstag war der 17. Mai, Norwegens Nationalfeiertag. Sie hatte auch am 18. frei.
    Am Mittwoch, auf dem Heimweg von der Schule, sagte Jorunn plötzlich:
    »Wollen wir eine Zeltwanderung machen?«
    Sofies erster Gedanke war, dass sie nicht zu lange von zu Hause wegbleiben konnte.
    Dann riss sie sich zusammen.
    »Von mir aus gerne.«
    Zwei Stunden später traf Jorunn mit einem großen Rucksack bei Sofie ein. Sofie hatte auch ihren Rucksack und das Zelt schon gepackt. Ansonsten nahmen sie Schlafsäcke und warme Kleidung, Gummimatten und Taschenlampen, große Thermoskannen mit Tee und viel leckeren Proviant mit.
    Als Sofies Mutter gegen fünf nach Hause kam, erhielten sie viele Ermahnungen, was sie zu tun und zu lassen hatten. Die Mutter wollte außerdem wissen, wo sie zu zelten gedachten.
    Sie sagten, sie wollten zum Tiurtoppen. Vielleicht würden sie da am nächsten Morgen die Auerhähne hören.
    Sofie hatte auch einen Hintergedanken bei dieser Wahl des Zeltplatzes. Wenn sie sich nicht irrte, dann war es von Tiurtoppen nicht weit zur Majorshütte. Etwas zog sie dorthin zurück, aber sie war sich auch sicher, dass sie sich niemals allein hintrauen würde.
    Sie gingen von dem kleinen Wendehammer vor Sofies Gartentor auf den Waldweg. Jorunn und Sofie redeten über Gott und die Welt, und Sofie fand es schön, mit allem, was mit Philosophie zu tun hatte, eine Pause zu machen.
    Schon gegen acht Uhr hatten sie ihr Zelt auf einem Plateau in der Nähe von Tiurtoppen aufgeschlagen. Sie hatten ihr Nachtlager bereitet und die Schlafsäcke bereitgelegt. Nachdem sie beide ausgiebig gegessen hatten, fragte Sofie:
    »Hast du jemals von der Majorshütte gehört?«
    »Majorshütte?«
    »Irgendwo hier im Wald liegt eine Hütte ... an einem kleinen See. Dort hat einmal ein seltsamer Major gewohnt, und deshalb wird sie Majorshütte genannt.«
    »Und wohnt da jetzt auch jemand?«
    »Wollen wir mal nachsehen?«
    »Aber wo liegt sie?«
    Sofie zeigte auf die Bäume.
    Jorunn wollte nicht so recht, aber am Ende machten sie sich doch auf den Weg. Die Sonne stand tief am Himmel.
    Zuerst gingen sie zwischen den hohen Kiefern, dann mussten sie sich durch Büsche und Gestrüpp hindurchkämpfen. Schließlich erreichten sie einen Pfad. Ob das der Pfad war, über den Sofie am Sonntagmorgen gegangen war?
    Doch – bald konnte sie zwischen den Bäumen auf der rechten Seite des Weges auf etwas Glitzerndes zeigen.
    »Da liegt sie«, sagte sie.
    Bald darauf standen sie an dem kleinen See. Sofie schaute zur Hütte hinüber. Jetzt waren Läden vor die Fenster geklappt. Das rote Häuschen bot den verlassensten Anblick, den man sich denken kann.
    Jorunn blickte sich um.
    »Sollen wir übers Wasser gehen?«, fragte sie.
    »Nein, wir rudern.«
    Sofie zeigte auf das

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