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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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erneuert, als Moses auf dem Berg Sinai die Gesetzestafeln (das Mosaische Gesetz!) erhielt. Das geschah etwa 1200 v. Chr. Damals hatten die Israeliten lange als Sklaven in Ägypten gelebt, aber durch Gottes Hilfe wurde das Volk nach Israel zurückgeführt.
    Gegen das Jahr 1000 v. Chr. – also lange, ehe es etwas gab, das griechische Philosophie hieß – hören wir von drei großen Königen in Israel. Der erste war Saul , ihm folgte David und nach David kam Salomo . Nun war das ganze israelitische Volk unter einem Königreich vereint und vor allem unter König David erlebte es eine politische, militärische und kulturelle Blütezeit.
    Wenn die Könige eingesetzt wurden, dann wurden sie vom Volk gesalbt. Deshalb trugen sie den Titel Messias , was »der Gesalbte« bedeutet. In religiösem Zusammenhang wurden die Könige als Mittler zwischen Gott und dem Volk betrachtet. Deshalb konnten die Könige auch »Gottes Sohn« und das Land »Gottes Reich« genannt werden.
    Aber schon bald wurde Israel geschwächt. Das Reich wurde in ein Nordreich (Israel) und ein Südreich (Judäa) geteilt. Im Jahre 722 wurde das Nordreich von den Assyrern verwüstet und verlor alle politische und religiöse Bedeutung. Im Süden ging es auch nicht viel besser. Das Südreich wurde im Jahre 586 von den Babyloniern erobert. Nun wurde der Tempel in Jerusalem zerstört und ein Großteil des Volkes wurde nach Babylon verschleppt. Diese babylonische Gefangenschaft endete erst im Jahre 539. Nun durfte das Volk nach Jerusalem zurückkehren und den großen Tempel wieder aufbauen. Aber während der Jahrhunderte bis zum Beginn unserer Zeitrechnung standen die Juden weiterhin unter fremder Herrschaft.
    Die Juden stellten sich die Frage, warum Davids Reich zerfallen war und ein Unglück nach dem anderen über das Volk hereinbrach. Gott hatte doch versprochen, seine schirmende Hand über Israel zu halten. Aber das Volk hatte auch gelobt, Gottes Gebote einzuhalten. Schließlich verbreitete sich die Auffassung, Gott habe Israel für seinen Ungehorsam bestraft.
    Von etwa 750 v. Chr. an trat eine Reihe von Propheten auf, die Gottes Strafe über Israel verkündeten, da das Volk die Gebote des Herrn nicht einhalte. Eines Tages werde Gott Israel richten, sagten sie. Solche Prophezeiungen bezeichnen wir als »Untergangsprophezeiungen«.
    Bald tauchten auch Propheten auf, die verkündeten, Gott werde einen Rest des Volkes retten und einen »Friedensfürsten« oder Friedenskönig aus dem Stamm Davids schicken. Dieser Friedensfürst sollte das alte Davidsreich wieder errichten und dem Volk eine glückliche Zukunft sichern.
    »Das Volk, so im Finstern wandelt, siehet ein großes Licht«, sagte der Prophet Jesaia , »und über die da wohnen im finstern Lande scheinet es helle.« Wir bezeichnen solche Prophezeiungen als »Heilsprophezeiungen«.
    Ich präzisiere: Das Volk Israel lebte glücklich unter König David. Als es den Israeliten dann schlechter ging, verkündeten die Propheten das Kommen eines neuen Königs aus dem Geschlecht Davids. Dieser »Messias« oder »Sohn Gottes« sollte das Volk »erlösen«, Israel wieder zur Großmacht machen und ein »Reich Gottes« errichten.
Jesus
    Okay, Sofie. Ich gehe davon aus, dass du folgen kannst. Die Stichwörter sind »Messias«, »Sohn Gottes«, »Erlösung« und »Reich Gottes«. Zu Anfang wurde das alles politisch gedeutet. Auch zur Zeit Jesu stellten sich viele den neuen Messias als politischen, militärischen und religiösen Führer vom selben Kaliber wie König David vor. Der Erlöser wurde also vor allem als nationaler Befreier betrachtet, der die Leiden der Juden unter der römischen Herrschaft beenden sollte.
    Doch es erhoben sich auch andere Stimmen. Schon zweihundert Jahre vor Christi Geburt hatten andere Propheten verkündet, der versprochene Messias werde der Erlöser der ganzen Welt sein. Er werde nicht nur die Israeliten vom fremden Joch befreien, sondern alle Menschen von Sünde und Schuld erlösen – und nicht zuletzt vom Tod. Die Hoffnung auf eine Erlösung in dieser Bedeutung des Wortes war ja auch in der gesamten hellenistischen Welt verbreitet.
    Und nun kommt Jesus. Er ist nicht der Einzige, der als der verheißene Messias auftritt, und wie andere verwendet er die Wörter »Gottes Sohn«, »Gottes Reich«, »Messias« und »Erlösung«. Auf diese Weise knüpft er an den alten Prophezeiungen an. Er reitet in Jerusalem ein und lässt sich von den Massen als Erlöser des Volkes huldigen. Auf diese Weise

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